Inhaltsverzeichnis

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1. GmbH & Co. KG: Zu den Voraussetzungen einer Organschaft

Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.

Hintergrund

Z ist Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Z-GmbH. Z schloss mit der GmbH einen Geschäftsführervertrag zu einem festen Monatsgehalt.

Unternehmensgegenstand der GmbH war die Übernahme der Haftung und Geschäftsführung der A-KG, deren einzige Komplementärin die GmbH war. Die GmbH war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.

Die GmbH hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführung erwachsenden Aufwendungen. Aufgrund eines zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags stand der GmbH gegenüber der KG ein monatlicher Vergütungsanspruch zu.

Die Geschäftsräume vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG. Der Mietgegenstand gehörte den Eheleuten je zur Hälfte.

Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die GmbH die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Beratungsleistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der GmbH geleast.

Das Finanzamt ging davon aus, die GmbH habe steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht, und erließ für 2013 bis 2015 entsprechende Umsatzsteuer-Bescheide.

Die GmbH wandte ein, zwischen Z, der KG und der GmbH liege eine Organschaft vor. Die GmbH sei als Komplementär-GmbH der KG Teil des Organkreises.

Dem widersprach das Finanzgericht und gab der Klage nur in geringem Umfang statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück. Die Leistungen der GmbH an die KG sind mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig. Es bestand keine Organschaft zwischen der GmbH und Z als Organträger. Ebenso liegt keine Organschaft zwischen der GmbH und der KG als Schwestergesellschaften vor.

Es besteht keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der GmbH begründet, da Z insoweit nichtselbstständig und damit nicht als Unternehmer tätig war. Auch die Vermietung der Büroräume begründet keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die GmbH vermietet hat.

Es liegt auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Die wirtschaftliche Eingliederung kann zwar auch (mittelbar) auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen, wie es sich im Streitfall aus den entgeltlichen Geschäftsführungsleistungen der GmbH an die KG ergeben kann. Dies setzt indes voraus, dass die KG in das Unternehmen des Z eingegliedert ist.

Das liegt im Streitfall für das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung nicht vor. Bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung – wie im Streitfall – ist für die wirtschaftliche Eingliederung zumindest erforderlich, dass die Tätigkeiten aufeinander abgestimmt sind und sich dabei fördern und ergänzen. Es müssen mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.

Das trifft auf die im Streitfall vorliegende Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne weiteres austauschbaren Büroräumen nicht zu, da ihr eine nur geringe Bedeutung zukommt. Das genügt ebenso wie die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung nicht.

Für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft reicht es nicht aus, dass die Personengesellschaft nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist. Hierfür spricht bereits, dass im Verhältnis zwischen 2 Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden kann, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist.

2. Grundstücksunternehmen: erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ausgeschlossen

Durch die Nutzung von Grundbesitz im Rahmen einer Betriebsverpachtung wird eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Diese schließt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags bei Grundstücksunternehmen durch den als GmbH & Co. KG firmierenden Verpächter aus.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb bis Ende 1987 ein Autohaus in Rechtsform einer KG, an der nur natürliche Personen beteiligt waren. Durch den Eintritt der A GmbH als einzige Komplementärin wurde die Klägerin im Herbst 1987 zu einer GmbH & Co. KG.

Zum 31.12.1987 stellte die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG den Betrieb ihres Autohauses ein und veräußerte sämtliche Vermögensgegenstände des Autohauses mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks an D. Eine Betriebsaufgabe wurde nicht erklärt. Die Räumlichkeiten, in denen zuvor das Autohaus der Klägerin betrieben worden war, wurden langfristig an D zum Betrieb eines Autohauses vermietet.

In den Streitjahren 2011 bis 2013 wurde der Gebäudekomplex teilweise von D genutzt, die übrigen Räumlichkeiten waren an ca. 110 Fremdfirmen bzw. Personen fremdvermietet oder standen leer. Neben der Vermietung erbrachte die Klägerin u. a. auch Kontroll- und Ordnungsdienste, mit denen Drittfirmen beauftragt waren.

Nach einer Betriebsprüfung wurde die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen in den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden nicht mehr gewährt, da die Vermietungen teilweise für eigengewerbliche Zwecke der Gesellschafter erfolgten und die Klägerin weitere Leistungen für die Mieter erbringe.

Entscheidung

Die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wurde zu Recht versagt. Die Klägerin hat nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet, sondern eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, indem sie D einen Betrieb verpachtet hat. Dieses stellt grundsätzlich keine begünstigte Vermögensverwaltung dar.

Das Wahlrecht zwischen Betriebsaufgabe und -verpachtung stand der Klägerin nicht zu, da sie durch die Rechtsform der GmbH & Co. KG zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wurde, die weiterhin ausschließlich Betriebsvermögen hat. Der für das Autohaus genutzte Teil des bebauten Grundstücks war die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des Autohauses. Da bereits aufgrund der Betriebsverpachtung eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Klägerin „schädliche“ Nebenleistungen zu der Vermietung/Verpachtung erbracht hat, nicht an.

Kapitalanlage & Versicherung

1. Vermögensverwaltende Personengesellschaft und AfA bei Anteilserwerb

Hat der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen.

Hintergrund

An der vermögensverwaltenden X-GbR waren ursprünglich die Brüder A und B zu je 50 % beteiligt. Im Jahr 2011 veräußerte A 16 % der Anteile an B und 34 % an C. An der GbR waren danach B mit 66 % und C mit 34 % beteiligt.

Streitig war vor allem die AfA auf die entgeltlich erworbenen Anteile. Nach Ansicht der GbR gehören zu den Anschaffungskosten nicht nur die gezahlten Kaufpreise (mit Anschaffungsnebenkosten), sondern erhöhend auch die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten aus Bankdarlehen (und verringernd die gemeinschaftlichen Bankguthaben). Das Finanzamt lehnte die Erhöhung der Anschaffungskosten um einen Anteil an den Verbindlichkeiten der GbR ab.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Allein die Haftung für die GbR-Verbindlichkeiten aufgrund des Einrückens in die Gesellschafterstellung stelle keine zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten führende Übernahme von Verbindlichkeiten dar. Eine Freistellung von Verbindlichkeiten zwischen Veräußerer und Erwerber liege nicht vor.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die Verbindlichkeiten der GbR erhöhen anteilig die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zuzuordnen sind.

Hat ein Gesellschafter seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig („mittelbar“) miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen. Auf die ursprünglichen Anschaffungskosten/Herstellungskosten der Gesellschaft kommt es nicht an. Der entgeltliche Anteilserwerb überlagert den in der Gesellschaftsbilanz abgebildeten Vorgang und bildet eine Zäsur. Mit dem Erwerb beginnt für den Anteilserwerber eine neue AfA-Reihe, die sich nach der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs bemisst.

