Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsrecht

1. Darf es für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge geben?

Tarifverträge dürfen für gelegentliche Nachtarbeit höhere Zuschläge vorsehen als für regelmäßige Nachtarbeit. Die Ungleichbehandlung muss aber durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein.

Hintergrund

Die Arbeitnehmerin ist bei einem Unternehmen in der Getränkeindustrie beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag (MTV) der Erfrischungsgetränke-Industrie Anwendung. Der Tarifvertrag regelt, dass der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit 20 % und für unregelmäßige Nachtarbeit 50 % der Stundenvergütung beträgt. Die Mitarbeiterin erhält danach einen Zuschlag von 20 % für die Nachtarbeit, die sie in einem Schichtmodell leistet. Sie klagte, da die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge ihrer Auffassung nach gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung gebe es nicht. Insbesondere seien Mitarbeitende, die regelmäßig nachts arbeiteten, viel höheren Gesundheitsgefährdungen und Störungen ihres sozialen Umfelds ausgesetzt als Beschäftigte, die nur gelegentlich Nachtarbeit leisteten.

Entscheidung

Das BAG entschied, dass eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist. Dieser müsse aus dem Tarifvertrag erkennbar sein. Vorliegend sollte, laut der tarifvertraglichen Regelung im MTV, ein höherer Zuschlag für gelegentliche Nachtarbeit neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgleichen. Dies sei ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung, entschied das BAG.

Tarifvertragsparteien dürften im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie grundsätzlich mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke verfolgen. Dieser weitere Zweck ergab sich für das BAG aus dem Inhalt der Bestimmungen des MTV, wobei eine Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf die Höhe der Differenz der Zuschläge nicht erfolgt sei. Hier verwies das BAG darauf, dass es im Ermessen der Tarifvertragsparteien liege, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1. Einheits-GmbH & Co. KG: Können GmbH und KG gleichzeitig gegründet werden?

Eine GmbH kann nicht von einer Kommanditgesellschaft (KG) als Alleingesellschafterin gegründet werden, wenn auch die KG erst zeitgleich mit der GmbH als Komplementärin gegründet werden soll.

Hintergrund

In dem entschiedenen Fall wurde die A-GmbH gegründet und zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Alleinige Gesellschafterin der A-GmbH sollte ausweislich des notariellen Gründungsprotokolls die A-KG sein, die vermeintlich zeitgleich gegründet worden war. Die A-GmbH sollte wiederum die Komplementärin der A-KG werden. Das zuständige Registergericht lehnte die Eintragung der A-GmbH ab, da sie nicht wirksam gegründet worden sei. Denn die vermeintlich gesellschaftsgründende A-KG sei ihrerseits mangels existenter Komplementärin nicht wirksam gegründet worden. Hiergegen wendeten die designierten Geschäftsführer der A-GmbH ein, dass die Gleichzeitigkeit der eigenen Gründung sowie der sie gründenden A-KG möglich sein müsse.

Entscheidung

Das OLG schloss sich der Auffassung des Registergerichts an. Die A-GmbH habe nicht wirksam von der A-KG gegründet werden können. Denn diese sei zu diesem Zeitpunkt mangels wirksam gegründeter Komplementärin (der A-GmbH) selbst noch nicht existent gewesen.

Eine GmbH & Co. KG ist eine KG, bei der der persönlich und unbegrenzt haftende Gesellschafter (Komplementär) keine natürliche Person, sondern eine GmbH ist. Die sog. Einheits-GmbH & Co. KG (Einheitsgesellschaft) weist die weitere Besonderheit auf, dass die KG wiederum die Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH ist. KG und Komplementär-GmbH sind also wechselseitig aneinander beteiligt. Trotz dieser Besonderheiten stellt die Einheitsgesellschaft aber keine eigenständige Rechtsform da, sondern ist der Sache nach eine KG.

Eine gleichzeitige Gründung beider Gesellschaften einer Einheitsgesellschaft scheide aus. Die Begründung einer Einheitsgesellschaft könne nur auf 2 Wegen erfolgen, welche jeweils das vorherige Bestehen einer der beiden Gesellschaften voraussetzen.

Zum einen können die späteren Kommanditisten der Einheitsgesellschaft zunächst eine GmbH gründen. Anschließend gründen die Kommanditisten und die GmbH gemeinsam eine KG mit der GmbH als Komplementärin. Zuletzt übertragen die Kommanditisten sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH auf die KG (sog. Übertragungsmodell).

Alternativ kann zunächst eine KG gegründet werden. Diese gründet sodann eine GmbH und wird alleinige Inhaberin aller Anteile. Im Anschluss wird dann der ursprüngliche Komplementär der KG unter Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG durch die GmbH ersetzt (sog. Beteiligungsmodell).

2. Keine Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters bei Feststellungsbescheiden zum steuerlichen Einlagekonto

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist nicht befugt, den gegen die Kapitalgesellschaft ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos anzufechten.

Hintergrund

Die ausländische X-AG ist Gesellschafterin der A-GmbH mit Sitz im Inland.

Die GmbH gab eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 ab, in der der Bestand des Einlagekontos mit 0 EUR beziffert wurde. Eine im Jahr 2007 in die Kapitalrücklage geleistete Zahlung von rund 800.000 EUR wurde versehentlich nicht berücksichtigt.

Das Finanzamt stellte in 2008 den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 erklärungsgemäß mit 0 EUR fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Erst im Jahr 2018 legte die AG Einspruch gegen den Feststellungsbescheid ein und beantragte, die in 2007 geleistete Einlage zusätzlich zu erfassen. Der Einspruch sei nicht verfristet, da der Feststellungsbescheid ihr gegenüber nicht bekanntgegeben worden sei.

Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig, da ein Drittanfechtungsrecht der AG nicht anzuerkennen sei.

Dem folgte das FG und wies die dagegen gerichtete Klage als unzulässig ab.

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG und wies die Revision als unbegründet zurück. Der AG steht kein Drittanfechtungsrecht zu. Sie ist nicht befugt, den gegenüber der GmbH ergangenen Feststellungsbescheid anzufechten.

Der Feststellungsbescheid des § 27 Abs. 2 KStG richtet sich ausschließlich gegen die dort genannte Kapitalgesellschaft (hier die GmbH). Obgleich dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft keine unmittelbare Bedeutung zukommt, ist sie befugt, gegen den Feststellungsbescheid außergerichtlich und gerichtlich vorzugehen. Der Feststellungsbescheid entfaltet sodann über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner. Danach gehören Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen des Anteilseigners aus Kapitalvermögen, soweit für diese Eigenkapital i. S. v. § 27 KStG als verwendet gilt.

Der Anteilseigner ist zwar (wie der Einbringende im Hinblick auf den Körperschaftsteuer-Bescheid des aufnehmenden Unternehmens) materiell-rechtlich vom Feststellungsbescheid mittelbar betroffen. Gleichwohl kann nur die Körperschaft den Feststellungsbescheid vollumfänglich außergerichtlich und gerichtlich überprüfen lassen. Ein eigenes Anfechtungsrecht des Anteilseigners ist daneben nicht notwendig. Das folgt auch nicht aus der Rechtsschutzgarantie.

Im Streitfall liegt ein Rechtsverhältnis miteinander widerstreitenden Interessenlagen vor. In einem solchen Fall sind Einschränkungen in der Rechtsschutzgewährung zulässig. Mit der von § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG angeordneten gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos und der Bindungswirkung für die nächstfolgende Feststellung wollte der Gesetzgeber Rechtssicherheit für die betroffenen Steuerpflichtigen und den Fiskus herstellen.

Die Regelung dient insbesondere der Ordnung der steuerlichen Verhältnisse einer Vielzahl von Betroffenen. Die Gesellschafter können in die Tausende gehen. Mit der Zuerkennung eines Drittanfechtungsrechts der (aktuellen wie zukünftigen) Anteilseigner würde jederzeit auch für weit zurückreichende Besteuerungszeiträume die jeweils maßgebliche Höhe des Einlagekontos in Zweifel gezogen werden können. Eine Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die Gesellschafter als denkbare Drittbetroffene würde keine Bestandskraft herbeiführen, da bei größeren Kapitalgesellschaften der Gesellschafterbestand unüberschaubar bzw. die Bekanntgabe an künftige Gesellschafter unmöglich ist. Der Zustand „vollständiger Bestandskraftlosigkeit und Unverjährbarkeit“ wäre mit dem Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar.

In der Konstellation des Streitfalls kommt es nicht zu einem (verfassungswidrigen) Rechtswegausschluss. Denn die Kapitalgesellschaft als Inhaltsadressatin des Feststellungsbescheids hat das volle Anfechtungsrecht, das die von Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Kontrolle des Verwaltungshandelns sicherstellt. Wichtig ist dabei, dass Gesellschaft und Gesellschafter gesellschaftsvertraglich miteinander verbunden sind und die Gesellschafter ihre hieraus resultierenden Befugnisse (z. B. Informationsrechte) einsetzen, um die Kapitalgesellschaft zur Einlegung von Einsprüchen bzw. Klagen gegen vermeintlich rechtswidrige Feststellungsbescheide zu veranlassen.

Kapitalanlage & Versicherung

1. Bausparvertrag: Wann fließen Bonuszinsen zu?

Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen nicht bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto zu, wenn ein Anspruch auf die Bonuszinsen nur nach einem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht, die Bonuszinsen erst bei Auszahlung des Bausparguthabens fällig werden und über sie nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann.

