Kann das Gericht einen Testamentsvollstrecker ernennen, falls der vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt?

Die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers durch den Erblasser dient dazu, die Abwicklung des Erbes durch einen neutralen Dritten zu gewährleisten. Der Erblasser kann die Person des Testamentsvollstreckers namentlich benennen oder das Nachlassgericht mit der Auswahl eines Testamentsvollstreckers beauftragen. Doch was passiert, wenn der vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt? Muss das Nachlassgericht dann automatisch einen Ersatztestamentsvollstrecker bestimmen? Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Februar 2022 (Az.: I-10 W 107/22) bietet hierzu klare Antworten.

Beispiel: Der Fall einer nicht angenommenen Testamentsvollstreckung

In dem vom OLG Hamm vom 10. Februar 2022 zu entscheidenden Fall hinterließ eine Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem sie einen Bekannten zum „Nachlassverwalter“ bestimmt. Nach ihrem Tod jedoch teilt der von der Erblasserin benannte „Nachlassverwalter“ dem Nachlassgericht mit, dass er das Amt nicht annehmen wolle und einer neutralen Person den Vortritt lasse. Das Nachlassgericht setzt daraufhin eine andere Person als Testamentsvollstrecker ein, woraufhin die Erben Beschwerde einlegen.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht gab den Erben recht und entschied, dass das Nachlassgericht nicht ohne weiteres einen anderen Testamentsvollstrecker ernennen kann. Zwar kann die Benennung eines „Nachlassverwalters“ im Testament als Anordnung einer Testamentsvollstreckung ausgelegt werden, doch das Nachlassgericht darf nicht eigenmächtig eine andere Person einsetzen, wenn der vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt. Es obliegt dem Erblasser, für Fälle der Nichtannahme oder vorzeitigen Beendigung des Amtes Vorsorge zu treffen. Eine Ernennung durch das Nachlassgericht ist nur dann zulässig, wenn der Erblasser dies in seinem Testament ausdrücklich gewünscht oder zumindest im Testament angedeutet hat.

Bedeutung für die Praxis

Der Beschluss des Oberlandesgericht Hamm zeigt noch einmal auf, wie wichtig es ist, dass Erblasser klare und ausdrückliche Anordnungen zur Testamentsvollstreckung und zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers im Testament treffen, um spätere Unklarheiten zu vermeiden.

Ein Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers muss entweder ausdrücklich oder durch ergänzende Auslegung der letztwilligen Verfügung feststellbar sein.

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