Abzustellen ist auf die anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Eine Bruchteilsbetrachtung ist schon deshalb erforderlich, weil der (erworbene) Gesellschaftsanteil kein Wirtschaftsgut ist. Der Anteilskäufer muss daher seinen Ergebnisanteil insoweit korrigieren, als die darin enthaltene AfA von der ihm zustehenden AfA abweicht. Das ist die AfA, die er geltend machen könnte, wenn er die Wirtschaftsgüter direkt erworben hätte. Die Fortführung der AfA des Rechtsvorgängers gilt nur bei unentgeltlichem Erwerb.

Bei entgeltlichem Anteilserwerb erhöhen die dem Anteil entsprechenden Gesellschaftsschulden die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den (anteilig miterworbenen) abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens direkt zugeordnet werden können. Soweit es sich auf Gesellschaftsebene um Anschaffungskosten der GbR für bestimmte abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt, erhöht die noch bestehende Verbindlichkeit der GbR bei der Ermittlung der AfA-Berechtigung des eintretenden Gesellschafters auch dessen Anschaffungskosten. Wirtschaftlich finanziert der eintretende Gesellschafter dann (wie auch der Gründungsgesellschafter) einen Teil der Anschaffungskosten für die anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter „über die Gesellschaft“. Im Streitfall stand fest, dass die von der GbR aufgenommenen Darlehen tatsächlich zum Erwerb der im Gesamthandsvermögen liegenden bebauten Grundstücke verwandt wurden. Die Darlehensverbindlichkeiten der GbR sind demnach den Grundstückserwerben zuzuordnen.

Die Vermutung, dass der Erwerber einen über dem Kapitalanteil liegenden Kaufpreis nur akzeptieren wird, wenn stille Reserven vorhanden sind, rechtfertigt es, die Mehr-Anschaffungskosten den stillen Reserven der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter direkt zuzuordnen. Danach sind die Anschaffungskosten den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens in einem ersten Schritt nach dem Verhältnis der Buchwerte zuzuordnen. Übersteigen die Anschaffungskosten des Erwerbers die anteilig erworbenen Buchwerte des Gesamthandsvermögens (Mehr-Anschaffungskosten), sind sie (nur noch) auf diejenigen Wirtschaftsgüter zu verteilen, in denen stille Reserven ruhen. Maßstab ist insoweit das Verhältnis der stillen Reserven zueinander. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Buch- oder Verkehrswerte würde der Vermutung nicht gerecht, wonach die Mehranschaffungskosten auf die stillen Reserven geleistet werden. Die anteiligen Anschaffungskosten des einzelnen miterworbenen Wirtschaftsguts ergeben sich danach aus dem anteiligen Buchwert zuzüglich der einzeln zuzuordnenden Mehr-Anschaffungskosten.

Beim anteiligen Miterwerb von bebauten Grundstücken des Gesamthandsvermögens ist für die AfA eine erneute Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten auf Grund/Boden und Gebäude erforderlich. Die ursprüngliche Aufteilung, die der AfA auf Gesellschaftsebene zugrunde liegt, kann vom Anteilserwerber nicht übernommen werden. Denn in die neue Aufteilung gehen die aktuellen Bodenrichtwerte ein. Damit wird sichergestellt, dass evtl. im Grund und Boden durch Wertsteigerung entstandene stille Reserven zutreffend erfasst werden.

Das Finanzgericht hat zwar die Anschaffungskosten der B und C für die erworbenen Teilanteile festgestellt. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, wie diese auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen sind. Das hat das Finanzgericht nachzuholen.

2. Wie werden bei doppelter Treuhand die Einkünfte zugerechnet?

Ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis kann bei der sog. doppelten Treuhand auch nach Eintritt des Sicherungsfalls vorliegen.

Hintergrund

Der eingetragene Verein V (Pensionstreuhand, Treuhänder) hat das ihm übertragene Treuhandvermögen der X-AG (Treugeberin) nach deren Weisungen zu halten und zu verwalten (Verwaltungstreuhand). Das Treuhandvermögen dient der Sicherung der Pensionsverpflichtungen des Unternehmens gegenüber ihren versorgungsberechtigten Personen (Mitarbeitern) aus Pensionszusagen (Sicherungstreuhand). Bei Eintritt eines „Sicherungsfalls“ (insbesondere Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Treugeberin) erwerben die Versorgungsberechtigten einen direkten Anspruch gegen den Treuhänder (V) auf Erfüllung der Pensionsverpflichtungen (Doppeltreuhand).

Über das Vermögen der X-AG wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

V erzielte aus der Anlage des Vermögens (Aktien) erhebliche Kapitalerträge (Dividenden). Das Finanzamt setzte daher für 2009/2010 Körperschaftsteuer fest. Dabei nahm es jeweils eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG vor.

Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. V habe als Treuhänder Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Bei dieser Einkunftsart werde die Einkünfteerzielungsabsicht vermutet.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Denn das Treuhandverhältnis ist steuerlich anzuerkennen. Damit sind die Aktien nicht dem Treuhänder (V), sondern der Treugeberin (X) als Anteilseignerin zuzurechnen. V hat somit keine Kapitaleinkünfte erzielt. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil und die von V angefochtenen Körperschaftsteuer-Bescheide auf.

V ist als rechtsfähiger Verein mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte. Da V als sonstige juristische Person des privaten Rechts nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG fällt, sind nicht alle von ihm erzielten Einkünfte gem. § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Vielmehr kann er auch Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen.

Die steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses erfordert, dass die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so weit zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt.

Entscheidend ist die Weisungsbefugnis des Treugebers (und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders) in Bezug auf die Behandlung des Treuguts. Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen, wobei die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist unschädlich ist.

Hiervon ausgehend liegt im Streitfall auch nach Eintritt des Sicherungsfalls ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis vor:

Aus dem Treuhandvertrag ergibt sich nicht, dass die Weisungsbefugnis der Treugeberin und korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders im Sicherungsfall enden würden. Dass die Versorgungsberechtigten einen Direktanspruch gegen den Treuhänder erlangen, ändert daran nichts.

Die Zweckbindung des Treuguts (Erfüllung von Pensionsverpflichtungen der Treugeberin, Sicherung der Pensionsansprüche der Versorgungsberechtigten) bleibt auch im Sicherungsfall umfassend erhalten.

Die Chance der Wertsteigerung wie auch das Risiko der Wertminderung des Treuguts liegen (weiterhin) bei der AG als Treugeberin.

Bei der doppelnützigen Treuhand widerspräche es typischerweise dem Treugeberinteresse, wenn eine jederzeitige Rückgabe des Treuguts bis zur Zweckerreichung vereinbart würde. Es reicht daher aus, wenn eine Herausgabe des Übererlöses an den Treugeber vereinbart wird.

Schließlich verbleibt dem Treugeber auch ohne besondere Vereinbarung das vertraglich nicht ausschließbare Recht, das Treuhandverhältnis aus wichtigem Grund zu kündigen und den bisherigen Treuhänder durch einen neuen Treuhänder zu ersetzen.