Hintergrund

X schloss im Jahr 1995 einen Bausparvertrag „System A“ bei der A Bausparkasse AG. Im Bausparantrag beantragte er die Ausgestaltung des Vertrags als „Renditesystem“. Als Bausparsumme gab er 100.000 DM an.

Nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) erhält der Bausparer bei Verzicht auf das Bauspardarlehen einen Bonus. Dieser besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Guthabenzinses um 2,5 % auf insgesamt 4,75 % jährlich. Der Bonus ist bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und wird dem Bausparkonto zu diesem Zeitpunkt gutgeschrieben. Der Bausparer kann über den Bonus nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügen.

Am 31.7.2013 wurde dem X von der Bausparkasse ein Betrag von 84.491 EUR ausgezahlt. Dabei handelte es sich u. a. um das Bausparguthaben von 58.203 EUR, Zinsen für Sparguthaben von 763 EUR und einen „Schlussbonus“ von 24.714 EUR. Darüber hinaus wurden X weitere Guthabenzinsen i. H. v. 247 EUR gutgeschrieben.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung erhielt das Finanzamt im August 2017 Kenntnis davon, dass X im Streitjahr Kapitalerträge i. H. v. 25.725 EUR erhalten hatte, für die kein Abzug von Kapitalertragsteuern durchgeführt worden war.

Das Finanzamt erließ darauf einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid, mit dem es die Bonuszinsen von 24.714 EUR berücksichtigte.

Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. X habe über den Bonus nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügen können. Die Bonuszinsen seien dem X somit erst zusammen mit der Auszahlung des Bonusguthabens im Jahr 2013 zugeflossen. Einen früheren Zufluss der Bonuszinsen durch den jährlichen „Vermerk auf dem Bonuskonto“ lehnte das FG ab, da es bereits an einem Anspruch auf die bonuszinsen vor 2013 gefehlt habe. Ein Anspruch auf die Zinsen habe frühestens bei Zuteilungsreife des Bausparvertrags und dem Verzicht auf das Bauspardarlehen entstehen können.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Die Bonuszinsen wurden zusammen mit dem Bausparguthaben erst am 31.7.2013 dem Bausparkonto gutgeschrieben und an den X ausgezahlt. Entgegen der Auffassung des X führte der jährliche Ausweis der Bonuszinsen auf dem Bonuskonto noch nicht zu einem Zufluss i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Zinsen waren somit erst im Jahr 2013 der Besteuerung zu unterwerfen.

Bei den von der Bausparkasse gutgeschriebenen Bonuszinsen handelt es sich um eine Erhöhung der dem X für die Überlassung des Bausparguthabens gewährten Guthabenzinsen. Die Bonuszinsen stellen deshalb – ebenso wie die Guthabenzinsen – ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall – die Erwartung einer Rendite aus dem Bausparguthaben im Vordergrund steht. Dabei genügt es, wenn die Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nur als Nebenzweck verfolgt wird.

Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kommt nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger keine Ansprüche herleiten. Ein Anspruch muss vielmehr vorausgesetzt werden, wenn es darum geht, ob der Schuldner durch eine bestimmte Buchung auf diesen Anspruch leisten und die Zahlung bewirken wollte. Im Streitfall wurde ein solcher Anspruch nicht dadurch bewirkt, dass die Bonuszinsen bei der Bausparkasse jährlich auf einem Bonuskonto „vermerkt“ wurden. Denn ein Anspruch auf die Bonuszinsen entstand frühestens mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags und erforderte insbesondere einen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. X hat jedoch erst im Streitjahr 2013 auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet.

Ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen lässt sich auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen. Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem X die Bonuszinsen bereits seit Vertragsschluss zustanden. Auch unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Bausparvertrags als Renditevertrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits zu Beginn der Laufzeit des Bausparvertrags ein Verzicht auf das Bauspardarlehen vereinbart worden sei und X über die Bonuszinsen bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf dem Bonuskonto habe verfügen können. X hatte keine Verfügungsbefugnis über die jährlich auf dem Bonuskonto vermerkten Beträge vor einem Verzicht auf die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens und einer Auszahlung des Bausparguthabens.

2. Riester-Rentenfaktor: Einseitige Herabsetzung durch den Versicherer ist rechtswidrig

Die einseitige Kürzung einer fondsgebundenen Riester-Rente durch eine Lebensversicherungsgesellschaft ist unwirksam. Die Abschmelzung der Rente widerspricht den vertraglichen Vereinbarungen.

Hintergrund

Einem Versicherungsnehmer aus Köln, der bei einer Lebensversicherung einen Versicherungsvertrag nach dem Riester-Renten-Modell angespart hatte, teilte die Versicherung im Jahr 2017 unter Hinweis auf den problematischen Kapitalmarkt und die vergangenen Niedrigzinsjahre mit, den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor des im Jahre 2006 geschlossenen Riester-Vertrags i. H. v. 37,34 EUR pro angesparter 10.000 EUR um fast ¼ auf 28 EUR kürzen zu müssen.

Die Versicherung berief sich auf eine in den Versicherungsbedingungen enthaltene Anpassungsklausel, wonach eine solche Anpassung bei besonderen Kapitalmarktbedingungen möglich sei. Die Klausel erlaubt die Kürzung des Rentenfaktors bis einen Tag vor Rentenbeginn, falls es hierfür ein „wirtschaftliches Erfordernis“ gibt.

Dies akzeptierte der Versicherungsnehmer nicht und klagte gegen die Versicherung.

Entscheidung

Das LG bewertete die Anpassungsklausel als unwirksam. Die Klausel unterliege der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hiernach sei eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Verbraucher in unangemessener Weise benachteilige.

Eine solche unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers sah das LG u. a. darin, dass die Klausel zugunsten der Versicherung eine Option zur Anpassung des Rentenfaktors für den Fall einer unvorhergesehen negativen Entwicklung des Kapitalmarkts vorsah, jedoch fehle umgekehrt eine angemessene spiegelbildliche Verpflichtung der Versicherung, im Fall von unvorhergesehenen Kostenminderungen oder positiver Kapitalmarktentwicklungen die daraus gezogenen Vorteile und Überschüsse an den Kunden weiterzugeben. Die Regelung beinhalte damit eine einseitige Belastung des Kunden.

Schließlich ist die Anpassungsklausel nach Auffassung des LG auch für den Versicherungsnehmer intransparent, da sie die Voraussetzungen für eine Absenkung des Rentenfaktors nicht nachvollziehbar und detailliert regle. Nach Auffassung des LG führt die Anpassungsklausel im Ergebnis zu einer nicht zu rechtfertigenden Äquivalenzstörung zulasten des Versicherungsnehmers.

Eine Herabsetzung des Rentenfaktors kann der Versicherer auch nicht auf die Vorschrift des § 163 Abs. 1 Satz 1 VVG stützen. Diese Vorschrift sieht eine Neufestsetzung der vereinbarten Prämie vor, wenn

Gem. § 163 Abs. 1 Satz 2 VVG ist die Neufestsetzung allerdings für den Fall ausgeschlossen, dass die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der ursprünglichen Kalkulation schuldhaft unzureichend kalkuliert waren.

Nach Auffassung des LG sind die Voraussetzungen für eine Anpassung nach dieser Vorschrift im konkreten Fall nicht gegeben. Die Vorschrift sehe eine Anpassungsbefugnis für den Fall unzureichend kalkulierter Versicherungsleistungen aber keine Anpassungsbefugnis für den Fall vor, dass der Versicherer geringere Kapitalerträge erwirtschaftet als er bei Vertragsschluss kalkuliert hat.

3. Veräußerung von Kryptowährungen: Gewinne können steuerpflichtig sein

Virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token sind Wirtschaftsgüter, die bei Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft unterliegen.

Hintergrund

X erwarb, tauschte und veräußerte im Streitjahr 2017 verschiedene Kryptowährungen. Es handelte sich um privat getätigte Geschäfte mit Bitcoins, Etherum und Monero. Im Jahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn von 3,4 Mio. EUR.

Dementsprechend erklärte X für 2017 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von insgesamt 3,4 Mio. EUR. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß und setzte Einkommensteuer fest (rund 1.5 Mio. EUR).

Dagegen erhob X Klage und wandte ein, es liege kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Denn bei Kryptowährungen liege eine Kette aus digitalen Signaturen und damit kein Wirtschaftsgut i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Außerdem sei die Besteuerung wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits gleichheitswidrig. Das FG folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG und wies die Revision zurück. Ebenso wie das FG bejaht der BFH sowohl das Vorliegen eines Wirtschaftsguts als auch die Verneinung eines strukturellen Vollzugsdefizits.

Der Begriff des (anderen) „Wirtschaftsguts“ i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG entspricht dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstands. Er ist auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise weit auszulegen. Der Begriff umfasst nicht nur Gegenstände im Sinne des BGB (Sachen und Rechte), sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile, die nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich sind. Daher kann auch eine zivilrechtlich nicht übertragbare (Rechts-)Position steuerrechtlich als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen werden, wenn sie in der Rechtspraxis entgeltlich einem Dritten überlassen und dadurch wirtschaftlich verwertet werden kann.