Lohn und Gehalt

1. Pauschalsteuer: Betriebsfeier muss allen offen stehen

Nach mehreren Finanzgerichtsurteilen darf die Lohnsteuer für Feiern, die ausschließlich für Führungskräfte ausgerichtet werden, nicht mit dem Pauschsteuersatz von 25 % für Betriebsveranstaltungen erhoben werden. Die endgültige Entscheidung trifft aber der Bundesfinanzhof.

Fall 1: Betriebsveranstaltung für ausgesuchten Teilnehmerkreis

In einem aktuellen Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (Az VI R 5/22) ist zu klären, ob als Voraussetzung für die Pauschalbesteuerung ebenfalls eine Teilnahmemöglichkeit für alle Beschäftigten bestehen muss. Im Streitjahr veranstaltete der Vorstand der Klägerin in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Mitglieder des Vorstands eingeladen waren. Die aufgewendeten Kosten betrugen über 8.000 EUR.

Im gleichen Jahr wurde eine Weihnachtsfeier für Beschäftigte ausgerichtet, die zum oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis gehören. Dabei handelte es sich um Mitarbeitende, die ein bestimmtes Karrierelevel erreicht hatten, aber nicht um einen eigenständigen Betriebsteil. Die von der Klägerin für diese Veranstaltung aufgewendeten Kosten betrugen fast 170.000 EUR.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurden die Aufwendungen für beide Weihnachtsfeiern als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfasst und entsprechende Lohnsteuer-Nachforderungen gestellt. Der Freibetrag von 110 EUR war unstreitig nicht zu gewähren. Das Finanzamt verweigerte jedoch auch die Anwendung des Pauschalsteuersatzes von 25 %, weil die Teilnahme an den beiden Veranstaltungen nicht allen Mitarbeitenden offen gestanden habe.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Pauschalbesteuerung bei Betriebsveranstaltungen nur anwendbar ist, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offensteht. Die frühere Rechtsprechung zur Pauschalbesteuerung findet nach Auffassung der Richter trotz der Einfügung einer gesetzlichen Regelung zur Definition und zum Freibetrag bei Betriebsveranstaltungen weiterhin Anwendung.

Zwar sei der Klägerin darin zuzustimmen, dass das Kriterium des „Offenstehens für alle Mitarbeitenden“ nicht mehr ausdrücklich im Gesetzestext aufgeführt wird. Nach Sinn und Zweck der Pauschalierungsregelung sei die Voraussetzung jedoch weiterhin zu beachten.

Der bei der Pauschalierung anzuwendende Durchschnittssteuersatz von 25 % beruhe auf der Annahme einer „vertikalen Beteiligung“ von Arbeitnehmenden aller Lohngruppen an einer Betriebsveranstaltung. Steht eine Veranstaltung dagegen nicht allen Betriebsangehörigen offen, verfehle die Pauschalbesteuerung mit einem festen Steuersatz von 25 % das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Insofern hat das Finanzamt nach Auffassung des Finanzgerichts zu Recht die Pauschalierung der Lohnsteuer verweigert.

Aufgrund der inzwischen eingelegt Revision liegt die endgültige Entscheidung aber nun beim Bundesfinanzhof.

Fall 2: Jahresabschlussfeier nur für angestellte Führungskräfte

Der Arbeitgeber hatte eine Jahresabschlussfeier veranstaltet, zu der nur angestellte Führungskräfte eingeladen waren.

Das Finanzgericht hatte die Klage ebenfalls abgewiesen. Der Freibetrag von 110 EUR war auch hier unstreitig nicht zu gewähren. Auch nach Auffassung der Richter setzt die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung mit 25 % voraus, dass die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offensteht. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der inzwischen erfolgten Legaldefinition der Betriebsveranstaltung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG weiter.

Zweck der Pauschalbesteuerung sei es, eine einfache und sachgerechte Besteuerung der Vorteile zu ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen, also von Arbeitnehmenden aller Lohngruppen, anfallen. Dieser Regelungszweck sollte durch die Einführung der Legaldefinition nicht geändert werden.

Auch gegen dieses Urteil war die Revision zugelassen, es ist jedoch rechtskräftig geworden.

Private Immobilienbesitzer

1. Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt ist rechtswidrig

Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.

Hintergrund

Die als Geschäftsführerin eines Restaurants und als selbstständige Unternehmensberaterin tätige A machte bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reichte sie eine Skizze ihrer Wohnung ein, in der ein Zimmer als Arbeitszimmer, aber im Übrigen kein Raum als Schlafzimmer bezeichnet war.

Der Sachbearbeiter des Finanzamts hielt die Skizze für klärungsbedürftig und bat den sog. Flankenschutzprüfer (Beamter der Steuerfahndung) um Besichtigung der Wohnung.

Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der A, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung ohne Widerspruch seitens der A.

Die erhob anschließend Klage auf Feststellung, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig ab. Denn wegen der Einwilligung der A liege keine schwerwiegender Grundrechtsverletzung und damit kein Feststellungsinteresse vor.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Wegen Wiederholungsgefahr liegt ein ausreichendes Feststellungsinteresse der A vor. Die Besichtigung der Wohnung durch den Steuerfahnder verletzte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

„Berechtigtes Interesse“ ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen.

Ein Rehabilitationsinteresse kann insbesondere bejaht werden, wenn das Handeln des Finanzamts den unberechtigten Vorwurf der Steuerhinterziehung zum Ausdruck bringt. Das erfordert, eine Außenwirkung gegenüber Dritten. Daran fehlt es hier. Denn der Arbeitgeber der A oder sonstige Dritte haben vom Besuch des Finanzamts nichts erfahren. Das lediglich ideelle Bedürfnis der A nach einer Rehabilitation genügt nicht.

Zwar schützt Art. 13 Abs. 1 GG die Unverletzlichkeit der Wohnung. An einem schwerwiegenden Eingriff fehlt es jedoch, wenn der Berechtigte dem Betreten der Wohnung zustimmt. A wurde durch das unangekündigte Erscheinen des Finanzbeamten auch nicht „überrumpelt“. Denn der Steuerfahnder hat die A weder bedroht noch sie über seine Person und den Zweck seines Besuchs im Unklaren gelassen. Er betrat die Wohnung ohne Widerspruch.

Aufgrund des Aktenvermerks des Steuerfahnders, A werde demnächst in die Nachbarwohnung ziehen und die dortige Raumaufteilung bleibe abzuwarten, war nicht auszuschließen, dass das Finanzamt nach dem Umzug wiederum den Flankenschutzprüfer schicken wird. Die Anforderungen an eine konkrete Wiederholungsgefahr dürfen nicht zu hoch angesetzt werden.

Die Besichtigung durch den Steuerfahnder war zwar grundsätzlich geeignet, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Die Maßnahme war jedoch nicht erforderlich, da dem Finanzamt mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Angesichts des Schutzes der Wohnung wäre eine Ortsbesichtigung erst dann erforderlich gewesen, wenn die Unklarheiten nicht durch weitere Auskünfte der A hätten aufgeklärt werden können. Denn A hatte bei der Sachaufklärung mitgewirkt und es bestanden keine Zweifel an ihrer steuerlichen Zuverlässigkeit.

Grundsätzlich genügt es deshalb, wenn das Finanzamt seine Folgerungen aus dem äußeren Anschein zieht und damit dem Steuerpflichtigen die besonders belastende Besichtigung der Wohnung erspart.

Eine Ortsbesichtigung kann unverhältnismäßig sein, wenn zuvor kein rechtliches Gehör gewährt wurde und der Steuerpflichtige dadurch nicht Gelegenheit hatte, weniger belastende Nachweismöglichkeiten anzubieten. Eine vorherige Ankündigung ist daher unerlässlich.

Ein weiterer Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit liegt darin, dass die Ortsbesichtigung von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagung durchgeführt wurde. Denn der Einsatz eines Steuerfahnders wird als belastender empfunden als der eines Veranlagungsbeamten.

2. Vermietung an Angehörige: Wenn der Mietvertrag geringfügige Mängel aufweist – Folgen?

Ein Angehörigen-Mietvertrag über eine Dachgeschosswohnung kann auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn ein über der Wohnung befindlicher, bei Abschluss des Mietvertrags noch in Bau befindlicher, nur über die Dachgeschosswohnung erreichbarer und nach Fertigstellung von den Mietern genutzter Spitzboden nicht im Mietvertrag erwähnt und auch bei der nach der Wohnfläche vorgenommenen Nebenkostenabrechnung nicht berücksichtigt worden ist.

Hintergrund

Die Steuerpflichtigen nutzten ihr Einfamilienhaus zum Teil zu eigenen Wohnzwecken. Eine unter dem Spitzboden des Einfamilienhauses gelegene Einliegerwohnung mit einer Größe von 68,42 qm war an die Mutter bzw. Schwiegermutter der Steuerpflichtigen vermietet, die im August 2014 verstarb. Im Zeitraum November–Dezember 2014 erfolgte eine Neueindeckung und Dämmung des Dachs, der Einbau von 5 neuen Fenstern, der Austausch zweier Fenster sowie des Dachausstiegs. im Zeitraum März–Juni 2015 erfolgte der Innenausbau des Spitzbodens.

Er wurde dabei mit der Einliegerwohnung durch eine Treppe verbunden. So entstanden 2 neue beheizte Räume mit liegenden Fenstern mit einer Größe von insgesamt 20,74 qm. Am 25.3.2015 schlossen die Steuerpflichtigen mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn einen schriftlichen Mietvertrag über die Wohnung „im Dachgeschoss“ unter Angabe einer Wohnfläche im Umfang von 68,42 qm ab, der eine Gesamtmiete i. H. v, monatlich 548,17 EUR vorsah. Das Mietverhältnis sollte mit dem Einzug der Mieter in diese Wohnung beginnen.

Tatsächlich vereinnahmten die Steuerpflichtigen im Streitjahr 2015 die vereinbarten Mietzahlungen für die Zeit ab 1.8.2015. Die im Streitjahr 2015 geltend gemachten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Einliegerwohnung erkannte das Finanzamt nicht an und begründete seine Entscheidung u. a. damit, dass das Mietverhältnis zwischen den Steuerpflichtigen und der Tochter bzw. dem Schweigersohn steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei. Das Mietverhältnis halte einem Fremdvergleich nicht stand. Einem fremden Dritten wären sowohl der Mietzins als auch die Nebenkosten nach der tatsächlich zur Nutzung überlassenen Wohnfläche berechnet worden (also ursprüngliche Wohnfläche der Einliegerwohnung 68,42 qm zuzüglich 20,74 qm des ausgebauten Spitzbodens).

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts sind das Mietverhältnis und die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung der Einliegerwohnung steuerlich anzuerkennen. Im Vergleich zu anderen „Mängeln“ von Mietverhältnissen zwischen nahen Angehörigen (z. B. der Vermieter benutzt die Mietsache weiterhin für eigene Wohnzwecke mit oder die Miete wird nur teilweise oder nicht zeitnah entrichtet) sei der vorliegende „Mangel“ des Mietvertrags (der Spitzboden wird nicht als Bestandteil der Mietsache eigens erwähnt) nach Ansicht des FG vergleichsweise geringfügig, zumal es sich bei dem Spitzboden mangels ausreichender Raumhöhe nicht um einen Aufenthalts-, sondern nur um einen „Nutzraum“, ähnlich einem Kellerraum, handele.

Grundsätzlich gilt, dass Mietvertragsverhältnisse zwischen nahestehenden Personen steuerrechtlich nur anzuerkennen sind, wenn sie ernstlich gewollt, eindeutig und bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind, entsprechend der Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt (vollzogen) werden und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung).

3. Wohnungseigentum: Selbstbeteiligung ist gemeinschaftlich zu tragen

Ein in der Gebäudeversicherung vereinbarter Selbstbehalt ist auch dann von allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu tragen, wenn ein Schaden ausschließlich oder teilweise im Sondereigentum eines Miteigentümers eingetreten ist.

Hintergrund

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft streiten darüber, wer nach Schadensfällen die Selbstbeteiligung der Gebäudeversicherung tragen muss.

Die Anlage besteht aus einer gewerblichen Einheit sowie zahlreichen Wohnungen. Die Gemeinschaft unterhält eine Gebäudeversicherung, die u. a. auch Leitungswasserschäden abdeckt (verbundene Gebäudeversicherung). Der Versicherungsschutz besteht für das gesamte Gebäude, ohne Unterscheidung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum.

In den Wohnungen kam es aufgrund mangelhafter Leitungen wiederholt zu Leitungswasserschäden. Nach der Schadensbeseitigung durch ein Fachunternehmen nahm die Verwalterin jeweils die Versicherung in Anspruch. Die vereinbarte Selbstbeteiligung legte sie jeweils nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer um. So verfuhr sie auch bei Schäden, die ausschließlich im Sondereigentum entstanden waren. Wegen der Vielzahl der Schadensfälle beträgt die Selbstbeteiligung inzwischen 7.500 EUR je Schadensfall. Dies führt dazu, dass im Ergebnis nur noch etwa 25 % der Schäden ersetzt werden.

Die Eigentümerin der gewerblichen Einheit hält die Praxis, die Selbstbeteiligung auf alle Einheiten zu verteilen, für rechtswidrig. Sie möchte erreichen, dass sie nicht anteilig am Selbstbehalt für Schäden in fremdem Sondereigentum beteiligt wird.

Entscheidung

Die in der Gemeinschaft praktizierte Verteilung des Selbstbehalts bei einem Leitungswasserschaden nach Miteigentumsanteilen ist grundsätzlich rechtmäßig.