Hiervon ausgehend stellen die von X erworbenen, getauschten und wieder veräußerten Kryptowährungen (Bitcoin, Etherum, Monero) Wirtschaftsgüter im Sinne dieser weiten Begriffsbestimmung dar. Es handelt sich wirtschaftlich betrachtet um Zahlungsmittel. Sie können für Bezahlvorgänge zwischen den Beteiligten genutzt werden und verfügen über zeitaktuelle Kurse. Der für den jeweiligen Token und die jeweilige Transaktion ermittelte (Kurs-)“Wert“ belegt dessen Realisierbarkeit. Es liegen somit objektiv werthaltige, selbstständig bewertbare Positionen (im Sinne einer Chance bzw. einer Möglichkeit) vor. Dies zeigt sich schon daran, dass die Erwerber tatsächlich ein Entgelt für die Übertragung der von X in handelbare Untereinheiten „verselbständigten“ Token gezahlt haben. Die im Einzelnen komplexen technischen Zusammenhänge sind für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht entscheidend.

Die durch Kauf oder Tausch erworbenen Currency Token waren dem X nach § 39 Abs. 1 AO als Wirtschaftsgüter zuzurechnen. Wegen des weiten Eigentumsbegriffs im Sinne wirtschaftlichen Eigentums kann eine werthaltige Position einer Person zugerechnet werden, wenn sie eine faktische Berechtigung (im Sinne einer „unbeschränkten Herrschaftsmacht“) an der als Wirtschaftsgut zu qualifizierenden Position besitzt. Danach waren die von X erworbenen Currency Token ihm schon deshalb zuzurechnen, weil ihm aufgrund des „Private Key“ in tatsächlicher Hinsicht die unbeschränkte Herrschaftsmacht zustand. Die Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge haben jeweils zu einem Rechtsträgerwechsel und damit zu einem Veräußerungsgewinn bei X geführt.

Eine gesetzliche Besteuerungsgrundlage (hier § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist verfassungswidrig, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens in prinzipieller Weise verfehlt wird. Eine Gleichheitswidrigkeit folgt dabei nicht bereits aus der (vorgeblichen) empirischen Ineffizienz einer Norm, sondern nur aus einem Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.

Verfassungsrechtlich untersagt ist somit der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der Steuernorm und einer nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregel. Es genügt daher nicht schon jeder tatsächlich feststellbare Vollzugsmangel, um eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung selbst angelegt ist oder wenn Verstöße nicht konsequent unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Regelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen.

Es fehlt schon an widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten gesetzlichen Regelungen. Unbeschadet möglicher Vollzugsschwierigkeiten bei der Besteuerung von Veräußerungsgeschäften mit Currency Token, liegt nach Meinung des BFH jedenfalls keine der materiellen Regelung strukturell gegenläufige Erhebungsregelung vor. Auch eine bewusst geschaffene oder gesetzlich vorgegebene Kontrolllücke ist nach Auffassung des BFH nicht feststellbar.

Lohn und Gehalt

1. Dienstwagen: Schätzung des Treibstoffverbrauchs schließt Fahrtenbuchmethode aus

Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen, wie z. B. Treibstoffkosten, schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.

Hintergrund

Die X GmbH überließ 2 Angestellten (A und B) von Dezember 2011 bis April 2016 jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur Nutzung zu privaten Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (bis 2013) bzw. erster Tätigkeitsstätte (seit 2014). Beide Arbeitnehmer führten zum Nachweis des Verhältnisses der privaten Fahrten und im Falle des A auch der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode die Treibstoffkosten nach Durchschnittswerten geschätzt hatte. Denn die Fahrzeuge waren an einer betriebseigenen Tankstelle betankt worden, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte.

Das Finanzamt sah die Schätzung als unzulässig an. Es berücksichtigte den geldwerten Vorteil nach der 1 %- und der 0,03 %-Regelung und nahm die GmbH mit Haftungsbescheid in Anspruch.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es hielt die Fahrtenbuchmethode dem Grunde nach für zulässig, berechnete den geldwerten Vorteil jedoch neu. Die Treibstoffkosten ermittelte es nach dem vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauch im innerstädtischen Verkehr sowie anhand des durchschnittlichen Liter-Einkaufspreises des Kraftstoffes, der (durch Einkaufsrechnungen nachgewiesen) im Streitzeitraum für die betriebseigene Tankstelle angeschafft worden war.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode aus.

Der Wert der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz kann (statt der 1 %- bzw. 0,03 %-Regelung) nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der „gesamten Kfz-Aufwendungen“ angesetzt werden, wenn die durch das Kfz „insgesamt entstehenden Aufwendungen“ durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist somit die Fahrtenbuchmethode nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, das das Verhältnis der privaten Fahrten (und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte) zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt zudem voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kfz-Aufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassen. Erforderlich ist damit zum einen die vollständige Dokumentation der Fahrtstrecken mittels Fahrtenbuch und zum anderen die belegmäßige Erfassung der gesamten Kfz-Aufwendungen.

Ausgehend vom Gesetzeswortlaut ist eine (Teil-)Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge ausgeschlossen. Das gilt – entgegen der Auffassung der GmbH – selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags“ bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Nach diesen Grundsätzen ist eine Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode im Streitfall ausgeschlossen. Die GmbH hat nicht sämtliche, durch das jeweils überlassene Kfz entstandenen Aufwendungen belegmäßig nachgewiesen. Die durch die Nutzung dieser Fahrzeuge entstandenen (tatsächlichen) Treibstoffkosten beruhen vielmehr auf einer Schätzung. Zwar hat die GmbH die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vorgelegt. Die anteiligen Treibstoffkosten je Pkw hat sie aber nur anhand des vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit nicht durch Belege nachgewiesen.

2. Niederländische Arbeitslohn: Sog. 30 %-Regelung kann zur Anwendung kommen

Die „30 %-Spezialistenregelung in den Niederlanden“ löst den Besteuerungsrückfall gem. § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG aus und führt zu einer teilweisen Nichtbesteuerung des Arbeitslohns durch die Niederlande.

Hintergrund

Die „30 %-Spezialistenregelung in den Niederlanden“ sieht vor, dass der niederländische Arbeitslohn von Grenzpendlern zum Ausgleich sog. extraterritorialer Kosten (z. B. Kosten für doppelte Haushaltsführung und Sprachkurse) ohne Nachweis tatsächlich entstandener Kosten zu 30 % steuerfrei ausgezahlt werden kann, falls eine spezielle Sachkunde in bestimmten Branchen vorliegt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass diese 30 % des Arbeitslohns mangels niederländischer Besteuerung in Deutschland zu versteuern wären. Der Arbeitnehmer trug dagegen vor, dass die Freistellung des Arbeitslohns in Deutschland zu 100 % erfolgen müsse.

Entscheidung

Die Klage des Arbeitnehmers ist unbegründet. Nach § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG ist Art. 22 Abs. 1 Bst. a DBA-NL auch anzuwenden, wenn lediglich Einkunftsteile nicht besteuert werden. Hiernach sind Bestimmungen eines DBA, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, auch auf Teile von Einkünften anzuwenden.

Somit hat Deutschland nur die Teile des Arbeitslohns aus der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen, die tatsächlich durch die Niederlande besteuert worden sind. Der nach Anwendung der 30 %-Regelung von der niederländischen Besteuerung freigestellte Teil des Arbeitslohns ist nicht von der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen. Eine Besteuerung durch die Niederlande hat insoweit nicht stattgefunden, da es sich bei der 30 %-Regelung um eine Steuerbefreiung und nicht – wie der Kläger meint – um einen pauschalen Werbungskostenabzug handelt.

3. Überlassung eines betrieblichen Handys zur privaten Nutzung steuerfrei?

Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon von dem Arbeitnehmer zu einem symbolischen Preis erworben hat und es dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.

Hintergrund

Die X-KG kaufte im Jahr 2015 von mehreren Arbeitnehmern deren gebrauchte, privat angeschaffte Handys zu einem symbolischen Kaufpreis (1 EUR und 6 EUR). Zeitgleich schloss die X mit diesen Arbeitnehmern jeweils eine Vereinbarung, nach der die X den Arbeitnehmern ein Handy zur Verfügung stellt und die hierfür entstehenden monatlichen Kosten (Grundgebühr, Verbindungsentgelte, Flatgebühr) bis zu einer festgelegten Höhe übernimmt. Die Arbeitnehmer hatten die Kosten des Mobilfunkvertrags durch Vorlage von Rechnungskopien nachzuweisen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses musste das Handy an die X zurückgegeben werden.

Die X behandelte die ihren Arbeitnehmern erstatteten Kosten der Handy-Verträge als nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfreie Vorteile.

Das Finanzamt sah darin eine unangemessene rechtliche Gestaltung und erließ gegenüber X einen entsprechenden Haftungsbescheid. Dem widersprach das FG und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des FG. Die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen. Die vom Finanzamt erfassten Vorteile aus der privaten Handynutzung sind nach § 3 Nr. 45 Satz 1 EStG steuerfrei.

Die unentgeltliche Zurverfügungstellung betrieblicher Mobiltelefone einschließlich der dazugehörenden Netzteile durch die X an ihre Arbeitnehmer (auch) für private Zwecke und die Übernahme auf private Gespräche (anteilig) entfallender Grundgebühren und Verbindungsentgelte stellen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich steuerbare (geldwerte) Vorteile dar. Diese sind durch das Dienstverhältnis veranlasst. Insbesondere besteht kein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der X als Arbeitgeberin daran, ihren Arbeitnehmern betriebliche Mobiltelefone (auch) zur privaten Nutzung zu überlassen und für die Privatgespräche der Arbeitnehmer aufzukommen.