Tritt in einer Wohnungseigentumsanlage aufgrund einer defekten Wasserleitung ein Schaden ein, ist ein von der Gemeinschaft in der verbundenen Gebäudeversicherung vereinbarter Selbstbehalt, durch den der Versicherer einen bestimmten Teil des ansonsten versicherten Schadens nicht ersetzen muss, wie die Versicherungsprämie nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel zu verteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schaden am Gemeinschaftseigentum oder ausschließlich oder teilweise am Sondereigentum entstanden ist.

Ein Selbstbehalt wird i. d. R. vereinbart, um für die Wohnungseigentümer die Versicherungsprämie zu reduzieren. Grundlage der Entscheidung, in einem Versicherungsfall nicht den vollen Schaden ersetzt zu bekommen, ist die Erwartung der Wohnungseigentümer, dass dieses Risiko gemeinschaftlich getragen wird.

Das gilt auch, wenn der Versicherer die Fortführung der Versicherung von der Vereinbarung eines Selbstbehalts abhängig macht. Auch dann kommt die Vereinbarung eines Selbstbehalts allen Wohnungseigentümern zugute, weil anderenfalls deren Anspruch auf eine angemessene Versicherung nicht erfüllt werden könnte. Im Ergebnis stellt daher der Selbstbehalt wie die Versicherungsprämie einen Teil der Gemeinschaftskosten gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG dar.

Sonstige Steuern

1. Warum Gemeinden keine Wettbürosteuer erheben dürfen

Die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer ist unzulässig. So entschied das Bundesverwaltungsgericht in 3 Verfahren.

Hintergrund

Geklagt hatten jeweils Unternehmen, die Wettbüros betrieben. Die Klägerinnen vermittelten die in den Wettbüros angebotenen Renn- und Sportwetten, eine Klägerin veranstaltete auch selbst Pferdewetten als Buchmacherin.

Die beklagte Stadt erhebt seit dem Jahr 2014 eine kommunale Wettbürosteuer als örtliche Aufwandsteuer. Besteuert wird der Aufwand für die Teilnahme an Pferde- und Sportwetten in Wettbüros, bei denen es sich nach der Steuersatzung um Einrichtungen handelt, die wie im Fall der Klägerinnen neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse an Monitoren ermöglichen. Dabei soll die vom Betreiber des Wettbüros geschuldete Steuer auf die Wettkunden abgewälzt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Jahr 2017 zur Wettbürosteuersatzung der Stadt entschieden, dass eine Wettbürosteuer jedenfalls nicht nach der Fläche des Wettbüros bemessen werden darf. Daraufhin änderte die Stadt rückwirkend ihre Satzung und legte nunmehr den Brutto-Wetteinsatz als Steuermaßstab fest; der Steuersatz beträgt 3 %. Die Klagen gegen die auf dieser Grundlage ergangenen Steuerbescheide wiesen die Vorinstanzen ab. Das Oberverwaltungsgericht ließ jedoch jeweils die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die Erhebung einer Wettbürosteuer nach der Satzungsänderung wegen Gleichartigkeit zu bundesrechtlich geregelten Steuern im Rennwett- und Lotteriegesetz gesperrt ist. Diese betragen jeweils 5 % des Wetteinsatzes.

Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionsverfahren im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit einer kommunalen Übernachtungssteuer zunächst ausgesetzt. Auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts v. 22.3.2022 (1 BvR 2868/15 u. a.) ist das Bundesverwaltungsgericht nunmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass die Erhebung einer (zusätzlichen) kommunalen Wettbürosteuer nicht zulässig ist, weil sie den bundesrechtlich im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwetten- und Sportwettensteuer) gleichartig ist. Bei diesen Steuern handelt es sich um spezielle Bundessteuern, die die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer für denselben Gegenstand ausschließen.

Steuerrecht Arbeitnehmer

1. Bei Kenntnis der Steuerdaten durch Finanzamt keine Steuerhinterziehung

Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung kommt nicht in Betracht, wenn die Steuerdaten dem Finanzamt z. B. durch eine vom Arbeitgeber übersandte elektronische Lohnsteuerbescheinigung bekannt sind.

Hintergrund

Die Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Bis 2008 betraf dies nur den Ehemann, ab 2009 erzielte auch die Klägerin diese Art von Einkünften. Sämtliche Daten wurden von den Arbeitgebern an die Finanzbehörden übermittelt. Ab diesem Jahr gaben die Kläger keine Steuererklärung mehr ab, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen wären. Anfang 2018 stellten die Finanzbehörden fest, dass die Kläger ab 2009 zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet gewesen wären.

Das Finanzamt leitete sodann ein Strafverfahren für die Jahre 2011 bis 2016 ein. Für 2009 und 2010 nahm das Finanzamt zwar Strafverfolgungsverjährung an, erließ aber geänderte Steuerbescheide und setzte einen Verspätungszuschlag fest. Die Besteuerungsgrundlagen wurden geschätzt. Die Kläger wandten sich erfolglos gegen diese Bescheide im Einspruchsverfahren. Sie führten insbesondere an, es sei Festsetzungsverjährung für die Jahre 2009 und 2010 eingetreten.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 und 2010 keine vollendete Steuerhinterziehung durch die Kläger begangen worden sei. Dementsprechend sei Festsetzungsverjährung eingetreten, da die normale Verjährungsfrist von 4 Jahren abgelaufen sei. Eine vollendete Steuerhinterziehung sei von den Klägern nicht dadurch begangen worden, dass die Kläger trotz der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung in diesen Jahren keine Steuererklärung abgegeben haben.

Die Verletzung der Erklärungspflicht allein reicht nicht aus, um den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu verwirklichen. Sinn und Zweck des § 370 AO sei es, das rechtzeitige und vollständige Aufkommen der Steuern zu sichern. Eine Gefährdung des Rechtsguts durch die Steuerpflichtigen besteht hierbei dann nicht, wenn – wie hier – die Finanzbehörden über die für die Besteuerung wesentlichen Umstände informiert sind.

2. Wohnsitz im Inland, Arbeit in der Schweiz, Zweitwohnung in Frankreich: Wo liegt das Besteuerungsrecht?

Die von Deutschland abgeschlossenen DBA stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und sind jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen. Der Steuerpflichtige kann sich deshalb grundsätzlich auf jede Begünstigung berufen, die ihm eines dieser Abkommen gewährt.

Hintergrund

X wohnte in den Streitjahren 2012/2013 zusammen mit seiner Ehefrau in einer gemeinsamen Wohnung in Deutschland. Dort befand sich der Lebensmittelpunkt.

Im Jahr 2012 nahm X eine Tätigkeit in der Schweiz auf. Hieraus erzielte er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Anlässlich der Aufnahme dieser Tätigkeit bezog er eine Zweitwohnung in Frankreich, von der aus er arbeitstäglich zu seiner wenige Kilometer entfernten Arbeitsstätte in der Schweiz pendelte. Den Arbeitslohn versteuerte X in Frankreich. Die Schweiz erhob keine Steuer.

Die Eheleute berücksichtigten in ihrer Einkommensteuer-Erklärung den Arbeitslohn des X auf der Grundlage des DBA-Schweiz als steuerfreie Einkünfte. Das Finanzamt folgte dem nicht und unterwarf den Arbeitslohn der inländischen Besteuerung.

Dem widersprach das Finanzgericht und gab der Klage statt. Der Arbeitslohn sei nach dem DBA-Schweiz von der deutschen Besteuerung freigestellt und werde lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Für Drittstaateneinkünfte sehe das DBA-Frankreich zwar grundsätzlich ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats Deutschland vor. Wegen der Dreieckskonstellation dürfe dieses Besteuerungsrecht aber nicht ohne Rücksicht auf das DBA-Schweiz ausgeübt werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgericht und wies die Revision des Finanzamts zurück. Da X seine Tätigkeit in der Schweiz ausübte, sind diese Einkünfte grundsätzlich nach dem DBA-Schweiz von der deutschen Besteuerung freigestellt und unterliegen lediglich dem Progressionsvorbehalt.

Ein Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs. 8 EStG scheidet bereits deshalb aus, weil im Streitfall feststeht, dass die Schweiz hinsichtlich der streitigen Einkünfte des X aus nichtselbstständiger Arbeit auf ihr durch das DBA-Schweiz zugewiesene Besteuerungsrecht verzichtet hat und damit ein Ausnahmetatbestand i. S. d. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG vorliegt. Das grundsätzlich gegebene Besteuerungsrecht der Schweiz entfällt, weil die Grenzpendlerregelung nach dem DBA-Schweiz/Frankreich das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn des X Frankreich zuweist. In dieser DBA-Regelung liegt ein Besteuerungsverzicht der Schweiz i. S. v. § 50d Abs. 8 EStG.

Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen können von der inländischen Steuerpflicht erfasst werden, wenn sie zwar nach einem DBA von der deutschen Besteuerung auszunehmen sind, diese Einkünfte aber in dem anderen Staat „nur deshalb“ nicht steuerpflichtig sind, weil die Person in diesem Staat nicht unbeschränkt steuerpflichtig (z. B. nicht ansässig) ist. Diese Voraussetzung fehlt im Streitfall. Denn die Besteuerung in der Schweiz entfällt nicht allein deshalb, weil X in der Schweiz nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Vielmehr unterliegt der Arbeitslohn sowohl bei unbeschränkter als auch bei beschränkter Steuerpflicht grundsätzlich der schweizerischen Besteuerung. Diese Besteuerung wird lediglich durch die Grenzpendlerregelung des DBA-Schweiz/Frankreich ausgeschlossen.

Die Dreieckskonstellation ergibt sich daraus, dass X sowohl in Deutschland als auch in Frankreich einen Wohnsitz hat, seine Einkünfte aber aus dem Quellenstaat Schweiz bezieht. Bei isolierter Betrachtung der DBA steht das Besteuerungsrecht nach dem DBA-Schweiz dem Quellenstaat Schweiz, nach dem DBA-Schweiz/Frankreich dem Staat Frankreich (Grenzpendlerregelung) und nach dem DBA-Frankreich Deutschland zu.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts kann die Zuweisung des Besteuerungsrechts an Deutschland durch das DBA-Frankreich die Steuerfreistellung nach dem DBA-Schweiz nicht aufheben. Die DBA-Regelungen zur Abkommensberechtigung doppelt ansässiger Personen betreffen stets nur die Vertragsstaaten des jeweiligen bilateralen DBA. Eine sich auf andere Staaten erstreckende „abkommensübergreifende“ Wirkung kommt diesen Normen nicht zu. Die Verteilungsnormen der jeweiligen DBA stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und sind jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen. Aus der Sicht eines Steuerpflichtigen reicht es daher aus, wenn er nach einem der von Deutschland abgeschlossenen DBA (hier DBA-Schweiz) die Voraussetzungen einer Freistellung von der inländischen Besteuerung erfüllt. Soweit es sich um ein- und dieselben Einkünfte handelt, kann diese Freistellung nicht durch die abweichende Zuweisung des Besteuerungsrechts in einem anderen Abkommen aufgehoben werden.

Steuerrecht Privatvermögen

1. Abzug von Unterhaltsaufwendungen: Anrechnung eigener Einkünfte der unterhaltenen Person

Negative Einkünfte der unterhaltenen Person mindern die anrechenbaren Ausbildungshilfen wie z. B. BAföG-Zuschüsse nicht.

Hintergrund

Die Eheleute haben eine Tochter (T), die im Streitjahr 2017 das 29. Lebensjahr erreichte. T studierte und wohnte am Studienort in einer den Eheleuten gehörenden Wohnung.

Im Streitjahr erhielt sie öffentliche Ausbildungshilfen (BAföG-Zuschüsse) von 4.020 EUR. Daneben bezog sie Arbeitslohn von 1.830 EUR. Bei geltend gemachten Werbungskosten von 2.180 EUR ergaben sich negative Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von 350 EUR (1.830 EUR ./. 2.180 EUR).

Die Eheleute machten Unterhaltsaufwendungen an T in Höhe von 9.920 EUR wie folgt geltend: Höchstbetrag (8.820 EUR) betreffend Sachleistungen zuzüglich Erhöhungsbetrag (1.100) EUR für Übernahme der der Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die BAföG-Leistungen (4.020 EUR) setzten sie nicht mindernd an, da höhere Kosten (6.404 EUR) für Studium und doppelte Haushaltsführung entstanden seien.

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht und zog von den BAföG-Leistungen (4.020 EUR) lediglich die Kostenpauschale von 180 EUR ab, sodass bei anzurechnenden Zuschüssen von 3.840 (4.020 EUR ./. 180 EUR) abzugsfähige Unterhaltsleistungen von 6.079 EUR verblieben.

Die Klage hatte insoweit Erfolg als das Finanzgericht die negativen Einkünfte der T aus nichtselbstständiger Arbeit (350 EUR) mit den BAföG-Leistungen verrechnete, sodass sich die abziehbaren Unterhaltsleistungen entsprechend erhöhten.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Die negativen Einkünfte der T (350 EUR) mindern nicht die auf die Unterhaltsleistungen anzurechnenden BAföG-Zuschüsse.

Anrechenbare Einkünfte i. S. d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 EStG. Bei verschiedenen Einkünften und Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten ist die Summe der Einkünfte maßgeblich, sodass auch Verluste zu berücksichtigen sind und außerdem eine Verrechnung von negativen Einkünften mit positiven Bezügen zulässig ist.