Es handelt sich um betriebliche Geräte der X i. S. v. § 3 Nr. 45 EStG. X war zivilrechtliche Eigentümerin, da sie die Handys von ihren Arbeitnehmern aufgrund wirksamer Kaufverträge (zu Preisen zwischen 1 EUR und 6 EUR) erworben hat. Die Arbeitnehmer waren nicht wirtschaftliche Eigentümer. Sie konnten weder als Leasingnehmer noch aufgrund einer sonstigen neben dem Arbeitsverhältnis bestehenden Sonderrechtsbeziehung über die Mobiltelefone verfügen. Ihnen war ausweislich der mit der X abgeschlossenen Verträge lediglich der Gebrauch der Geräte während des laufenden Arbeitsvertrags gestattet.

Es liegt auch kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. v. § 42 AO vor. Die Kaufverträge und die Übereignung der Geräte an die X sind vielmehr die wirtschaftlich angemessene, einfache und zweckmäßige Möglichkeit, der X betriebliche Handys zu verschaffen. Dass die X die Handys anschließend wieder ihren Arbeitnehmern überließ, um die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG zu nutzen, führt nicht zur Unangemessenheit der Gestaltung. Vielmehr verwirklicht sich dadurch gerade der vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene steuerliche Vorteil. Im Übrigen ist die Höhe der Anschaffungskosten des Arbeitgebers für den Erwerb der betrieblichen Telekommunikationsgeräte im Rahmen der Steuerbefreiung nicht relevant. Der Tatbestand des § 3 Nr. 45 EStG wird durch den Kauf der Geräte bestimmungsgemäß verwirklicht.

4. Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterliegt als Sachbezug der Frei-grenze

Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann. Die Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterliegt jedoch als Sachbezug der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG.

Hintergrund

Streitig war, ob jährlich bezahlte Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung den Arbeitnehmern im Kalendermonat der Beitragszahlung als Arbeitslohn zugeflossen sind und ob die 44 EUR-Freigrenze hierdurch überschritten wurde.

Im Streitfall war die Aufnahme der Arbeitnehmer der Steuerpflichtigen in den Gruppenversicherungsvertrag durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst. (Haupt-)Versicherte sind die Arbeitnehmer der Steuerpflichtigen. Die Teilnahme an der Gruppenversicherung muss für die einzelne Versicherung zu dem Zeitpunkt beginnen, zu dem die Zugehörigkeit zum versicherbaren Personenkreis beginnt.

Der für die versicherte Person abgeschlossene Tarif endet mit dem Ausscheiden aus dem nach dem Gruppenversicherungsvertrag versicherbaren Personenkreis. Der Versicherungsschutz endet für die versicherte Person zu dem Zeitpunkt, zu dem der Tarif endet. Hieraus wird deutlich, dass der Versicherungsschutz an die Arbeitnehmereigenschaft bei der Steuerpflichtigen gebunden war und für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer gewährt wurde.

Entscheidung

Das FG entschied, dass die Verschaffung von Krankenversicherungsschutz als Sachbezug der Freigrenze i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG unterliegt. Danach bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigen. Bei § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG handelt es sich um eine Freigrenze. Wird diese überschritten, entfällt die Steuerfreiheit insgesamt. Für die Berechnung, ob die monatliche Freigrenze eingehalten ist, ist der Zuflusszeitpunkt des Sachbezugs maßgeblich.

Im Streitfall handelte es sich bei dem von der Steuerpflichtigen zugewandten Versicherungsschutz um laufenden Arbeitslohn, der den Arbeitnehmern regelmäßig und nicht einmalig im Kalenderjahr mit der Zahlung der Beiträge durch die Steuerpflichtige an die Versicherungsgesellschaft zufloss.

Für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es nicht auf das Innehaben von Ansprüchen (gegen den Arbeitgeber), sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an. Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt, also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt.

Nur zugeflossener Arbeitslohn unterliegt der Einkommensteuer und dem Lohnsteuerabzug. Im Streitfall erlangten die Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht mit der monatlichen Gewährung des Versicherungsschutzes. Denn nach den Versicherungsbedingungen mussten die Beiträge für die Versicherung als laufende Monatsbeiträge (Zahlungsperiode) gezahlt werden.

Entsprechend war mit der jährlichen Vorauszahlung der Beiträge den Arbeitnehmern der Sachbezug „Versicherungsschutz“ bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht zugeflossen. Denn sie hatten zum Zeitpunkt der Beitragszahlung durch die Steuerpflichtigen noch keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung für das gesamte Versicherungsjahr, der durch die Steuerpflichtige als Arbeitgeberin bereits im jährlichen Zahlungszeitpunkt der Beiträge zu erfüllen und von ihr in voller Höhe der Beiträge geschuldet war. Hinzu kommen musste das Fortbestehen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses während des Versicherungsjahres.

Im Streitfall entsprachen die jeweiligen Sachbezugswerte des Versicherungsschutzes den von der Steuerpflichtigen entrichteten Versicherungsprämien von monatlich zwischen 8,27 EUR und 36,08 EUR je Arbeitnehmer. Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG i. H. v. 44 EUR wurde daher nicht überschritten, sodass kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vorlag.

Private Immobilienbesitzer

1. AfA auf nachträgliche Anschaffungskosten eines Pkw-Tiefgaragen-stellplatzes bei vorheriger Denkmal-AfA

Nimmt der Steuerpflichtige zusätzlich zur Altbau-AfA die AfA für ein denkmalgeschütztes Gebäudes in Anspruch, erhöhen die nach Ablauf des Begünstigungszeitraums für die Denkmal-AfA angefallenen nachträglichen Anschaffungskosten eines im gleichen Gebäude befindlichen Pkw-Tiefgaragenstellplatzes lediglich die Bemessungsgrundlage für den Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, für den weiterhin die Altbau-AfA zusteht.

Hintergrund

X erwarb 1998 eine denkmalgeschützte Eigentumswohnung mit einem Gebäudewert von 129.000 EUR. Die AfA-Bemessungsgrundlagen für die erhöhte AfA nach § 7i EStG (Denkmal-AfA) sowie für die AfA auf die Altbausubstanz gem. § 7 Abs. 5 EStG (Altbau-AfA) wurden einheitlich und gesondert festgestellt (84.000 EUR bzw. 42.000 EUR).

X wurde die Denkmal-AfA bis zur Ausschöpfung des festgestellten AfA-Volumens (84.000 EUR) gewährt. Der Begünstigungszeitraum endete 2009. Daneben nahm X für den Altbau (42.000 EUR) AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG in Anspruch. Der AfA-Satz betrug im Streitjahr 2015 noch 1,25 %.

Im Jahr 2015 erwarb X einen Tiefgaragenstellplatz für 20.000 EUR. Eigentumswohnung und Stellplatz stehen in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang.

X ermittelte für 2015 die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG auf der Basis der gesamten Anschaffungskosten (Altbau- + Denkmalsubstanz) für die Eigentumswohnung (129.000 EUR) zuzüglich der nachträglichen Anschaffungskosten für den Stellplatz (20.000 EUR), insgesamt 149.000 EUR, und machte einheitlich AfA i. H v. 2,5 % geltend.

Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, die nachträglichen Anschaffungskosten für den Stellplatz seien mit den Anschaffungskosten (nur) für die Altbausubstanz zu addieren (42.000 EUR + 20.000 EUR = 62.000 EUR) und gemeinsam mit diesen aufgrund einer neuen Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 5 EStG mit 1,25 % abzuschreiben. Das auf die Denkmal-AfA entfallende Volumen (84.000 EUR) sei nach Ablauf des 10-jährigen Begünstigungszeitraums bereits im Jahr 2009 vollständig aufgebraucht gewesen. Die Denkmal-Aufwendungen könnten daher nicht nochmals in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Dem folgte das FG und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Auffassung des Finanzamts und des FG. Die nachträglichen Anschaffungskosten für den Stellplatz erhöhen die Bemessungsgrundlage für den – nicht nach § 7i EStG begünstigten – Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes (Altbau), von dem X AfA einheitlich nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG i. H. v. 1,25 % zustehen.

Bemessungsgrundlage der AfA bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Zu den Anschaffungskosten gehören u. a. auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Nachträgliche Anschaffungskosten sind bei der AfA ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Herstellungs- und Anschaffungskosten des Gebäudes nach dem für diese geltenden Prozentsatz abzusetzen.

Bemessungsgrundlage der AfA nach § 7i EStG sind nicht, wie bei der AfA nach § 7 EStG, die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, sondern lediglich die zur Erhaltung und Nutzung als Denkmal erforderlichen Aufwendungen, einschließlich der sog. anschaffungsnahen Herstellungskosten. Aufgrund dieser gesetzlichen Begrenzung des Aufwands auf die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten für bestimmte Baumaßnahmen, deren Erforderlichkeit denkmalschutzrechtlich bescheinigt ist, entsteht bei den erhöhten Absetzungen nach § 7i EStG eine eigenständige, von § 7 EStG unabhängige AfA-Reihe mit eigenständiger AfA-Bezugsgröße (Bemessungsgrundlage), eigenem AfA-Satz und eigenem AfA-Volumen. Nachträgliche Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten, für die die Voraussetzungen des § 7i EStG behördlich nachgewiesen sind, erhöhen die Bemessungsgrundlage der Denkmal-AfA nach § 7i EStG. Daneben steht die AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG zu. Sie wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für einen Teil der Gesamtaufwendungen AfA nach § 7i Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden.