Die BAföG-Zuschüsse sind jedoch nicht mit den negativen Einkünften der T zu saldieren. Die negativen Einkünfte der T mindern die anzurechnende Ausbildungsbeihilfe (BAföG-Zuschüsse) nicht. Denn § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG unterscheidet zwischen Einkünften und Bezügen einerseits und Ausbildungszuschüssen andererseits. Erstere sind auf den Unterhaltshöchstbetrag bei Überschreiten des anrechnungsfreien Betrags (624 EUR) anzurechnen. Ausbildungszuschüsse sind dagegen ohne Einschränkung und damit in voller Höhe anzurechnen (Grundsatz der Vollanrechnung).

Auch aus der Gesetzesentwicklung ergibt sich, dass negative Einkünfte nur zur Minderung im Grundsatz anzurechnender Einkünfte oder Bezüge genutzt werden können, nicht aber zur Minderung anrechenbarer Ausbildungszuschüsse. Dadurch wird zudem eine sonst mögliche doppelte staatliche Förderung durch die Ausbildungszuschüsse einerseits und die Steuerentlastung andererseits vermieden.

2. Aufwendungen für die Strafverteidigung des Sohnes nicht absetzbar

Auch die Prozesskosten sind vom Abzug ausgeschlossen, die für die Führung eines Rechtsstreits eines Dritten aufgewendet worden sind. Dies gilt auch bei einem Strafverfahren und wenn es sich um nahe Angehörige handelt.

Hintergrund

Die Eltern (Eheleute) machten für 2017 Strafverteidigungskosten für ihren im Jahr 1999 geborenen Sohn als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts. Die Aufwendungen der Eheleute für die Strafverteidigung ihres Sohnes sind nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Voraussetzung für die Abziehbarkeit ist zunächst, dass die Aufwendungen den Leistenden als belastender zwangsläufiger Aufwand entstanden sind, weil sie sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnten. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob die Eheleute ihrem bereits volljährigen Sohn die Begleichung eines Vorschusses für die Kosten des Strafverfahrens tatsächlich als Unterhalt schuldeten. Zudem gründeten die Rechtsanwaltskosten auf einer Honorarvereinbarung. Nach allgemeinen Maßstäben erwachsen Kosten für einen Strafverteidiger jedoch allenfalls insoweit zwangsläufig, als sie nicht (aufgrund einer Honorarvereinbarung) über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegen.

Ob und in welcher Höhe den Eheleuten die Kosten für die Strafverteidigung ihres Sohnes nach allgemeinen Grundsätzen zwangsläufig entstanden sind, kann im Streitfall offen bleiben. Denn selbst wenn die Eheleute ihrem Sohn gegenüber verpflichtet gewesen sein sollten, die Kosten zu tragen, sind die Aufwendungen jedenfalls nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug ausgeschlossen.

Danach sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Das Abzugsverbot erfasst nicht nur den Zivilprozess, sondern jedes gerichtliche Verfahren, insbesondere vor Verwaltungs-, Finanz- und auch Strafgerichten.

Das Abzugsverbot gilt auch für die Kosten der Strafverteidigung eines Dritten. Denn das Abzugsverbot betrifft alle Fälle, in denen Aufwendungen durch das Tragen von Prozesskosten entstehen. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG enthält ein generelles Abzugsverbot, das nur bei einer Existenzgefährdung des Steuerpflichtigen durchbrochen wird.

3. Kindergeld: Freiwilliges soziales Jahr ist keine Berufsausbildung

Für ein volljähriges Kind wird für die Übergangszeit von 5 Monaten zwischen der Beendigung der Schulausbildung und dem Antritt eines Freiwilligendienstes im Rahmen des Europäischen Sozialkorps (freiwilliges soziales Jahr) auch dann kein Kindergeld gewährt, wenn das Kind nach Beendigung des Freiwilligendienstes ein duales Bachelorstudium aufnimmt und das Kind pandemiebedingt zunächst kein Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr finden konnte.

Hintergrund

Die Tochter der Klägerin beendete ihre Schulausbildung im Juli 2020. In der Zeit von April bis Oktober 2020 war sie auf Projektsuche für ein freiwilliges soziales Jahr. Seit dem 20.11.2020 war sie bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend geführt. Ab Januar 2021 absolvierte die Tochter einen Freiwilligendienst. Zum 1.10.2021 nahm sie ein duales Studium zum Bachelor auf.

Die Familienkasse gewährte Kindergeld ab November 2020, da die Tochter ihre schulische Ausbildung im Juli 2020 beendet und erst im Januar 2021 die berücksichtigungsfähige Freiwilligenaktivität aufgenommen habe. Zwischen den Ausbildungsabschnitten lägen demzufolge 5 Monate, sodass eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nicht möglich sei. Das Bewerbungsverfahren für die Aufnahme der Freiwilligenaktivität führe nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes. Pandemiebedingte Ausnahmeregeln sehe das Einkommensteuergesetz nicht vor. Da die Aufnahme des freiwilligen Dienstes ausschließlich pandemiebedingt nicht möglich gewesen sei, begehrt die Klägerin die Gewährung des Kindergeldes ab August 2020.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass sich eine Berücksichtigungsfähigkeit nicht aus § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ergebe, da die Tochter der Klägerin sich nicht in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten befunden habe, weil sie ihre Schulausbildung im Juli 2020 beendete und ihren Freiwilligendienst im Januar 2021 aufgenommen habe. Der Zeitraum zwischen diesen beiden Ausbildungsabschnitten betrage demnach 5 Monate. Im Streitfall könne die Tochter trotz ihrer Suche nach einem Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden, da es sich bei der Suche nach einem Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr nicht um eine Suche nach einem Ausbildungsplatz handele.

Eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG auf Fälle, in denen ein freiwilliges soziales Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht begonnen werden könne, sei nicht möglich, da es insoweit ebenfalls an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle.

4. Zur nachträglichen Forderungsanmeldung bei Insolvenz

Die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass der bereits zur Insolvenztabelle festgestellten Forderung eine Steuerstraftat des Schuldners zugrunde liegt, können gem. § 177 Abs. 1 InsO nachträglich angemeldet werden.

Hintergrund

Über das Vermögen des X wurde im Juli 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem lag ein Eigenantrag des X zugrunde, der mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden war.

Das Finanzamt meldete Abgabenforderungen an, ohne auf einen Zusammenhang mit einer Steuerstraftat hinzuweisen. Die Forderungen wurden, ohne dass X als Schuldner widersprochen hatte, wie angemeldet am 5.11.2015 zur Insolvenztabelle festgestellt.

Mit Strafbefehl vom 6.4.2016 wurde X rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Anschließend beantragte das Finanzamt, die Insolvenztabelle um das Attribut zu ergänzen, dass es sich in Höhe eines Teilbetrags um Forderungen aus einer Steuerstraftat nach § 370 AO handele, für die gem. § 302 Nr. 1 InsO die Restschuldbefreiung ausgeschlossen sei. X legte gegen die Anmeldung des Attributs Widerspruch ein. Im Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren wurde sein Widerspruch in die Tabelle eingetragen.