Die auf diese Weise nach einer abweichenden Bezugsgröße begünstigten Aufwendungen i. S. d. § 7i EStG führen zu einem gesonderten, vom Gesamtaufwand getrennten AfA-Volumen, aus dem der Steuerpflichtige im Verteilungszeitraum AfA nach einem erhöhten AfA-Satz geltend machen kann. Dieses gesonderte AfA-Volumen, das sich aus nach § 7i EStG begünstigten Aufwendungen speist (Denkmal-AfA), steht rechtlich „neben“ dem AfA-Volumen, das für die Berücksichtigung von AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG zur Verfügung steht (Altbau-AfA) und aus Aufwendungen besteht, die nicht nach § 7i EStG begünstigt sind, sondern die Neubauqualität des Gebäudes voraussetzen.

2. Vermietung: Wann verstößt ein Altvertrag gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot?

Ein vor Abschluss eines Mietvertrags geschlossener ungünstiger Vertrag des Vermieters mit einem Dienstleister begründet allein keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Dieser kommt erst in Betracht, wenn der Vermieter eine Möglichkeit zur Korrektur nicht ergreift.

Hintergrund

Die Vermieterin von Wohnungen in einer größeren Wohnanlage hat seit 2010 ein Unternehmen mit einem sog. Müllmanagement beauftragt. Dieses umfasst u. a. die Nachsortierung des Abfalls sowie den Betrieb eines Chipsystems, mit dem die Restmüllmenge pro Haushalt erfasst wird. Das für die Anlage zur Verfügung stehende Mülltonnen-Volumen wurde zu keiner Zeit vollständig ausgeschöpft.

Die nach Einrichtung des Müllmanagements abgeschlossenen Mietverträge sehen vor, dass die Kosten für die Abfallentsorgung sowohl nach der Quadratmeterzahl als auch dem individuellen Verbrauch je Wohneinheit unter Berücksichtigung einer wöchentlichen Mindestmenge von 20 Litern Restmüll für jeden Haushalt auf die Mieter umgelegt werden.

Für 2016 errechnete die Vermieterin Entsorgungskosten von 2.450 EUR, davon 740 EUR für Leistungen des Dienstleisters, und legte diese in den Betriebskostenabrechnungen als Kosten der Abfallbeseitigung auf die Mieter um; ebenso enthielten die Abrechnungen für 2017 und 2018 auch Müllmanagement-Kosten.

Die Mieter mehrerer Wohnungen verlangen die Rückzahlung der Kosten für das Müllmanagement. Sie meinen, die Kosten seien nicht umlagefähig. Amts- und Landgericht sahen dies genauso. Die Entscheidung für das Müllmanagement stelle einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot dar. Hierdurch fielen zusätzlich zu den reinen Entsorgungs- und Abfuhrkosten weitere Kosten an. Betriebskosten dürfe der Vermieter aber nur bei ordnungsgemäßem Kostengrund und angemessener Kostenhöhe an den Mieter weitergeben. Es sei auch kein sachlicher Grund für eine Nachsortierung des Restmülls ersichtlich, zumal das vorhandene Behältervolumen nie ausgeschöpft werde und deshalb kein Kostenersparnis erreicht werden könne.

Entscheidung

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist die Sache dorthin zurück.

Vermieter haben gem. § 556 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz BGB gegenüber den Mietern die vertragliche Nebenpflicht, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der von diesen zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen (sog. Wirtschaftlichkeitsgrundsatz). Die Verletzung dieser Pflicht kann zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters führen, der auf Rückzahlung der unnötigen Kosten bzw. auf Freihaltung von diesen gerichtet ist.

Eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots kann hier aber nicht bereits darin liegen, dass die Vermieterin ein Müllmanagement eingeführt und einen Vertrag mit einem externen Dienstleister geschlossen hat.

Wurde ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag – wie hier – schon vor Abschluss des Mietvertrags geschlossen, kann das Eingehen dieser Verbindlichkeit keine Nebenpflichtverletzung sein, weil zu diesem Zeitpunkt noch keine mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht bestand. Vielmehr kommt in diesem Fall eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nur in Betracht, soweit dem Vermieter eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und er diese Möglichkeit nicht ergriffen hat.

Ob die Vermieterin hier nach Abschluss der Mietverträge die Möglichkeit gehabt hätte, den Vertrag mit dem Dienstleister zu kündigen oder abzuändern, ist unklar, weil das Landgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat.

Unabhängig davon ist der Betrieb einer Anlage zur Müllmengenerfassung durch einen externen Dienstleister nicht allein deshalb unwirtschaftlich, weil das vorhandene Behältervolumen nie komplett ausgenutzt wird. Eine verbrauchs- und verursachungsabhängige Abrechnung schafft grundsätzlich mehr Abrechnungsgerechtigkeit und fördert einen kostenbewussten Umgang mit Müll.

Auch die Nachsortierung durch einen Dienstleister ist nicht deshalb unwirtschaftlich, weil das Behältervolumen nicht ausgenutzt wird. Das Nachsortieren dient nicht nur dazu, die Menge an Restmüll zu reduzieren, sondern soll auch Fehlbefüllungen der Abfallbehälter verhindern.

Sonstige Steuern

1. Grunderwerbsteuer und die Anzeigepflichten gegenüber dem Finanzamt

Im Rahmen der Grunderwerbsteuer müssen auch Notare Anzeigepflichten gegenüber dem Finanzamt erfüllen. Dabei stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen Wiedereinsetzung zu gewähren ist, wenn die Anzeigefrist versäumt wurde.

Hintergrund

Die Notarin (Klägerin) beurkundete am 27.10.2020 eine den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllende Erbauseinandersetzung der aus Bruder B und Schwester S bestehenden Erbengemeinschaft. Weder B noch S zeigten dies dem Finanzamt an. Die dem Finanzamt von der Klägerin übersandte Urkunde ging dort am 23.11.2020 ein.

Nachdem B und S vom Finanzamt darauf hingewiesen worden waren, dass der Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer auslöse, machten sie diesen durch notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag vom 18.12.2020 rückgängig. Gleichwohl setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegen B und S fest. Die Anträge auf Nichtfestsetzung lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass weder B bzw. S noch die Klägerin den Erwerbsvorgang rechtzeitig angezeigt hätten.

Die Klägerin beantragte ohne Erfolg Wiedereinsetzung für die verspätete Anzeige des am 27.10.2020 beurkundeten Erwerbsvorgangs. Sie treffe kein Verschulden daran, dass die Anzeige erst nach Ablauf der 2-wöchigen Frist erfolgt sei.

Entscheidung

Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin nicht Beteiligte eines Hauptsacheverfahrens und damit nicht „jemand“ i. S. d. § 110 Abs. 1 AO ist.

Unter dem Rechtsbegriff „jemand“ i. S. d. § 110 Abs. 1 AO sind die Beteiligten eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens zu verstehen. Das sind nach § 78 AO der jeweilige Antragsteller und Antragsgegner eines Verfahrens oder derjenige, an den die Finanzbehörde im Einzelfall den verfahrensabschließenden Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat.

Obwohl die Klägerin nach § 18 Abs. 3 GrEStG verpflichtet war, dem Finanzamt den Erwerbsvorgang vom 27.10.2020 innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Beurkundung anzuzeigen, erfolgte die (verspätete) Anzeigeerstattung nicht im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Grund hierfür ist, dass der Anzeigeerstattung durch die Klägerin keine nach Außen wirkende Tätigkeit des Finanzamts in Form eines Verwaltungsakts zugrunde lag. Vielmehr ergab sich die Pflicht zur Anzeigenerstattung allein aus dem Gesetz. Die Klägerin ist auch nicht Beteiligte am Verwaltungsverfahren „Festsetzung der Grunderwerbsteuer“. Beteiligte dieses Verwaltungsverfahrens sind allein B und S, in deren Sache das Verfahren durchgeführt worden ist.

Dass die Klägerin vom Ausgang des Verwaltungsverfahrens (Festsetzung der Grunderwerbsteuer) gegen B und S wegen eventueller Haftungsansprüche betroffen sein könnte, führt nicht zu einer Beteiligtenstellung der Klägerin in diesem Verfahren, denn die Beteiligten am steuerlichen Verwaltungsverfahren sind in § 78 AO abschließend aufgezählt.

Steuerrecht Arbeitnehmer

1. Feuerwehrmann mit verschiedenen Einsatzorten: Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte?

Die Ableistung von Arbeitsbereitschafts- und Bereitschaftsruhezeiten eines Feuerwehrmanns in einer Einrichtung des Arbeitgebers ist eine Tätigkeit, die im Rahmen der Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte zu berücksichtigen ist.

Hintergrund

X ist bei einer Dienststelle in A als Feuerwehrmann angestellt. Nach seinem Arbeitsvertrag kann er vom Arbeitgeber aufgrund arbeitstäglich neu auszuübender Weisung an 4 verschiedenen Einsatzorten in 3 Gemeinden eingesetzt werden.

Im Streitjahr (2016) war er an 112 Tagen in der Feuerwache B eingesetzt.

X machte die Fahrtkosten zu diesem Einsatzort i. H. v. 1.008 EUR nach Reisekostengrundsätzen geltend.

Das Finanzamt setzte dagegen nur die Entfernungspauschale i. H. v. 504 EUR an. Die Pauschale betrug in 2016 0,30 EUR.

Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, X sei nicht dauerhaft der Feuerwache B zugeordnet gewesen. Denn er habe arbeitstäglich damit rechnen müssen, an einen der 4 Einsatzorte beordert zu werden. Er habe sich deshalb nicht darauf einrichten können, vorrangig an einem bestimmten Ort seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Entscheidung

Die dauerhafte Zuordnung ist vom FG (bzw. Finanzamt) unter Würdigung der Gesamtumstände festzustellen. Im Streitfall widerspricht der BFH dem Urteil des FG, dass allein aufgrund der möglichen verschiedenen Einsatzstellen eine erste Tätigkeitsstätte verneinen sei. Sodann betont der BFH, dass auch die Arbeitsbereitschaft eine Tätigkeit darstellt, die zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte führt. Der BFH verwies den Fall zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.

Die Zuordnung zu einer Einrichtung des Arbeitgebers wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.

Ist der Arbeitnehmer aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es für die Bejahung einer ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers dort nicht an. Erforderlich (und ausreichend) ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Das FG hat (dem Finanzamt folgend) eine (dauerhafte) Zuordnung des X zur Feuerwache B allein mit der Begründung verneint, X sei nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, nach entsprechender Einzelanweisung seinen Dienst an 4 verschiedenen Standorten zu leisten. Der BFH widerspricht dem vom FG gezogenen Umkehrschluss, damit sei X keiner dieser 4 betrieblichen Einrichtungen zugeordnet worden. Denn allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers in unterschiedlichen betrieblichen Einrichtungen tätig werden soll, steht seiner Zuordnung zu einer dieser Einrichtungen durch den Arbeitgeber nicht entgegen.

Das FG wird festzustellen haben, ob X dem Einsatzort B durch den Arbeitgeber (trotz dessen Befugnis zu arbeitstäglich geänderter Weisung) gleichwohl dauerhaft zugeordnet war. Dazu können die Dienstpläne indiziell herangezogen werden. Da X substantiiert vorgetragen hat, dass er ohne konkrete Festlegung von vornherein an sämtlichen Standorten eingesetzt werden sollte, kann die Rechtsprechung, nach der der Arbeitnehmer regelmäßig der Einrichtung zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist, nicht ohne Weiteres herangezogen werden. Das FG wird die eventuelle Zuordnung (und ob sie auch dauerhaft war) insbesondere durch Zeugeneinvernahme festzustellen haben.

Gelangt das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, dass eine dauerhafte Zuordnung vorlag, weist der BFH für die weitere Frage, ob X dort in dem erforderlichen Umfang tätig geworden ist, darauf hin, dass auch die Arbeitsbereitschafts- und Bereitschaftsruhezeiten, soweit diese an der ersten Tätigkeitsstätte abzuleisten sind, Tätigkeiten darstellen, die arbeitsvertraglich geschuldet sind und dem Berufsbild der Betriebs-/Werksfeuerwehr entsprechen. Sollte eine solche dienstrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte nicht festgestellt werden können, wird des Weiteren zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG (typischerweise arbeitstäglich/2 Wochentage/ein Drittel der Arbeitszeit tätig sein) vorgelegen haben.

2. Stipendium aus öffentlicher und privater Quelle: steuerpflichtige Einkünfte?

Leistungen aus einem Stipendium, die keiner vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind, sind als wiederkehrende Bezüge steuerbar, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat.

Hintergrund

Die A promovierte in 2012 bis 2014 an einer Universität im Freistaat Sachsen (S). Zur Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde A während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 EUR unterstützt. Nach den Vergabebedingungen war Voraussetzung, dass sich ein oder mehrere sächsische Unternehmen mindestens in gleicher Höhe an der Finanzierung beteiligen. Dementsprechend schloss die A mit einer in S ansässigen GmbH und der die Promotion betreuenden Universität eine Kooperationsvereinbarung. Darin verpflichtete sich die GmbH, das Stipendiums ebenfalls mit monatlich 800 EUR zu finanzieren. Die A war ihrerseits verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen.

Anschließend erließ die Sächsische Aufbaubank (B) in ihrer Eigenschaft als Landesförderinstitut einen Bescheid über ein Stipendium an A von monatlich 800 EUR. Nach den Bestimmungen des Bescheids hatte A Nachweise über ihre Promotionstätigkeit und Zwischenberichte vorzulegen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Projekts einer 5-jährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht in S.

Das Finanzamt nahm nur den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums von der Besteuerung aus. Die von der GmbH bezogenen Zuwendungen betrachtete das Finanzamt dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 1 EStG.

Das FG folgte dieser Auffassung und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat im Einzelnen zu prüfen, ob in der von A übernommenen Verpflichtung, das Vorhaben in S zu verwerten, eine konkretisierbare wirtschaftliche Gegenleistung oder nur eine abstrakte beschäftigungspolitische Zielsetzung zu sehen ist.

Der Zufluss von Stipendien ist nicht von vornherein vom Tatbestand des § 22 Nr. 1 EStG (sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen) ausgenommen, da die finanzielle Unterstützung des Stipendiaten dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Allerdings erzielt ein Stipendiat dann keine steuerbaren Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 1 bzw. Satz 3 Buchst. b EStG, wenn er hierfür keine wie auch immer geartete wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat. Dabei stellt allein das durch das Stipendium geförderte Vorhaben keine solche Gegenleistung dar, da es nicht zu dem Zweck durchgeführt wird, Einnahmen in Form von Stipendienzahlungen zu erzielen.

Die von der GmbH bezogenen Zahlungen sind nicht bereits deshalb steuerbar, weil der GmbH dafür der Betriebsausgabenabzug zusteht. Das Korrespondenzprinzip verlangt nicht, dass im konkreten Einzelfall festgestellt wird, ob ein Abzug und eine Versteuerung auf Geber- und Empfängerseite sichergestellt sind. Entscheidend ist allein, ob die wiederkehrenden Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt werden und deshalb nicht steuerbar sind. Das ist der Fall, wenn der Empfänger keine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat.

Die Frage, ob die Zahlungen der GmbH unter den Einkünftetatbestand des § 22 Nr. 1 EStG fallen, muss die aus öffentlichen und privaten Mitteln erbrachte Finanzierung einheitlich betrachtet werden. Beide Anteile sind unabdingbar miteinander verwoben. Denn der Bezug des einen Förderungsanteils wäre ohne den anderen nicht möglich gewesen. Die Bewilligung des Stipendiums hing einerseits davon ab, dass sich ein sächsisches Unternehmen beteiligt. Auf der anderen Seite stand die Zahlungspflicht der GmbH unter dem Vorbehalt der Gewährung des „ESF-Stipendiums“ durch S. Die Verknüpfung beider Finanzierungsanteile ergibt sich ferner daraus, dass die Kooperationsvereinbarung Bestandteil des Förderbescheids wurde.

Zwar kann die Pflicht der A, ihre Arbeitskraft der Promotion zu widmen, nicht als Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinn angesehen werden. Allerdings kann im Streitfall die bei Stipendien nicht allgemeinübliche Pflicht der A, die aus dem geförderten Vorhaben gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse innerhalb einer bestimmten Bindungsfrist ausschließlich im Geber-Bundesland S beruflich zu verwerten, nicht ohne Weiteres als bloße Erwartungshaltung eingestuft werden. Insoweit bedarf es einer näheren Würdigung, ob in dieser Verpflichtung eine konkretisierbare wirtschaftliche Gegenleistung der A oder nur eine abstrakte beschäftigungspolitische Zielsetzung von S zu sehen ist.

Im Streitfall kann nicht offenbleiben, ob die streitigen Zahlungen der GmbH steuerbar sind. Wäre dies der Fall, unterlägen sie auch der Besteuerung, da eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG nicht eingriffe. Die Steuerbefreiung greift nicht ein, da das das Stipendium insoweit nicht aus öffentlichen Mitteln im Sinne der Vorschrift gewährt wurde. Die verausgabten Mittel stammten aus dem Unternehmensvermögen der GmbH. Sie unterlagen keiner öffentlich-rechtlichen Haushaltsbindung. Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 44 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG auf die vorliegende Konstellation kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer hierfür erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.

Steuerrecht Privatvermögen

1. Behindertengerechter Gartenumbau: Kein Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbstgenutzten Einfami-lienhauses gehörenden Gartens sind keine außergewöhnlichen Belastungen.

Hintergrund

Die X (Ehefrau) ist behindert und deshalb auf einen Rollstuhl angewiesen. Ihr Schwerbehindertenausweis wies im Streitjahr (2016) einen Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG aus.

X und ihr Ehemann sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Garten. Vor dem Haus befanden sich früher Beete, auf denen X Pflanzen hegte. Um die Beete weiter mit dem Rollstuhl erreichen zu können, ließen die Eheleute im Jahr 2016 den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche von 18 qm ausbauen und Hochbeete anlegen.

Die Kosten von insgesamt 7.000 EUR machten sie beim Finanzamt ohne Erfolg als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das FG wies die Klage im Streitpunkt ab. Bei Aufwendungen zur Ermöglichung einer bestimmten Gartennutzung sei der existenznotwendige Wohnbedarf nicht betroffen. Das FG berücksichtigte jedoch – wie mit der Klage hilfsweise geltend gemacht – die angefallenen Lohnkosten mit (20 % von 6.000 EUR =) 1.200 EUR als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen i. S. v. § 35a Abs. 3 EStG.

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des FG. Es fehlt an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Denn sie beruhten nicht vorrangig auf der Krankheit bzw. Behinderung der X, sondern sind Folge ihres frei gewählten Freizeitverhaltens.

Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die wegen ihrer Außergewöhnlichkeit in Höhe des Existenzminimums nicht bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten sind. Deshalb stellen die §§ 33, 33a und 33b EStG auch nur atypische Aufwendungen steuerfrei.

Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die aufgeführten Gründe der Zwangsläufigkeit (rechtliche, tatsächliche, sittliche Gründe) von außen auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann. Eine tatsächliche Zwangslage – die im Streitfall allein in Betracht kommt – in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige keine tatsächliche Entschließungsfreiheit hat, kann nur durch ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art begründet werden, nicht durch eine vom Willen beeinflusste Situation.

Bei Umbaumaßnahmen hat der BFH die Zwangsläufigkeit anerkannt, wenn die Aufwendungen geleistet wurden, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen oder z. B. Gesundheitsgefahren zu beseitigen. Demgegenüber wurden Aufwendungen für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows und für den behinderungsbedingten Umbau einer Motoryacht nicht als zwangsläufigen Mehraufwand für den existenznotwendigen Wohn- bzw. Grundbedarf anerkannt, da diese Aufwendungen in erster Linie Folge eines freien Konsumverhaltens sind.

Hiervon ausgehend war der Gartenumbau für die Eheleute nicht zwangsläufig. Die Umbaumaßnahme war zwar eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der X. Sie war jedoch nicht gezwungen, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Die Umbaukosten standen vielmehr in ihrem Belieben. Sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern – anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenznotwendigen) Wohnumfelds – in erster Linie Folge eines frei gewählten Freizeit-/Konsum­verhaltens.

2. Kindergeld: Auch eine psychische Erkrankung kann als Behinderung gelten

Ein volljähriges Kind kann auch dann für das Kindergeld infolge einer seelischen Behinderung zu berücksichtigen sein, wenn kein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt wurde, aber starke psychische Auffälligkeiten (u. a. paranoide Schizophrenie) im Zusammenhang mit regelmäßigem Drogenkonsum attestiert und das Kind aufgrund einer psychischen Erkrankung ausbildungs- und arbeitsunfähig war.

Hintergrund

Für den Sohn der Klägerin wurde zunächst Kindergeld gewährt, da dieser sich in Ausbildung befand. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass der Sohn seine Ausbildung aufgrund einer Krankheit im Jahr 2018 abgebrochen hat, hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergelds ab April 2018 auf. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trug die Klägerin im Klageverfahren erstmals vor, dass der Sohn aufgrund seiner psychischen Erkrankung an der Durchführung einer Ausbildung gehindert gewesen sei.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Sohn für den Zeitraum Juli 2019 bis Januar 2020 zu Unrecht aufgehoben hat, weil der Sohn wegen einer Behinderung außerstande gewesen ist, sich selbst zu unterhalten. In Abgrenzung zu den einer Prüfung des Unterhaltsbedarfs unterworfenen Fällen eines Kindergeldanspruchs für ein behindertes Kind kommt eine Berücksichtigung wegen eines fehlenden Ausbildungsplatzes nach der neueren Rechtsprechung des BFH nur in Betracht, wenn es sich um eine vorübergehende Erkrankung handelt.

Für die Frage des Vorliegens einer Behinderung ist auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltene Legaldefinition zurückzugreifen. Ob im Einzelfall eine Behinderung vorliegt, hat das FG aufgrund der Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Nach Auffassung des FG war der Sohn der Klägerin im Streitzeitraum aufgrund einer psychischen Erkrankung ausbildungs- und arbeitsunfähig und auch außerstande sich selbst zu unterhalten.

3. Kindergeld für ein verheiratetes behindertes Kind: Wie sind Pflegegeld und Unterhalt zu berücksichtigen?

Bei den dem Kind zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln sind das für ein behindertes Kind gezahlte Pflegegeld und der Ehegattenunterhalt als Bezug zu berücksichtigen.

Hintergrund

M ist Mutter einer 1987 geborenen Tochter T. T war im Streitzeitraum (November 2018 bis Februar 2019) verheiratet und hatte mit ihrem Ehemann EM einen im Jahr 2017 geborenen Sohn E, den Enkel der M. EM ist zudem Vater eines weiteren Kindes aus einer früheren Beziehung X, für das er Unterhalt zahlt.

M bezog für T, die behindert ist, laufend Kindergeld. Nach Prüfung der finanziellen Situation der Familie der T hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab November 2018 auf.

Die dagegen gerichtete Klage wurde vom FG abgewiesen, da die von der Familienkasse ermittelten Bezüge der T über dem Bedarf der T lagen.

Entscheidung

Die Revision hatte zum Teil (Monate Januar/Februar 2019) Erfolg. Im Übrigen (Monate November/Dezember 2018) wurde die Revision zurückgewiesen. Der BFH klärt die Rechtslage für die Fallkonstellation, in der dem Kind Pflegegeld und ein Unterhaltsanspruch gegen seinen Ehepartner zusteht.

Für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Die Fähigkeit zum Selbstunterhalt ist anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen zu prüfen, nämlich des aus dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf bestehenden gesamten existenziellen Lebensbedarfs des Kindes einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits. Diese Prüfung ist für jeden Monat gesondert vorzunehmen.

Der allgemeine Grundbedarf orientiert sich an dem Grundfreibetrag.

Der Mehrbedarf kann einzeln nachgewiesen oder mit dem Behinderten-Pauschbetrag angesetzt werden. Wird Pflegegeld gezahlt, das den Behinderten-Pauschbetrag übersteigt, wird vermutet, dass mindestens ein Mehrbedarf in Höhe des gezahlten Pflegegeldes besteht. Im Streitfall lag das Pflegegeld monatlich über dem anteiligen monatlichen Pauschbetrag. Es war daher als Mehrbedarf anzusetzen.

Bezüge, die nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Kindes bestimmt sind, sondern immaterielle Beeinträchtigungen abmildern sollen, werden nicht als dem Kind zur Verfügung stehende Mittel berücksichtigt. Pflegegeld kommt eine derartige Sonderfunktion nicht zu. Es ist daher als ein für den Unterhalt geeigneter Bezug anzusetzen.

Unter die Bezüge des Kindes fallen auch Unterhaltsleistungen des Ehegatten. Bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs sind tatsächlich gezahlte Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom Einkommen des Ehegatten abzuziehen. Diese Posten stehen für den Ehegatten tatsächlich nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes und des Ehegatten.

Der von EM an X gezahlte Unterhalt mindert den an T zu leistenden Unterhalt. Denn der Anspruch des Ehegatten auf Ehegattenunterhalt ist gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder nachrangig. Daher stehen die Mittel, die vom Ehegatten EM an ein nicht im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind (X) gezahlt werden, nicht für den Unterhalt des Ehegatten zur Verfügung. Das Existenzminimum von X wird damit kindergeldrechtlich nicht unzulässig sowohl bei X als auch bei T berücksichtigt. Denn der an X gezahlte Unterhalt mindert den an T zu leistenden Unterhalt (um die Hälfte des von EM an X monatlich geschuldeten Unterhalts).

Beide Elternteile sind ihrem mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden unverheirateten minderjährigen Kind gleichermaßen zum Unterhalt verpflichtet. Diese Verpflichtung geht der zum Unterhalt des Ehepartners vor. Für den Streitfall ergibt sich daraus, dass T von EM keinen Unterhalt beanspruchen kann, soweit dieser mit seinen Mitteln E unterhalten muss.

Die Frage des teilweisen oder vollen Abzugs des Kindergeldes für das gemeinsame Kind E vom Barunterhalt konnte im Streitfall für November/Dezember 2018 offenbleiben, weil selbst bei Abzug des vollen Kindergeldes der Bedarf der T gedeckt wird. Die Revision war insoweit unbegründet. Für 2019 war die Revision begründet und führte zur entsprechenden Kindergeld-Festsetzung. Die Minderung des von EM an T gezahlten Unterhalts um die Hälfte des von EM an X gezahlten Unterhalts führte hier zum Unterschreiten des Bedarfs und zur Begründetheit der Revision.

Steuerrecht Unternehmer

1. DSGVO: Besteht ein allumfassendes Recht auf Akteneinsicht?

Es besteht kein Recht auf eine alles umfassende Überlassung von Informationen und Dokumenten des Finanzamts aufgrund der Bestimmungen der DSGVO.

Hintergrund

Der Kläger stellte beim zuständigen Finanzamt einen Antrag auf kostenfreie Überlassung aller Ablichtungen, der beim Finanzamt gespeicherten Informationen für 2 Gesellschaften. Dies geschah im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 2014 bis 2016. Er stützte sich hierbei auf Art. 15 DSGVO.

Das Finanzamt gewährte Akteneinsicht in seinen Räumen. Dies lehnte der Kläger ab, er bestand weiterhin auf eine vollumfängliche Übersendung. Das Finanzamt wies dieses Ansinnen weiterhin mit einer Einspruchsentscheidung zurück, sodass Klage erhoben wurde.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Sie sei zwar als Verpflichtungsklage zulässig. Auch seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Datenauskunft dem Grunde nach gegeben. Allerdings bestünde hier kein Anspruch des Klägers auf eine vollumfängliche kostenfreie Überlassung aller Unterlagen und Informationen.

So sei hier zwar der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. § 32c AO, der diese Regelungen für das steuerliche Verwaltungsverfahren im Wesentlichen umsetze, gewähre aber keinen allumfassenden Anspruch auf Überlassung, sondern der Kläger hätte sein Ansinnen konkretisieren müssen. § 32c AO stehe auch im Einklang mit den Bestimmungen der DSGVO und entspreche Europarecht.

2. Kurzfristige Beherbergung von Erntehelfern in Wohncontainern: Gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz?

Nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden fällt unter den ermäßigten Umsatzsteuersatz, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.

Hintergrund

X betreibt eine Landwirtschaft mit Spargel- und Beerenanbau. Er beschäftigte in den Jahren 2014 bis 2017 saisonal rund 100 Erntehelfer, an die er Räume in Wohncontainern vermietete. Die Container waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln. Sie waren entweder Eigentum des X und befanden sich dauerhaft auf seinem Gelände oder wurden von X angemietet und nur während der Saison bei ihm aufgestellt.

Zwischen X und den Erntehelfern wurden neben den Arbeitsverträgen „Leistungsverträge“ geschlossen, in denen die Miete kalendertäglich vereinbart war. Die Dauer der Mietverhältnisse betrug längstens 3 Monate.

X meldete die Vermietungsumsätze zum ermäßigten Steuersatz an. Das Finanzamt war der Auffassung, die Umsätze unterlägen dem Regelsteuersatz, da die Unterkünfte nicht dauerhaft fest mit dem Grundstück verbunden waren.

Dem widersprach das FG und gab der Klage mit der Begründung statt, die Wohn- und Schlafräume müssten nicht ortsfest im Sinne von Grundstücks- bzw. Gebäudeteilen sein.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ist nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden begünstigt, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.

Die Formulierung in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG entspricht § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, der sich auf den Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und damit auf die Vermietung von Grundstücken (bzw. Teilen von Grundstücken wie Räume oder Flächen) bezieht. Dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ist jedoch nicht zu entnehmen, dass er sich lediglich auf die Vermietung von Grundstücken bezieht. Vielmehr begünstigt die Vorschrift allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden. Unter den Begriff „Fremde“ fallen auch die eigenen Arbeitnehmer und somit ebenfalls die aufgenommenen Erntehelfer.

Im Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die gem. Art. 98 MwStSystRL ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können, sind in Anhang III Nr. 12 MwStSystRL die Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Beherbergung in Ferienunterkünften (und Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen) angeführt. Nach Art. 43 MwSt-DVO umfasst die „Beherbergung in Ferienunterkünften“ auch die Vermietung von Zelten, Wohnanhängern oder Wohnmobilen, die auf Campingplätzen aufgestellt sind und als Unterkünfte dienen.

Der Begriff der „Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen“ in Anhang III Nr. 12 MwStSystRL ist weit genug, um auch die kurzfristige Beherbergung von Saisonarbeitern in nicht ortsfesten Wohncontainern zu erfassen. Denn aus Art. 43 MwSt-DVO ergibt sich, dass auch die Beherbergung in nicht ortsfesten Einrichtungen der Steuersatzermäßigung unterfallen kann.

Ein engeres Verständnis des Begriffs der „Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen“, d. h. das kurzfristige Beherbergen in nicht ortsfesten Wohncontainern von der Ermäßigung auszunehmen, würde zudem zu einem Verstoß gegen die steuerliche Neutralität führen. Dieser Grundsatz verbietet, gleichartige Gegenstände oder Dienstleistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Dabei ist für die Frage der Gleichartigkeit auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Aus dessen Sicht war im Streitfall nicht etwa das Interesse des X an einem flexiblen räumlichen Einsatz der Container entscheidend, sondern der Bedarf an Unterbringung vor Ort für die Dauer von längstens 3 Monaten. Ohne die Unterbringung in den Wohncontainern des X hätten die Erntehelfer in den umliegenden Pensionen, Hotels oder Ferienunterkünften unterkommen müssen. Bei diesen Formen der Unterbringung handelt es sich wie bei der Beherbergung in Wohncontainern um gleichartige Dienstleistungen.

3. Photovoltaikanlage: Steuerentstehung und Steuerberichtigung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts

Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung, ohne dass es zu einer Steuerberichtigung kommt, wenn das Entgelt für die Errichtung einer Photovoltaikanlage nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.

Hintergrund

Die X-GbR verpflichtete sich im November 2011 gegenüber der A-GmbH, als Generalunternehmerin schlüsselfertig eine Photovoltaikanlage zu errichten. Von der vereinbarten Gesamtvergütung (1.258.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer) waren nach der Montage der Module 450.000 EUR, nach der Installation der Wechselrichterstation weitere 450.000 EUR und nach einem Probebetrieb der Restbetrag (358.000 EUR) zu zahlen. Die Teilbeträge sollten jeweils nur insoweit fällig werden, als sie von A aus den laufenden Einnahmen der Stromeinspeisung beglichen werden konnten.

X stellte der A im Dezember 2011 für die Module 450.000 EUR und im Jahr 2012 für die Wechselrichterstation und den Probebetrieb (450.000 EUR + 358.000 EUR =) 808.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Hierauf gingen bei X im Jahr 2011 lediglich 65.000 EUR und im Jahr 2012 52.000 EUR (netto) ein.

X erklärte die Umsätze in Höhe der vereinnahmten Entgelte (Ist-Versteuerung). Das Finanzamt hatte ihm die Ist-Versteuerung gestattet. Später nahm das Finanzamt die Gestattung mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und berechnete die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Soll-Versteuerung).

Das FG wies dagegen gerichtete Klage ab. X müsse ihre Umsätze mit der Leistungsausführung unabhängig von der Vereinnahmung des Entgelts versteuern.

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG und wies die Revision zurück. Die Steuer für die jeweilige Teilleistung kann nicht in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen vereinbartem und vereinnahmtem Entgelt berichtigt werden.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer bei der Soll-Versteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt wurden. Das gilt auch für Teilleistungen. Teilleistungen liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.

Der Steueranspruch entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG, Art. 63 MwStSystRL zum Zeitpunkt der Ausführung des jeweiligen Umsatzes, und zwar unabhängig davon, ob die für diesen Umsatz geschuldete Gegenleistung bereits entrichtet wurde. Daher schuldet der Lieferer oder Dienstleistungserbringer die Umsatzsteuer auch dann, wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat. Dementsprechend ist eine Einschränkung der Soll-Versteuerung in der Weise, dass der Unternehmer Leistungen nur auf bereits fällige Entgeltansprüche zu versteuern hat, ausgeschlossen. Der EuGH sieht den Umstand, dass die Steuerpflichtigen die Umsatzsteuer vorfinanzieren müssen, als unbeachtlich an.

Hiervon ausgehend liegen im Streitfall Teilleistungen vor. Die vertragliche Abrede, dass die jeweiligen Teilbeträge nur insoweit zur Zahlung fällig werden, als sie von A aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnten, steht nicht entgegen. Wären selbstständige Teilleistungen zu verneinen, lägen mehrere eigenständige Leistungen vor. Dass das für die einzelnen Teilleistungen jeweils vereinbarte Entgelt nur insoweit zur Zahlung fällig werden sollte, als es von A aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnte, führt nicht zum Hinausschieben der Steuerentstehung bis zur jeweiligen Fälligkeit.

Bei Uneinbringlichkeit des Entgelts ist die geschuldete Steuer entsprechend zu berichtigen. Das gilt auch bei einer vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung (oder einem Preisnachlass) nach dem Bewirken des Umsatzes. Allerdings ist bei einer die Fälligkeit aufschiebenden Ratenzahlungsvereinbarung die sich aus ihr ergebende Nichtbezahlung eines Teilbetrags mangels Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises einzustufen. Die Nichtbezahlung eines Teilbetrags mangels Fälligkeit führt deshalb nicht zu einer Verminderung der Bemessungsgrundlage. Das ist bei der Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beachten.

4. Umsatztantiemen an Gesellschafter nur in bestimmten Fällen steuerlich anerkannt

Wird einem Minderheitsgesellschafter einer AG eine Umsatztantieme gewährt, kann diese als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu werten sein.

Hintergrund

Eine im Jahr 2001 gegründete AG war im Immobilienbereich tätig. Die AG hat dem zu 1/3 beteiligten Aktionär K, der zugleich auch als Vorstand bestellt war, eine Umsatzprovision i. H. v. 1 % aus den erzielten Erlösen aus Immobilienverkäufen zugesagt. Das Finanzamt wertete diese Provision als Umsatztantieme und hat dafür – nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung – die steuerliche Anerkennung verwehrt. Vielmehr wurden die gezahlten Umsatztantiemen bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens der AG wieder als vGA hinzugerechnet. Die AG hat nach erfolglosem Einspruch Klage beim FG erhoben.

Entscheidung

Auch das FG kommt letztlich zu der Wertung, dass die Umsatztantieme eine vGA darstellt. Die Auffassung der Klägerin, wonach im Verhältnis zwischen einer AG und einem Minderheitsaktionärs eine vGA bereits dem Grunde nach ausscheide, wird vom FG nicht geteilt. Vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung auch für eine AG. Daran ändern auch die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten einer AG – insbesondere die Vertretung durch den Aufsichtsrat nach § 112 AktG – nichts. Es kommt nicht auch die Durchsetzbarkeit des Willens in der Gesellschafterversammlung oder einer Aufsichtsratssitzung an.

Doch auch für die Umsatztantieme als solche konnte die Klage keinen Erfolg haben. Denn eine Umsatztantieme kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH steuerlich nur ausnahmsweise anerkannt werden. Dies ist insbesondere der Fall in einer Gründungs- oder Aufbauphase des Betriebs und wenn die Umsatztantieme zudem zeitlich und der Höhe nach begrenzt ist. Dies war im zu entscheidenden Fall jeweils nicht gegeben, weshalb das Finanzamt darin zu Recht eine vGA gesehen hat.