Nachdem ein entsprechender Tabellenauszug beim Finanzamt eingegangen war, erließ dieses am 10.1.2019 einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO mit dem die Forderungen in der im Einzelnen spezifizierten Höhe „als von der Restschuldbefreiung ausgenommene Insolvenzforderungen festgestellt“ wurden.

Im Juni 2019 fand der Schlusstermin im schriftlichen Verfahren statt. Im Juli 2019 wurde das Insolvenzverfahren gem. § 200 InsO aufgehoben.

Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid blieb erfolglos.

Im anschließenden Klageverfahren änderte das Finanzamt am 27.6.2019 den Feststellungsbescheid dahingehend, dass die Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis, „wegen dem Sie gem. § 370 AO wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden sind“ festgestellt werden.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat müsse noch nicht zum Zeitpunkt der ursprünglichen Forderungsanmeldung vorgelegen haben. Bei der Anmeldung zur Tabelle müssten keine Umstände angegeben werden, aus denen sich die Steuerstraftat ergebe.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück. Das Finanzamt war berechtigt, auf den isoliert erhobenen Widerspruch des X gegen die Anmeldung des Attributs zur Insolvenztabelle nachträglich festzustellen, dass es sich dabei um Forderungen i. S. d. § 174 Abs. 2, § 302 Nr. 1 Alt. 3 InsO handelt.

Forderungen können nach § 177 Abs. 1 InsO auch nachträglich, d. h. nach Ablauf der Anmeldefrist, angemeldet werden. Die gem. § 28 Abs. 1 InsO im Eröffnungsbeschluss zu bestimmende Anmeldefrist stellt keine Ausschlussfrist dar. Deshalb sind Forderungsanmeldungen und Änderungsmeldungen bis zum Schlusstermin möglich.

Aus § 177 Abs. 1 InsO ergibt sich, dass auch eine nachträgliche Anmeldung des Attributs i. S. d. § 174 Abs. 2 InsO möglich ist. Dabei handelt es sich um eine nachträgliche Änderung i. S. d. § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO.

Die Feststellung war nach § 251 Abs. 3 AO erforderlich („erforderlichenfalls“). Das Interesse des Finanzamts an einer Feststellung nach § 251 Abs. 3 AO entfällt nicht bereits aufgrund der bestandskräftigen Festsetzung der Steuerforderungen. Denn die Bestandskraft eines Steuerbescheids erstreckt sich nicht auf die Feststellung, dass der Anspruch aus einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Steuerstraftrat stammt. Zudem bleibt auch bei einem Strafurteil/Strafbefehl, aus dem sich der Umfang der Steuerstraftat ergibt, noch zu klären, ob die als Insolvenzforderungen geltend gemachten Steuerforderungen vollumfänglich von dem Strafurteil bzw. Strafbefehl umfasst sind. Ergeht der Feststellungsbescheid i. S. v. § 251 Abs. 3 AO nach einem isolierten Widerspruch des Schuldners gegen das Attribut gem. § 302 Nr. 1 Alternative 3 InsO, muss sich aus dem Bescheid ergeben, dass der Schuldner im Zusammenhang mit der Forderung wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder § 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist.

Hiervon ausgehend war der von X angefochtene Feststellungsbescheid rechtmäßig. Das Finanzamt hat die Insolvenzforderungen wirksam geltend gemacht. Unabhängig von der Bestandskraft der Bescheide konnte das Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO erlassen, wenn es nur die Feststellung des Attributs der Steuerstraftat zur Tabelle erreichen will und der Steuerpflichtige dem isoliert widersprochen hat. Denn der isolierte Widerspruch des Schuldners musste vom Finanzamt beseitigt werden, damit die angemeldeten Forderungen nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden.

Steuerrecht Unternehmer

1. Bauabzugsteuer: Inaktive ausländische Domizilgesellschaft

Die Sperrwirkung des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG greift auch dann ein, wenn der Leistungsempfänger i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG die Zahlungen an eine inaktive ausländische Domizilgesellschaft erbringt.

Hintergrund

Die E-KG bediente sich für die Realisierung diverser Großobjekte britischer Subunternehmer und berücksichtigte für 2002 Zahlungen an diese als Betriebsausgaben (rund 950.000 EUR). Bei den britischen Firmen handelte es sich um wirtschaftlich inaktive Briefkasten-/Domizilgesellschaften. E meldete für diese Zahlungen im Jahr 2003 Bauabzugsteuer in gesetzlicher Höhe (15 %) an und führte diese ab.

Bei einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Zahlungen an die britischen Firmen auf inländische Konten erfolgt waren. Ein an die E gerichtetes Benennungsverlangen zur Feststellung der aus den Zahlungen tatsächlich begünstigten Personen führte zu keinem Ergebnis. Das Finanzamt kürzte darauf im Gewinnfeststellungsbescheid 2002 die Zahlungen an die Subunternehmer nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO um 70 % (665.000 EUR). Das Finanzgericht gab der Klage im ersten Rechtsgang statt. Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil (aus verfahrensrechtlichen Gründen) auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Auch im zweiten Rechtsgang gab das Finanzgericht der Klage in vollem Umfang statt.

Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sei nach § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG nicht anwendbar, auch wenn es sich bei den britischen Subunternehmen um inaktive Domizilgesellschaften handeln sollte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Der Betriebsausgabenabzug nach § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG ist auch dann nicht nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO versagt, wenn die Zahlungen an inaktive ausländische Domizilgesellschaften erfolgt sind.

Leistender i. S. d. § 48 Abs. 1 EStG kann nicht nur derjenige sein, der – wie Satz 1 bestimmt – die Bauleistung erbringt. Vielmehr „gilt“ nach der Fiktion in § 48 Abs. 1 Satz 4 EStG als Leistender auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben. Damit wird derjenige, der die Rechnung erstellt, unabhängig von der Erbringung der Bauleistung zum Leistenden (fiktiv wirtschaftlich Leistender). Demnach werden auch inaktive ausländische Domizilgesellschaften und Briefkastenfirmen, die die Bauleistung nicht selbst erbringen, vom Anwendungsbereich des § 48 Abs. 1 EStG erfasst. Weiter ordnet der Wortlaut des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG (vorbehaltlos) als Rechtsfolge an, dass § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht anzuwenden ist. Er enthält keine Einschränkung, wonach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nur bei Zahlungen an einen bestimmten Personenkreis keine Anwendung finden soll.

Die Bauabzugsteuer bezweckt einerseits, durch den Steuerabzug an der Quelle die Einkommensteuer/Körperschaftsteuer des Leistenden zu sichern und andererseits dem Auftraggeber Rechtssicherheit für den Betriebsausgabenabzug zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die Zahlungen an den wirtschaftlich Leistenden oder an eine inaktive ausländische Domizilgesellschaft als fiktiv Leistenden erfolgen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich keine Einschränkung entnehmen, dass mit dem Leistenden i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 4 EStG nur Generalunternehmen oder Inkassofirmen gemeint sein könnten.

Die Privilegierung der Auftraggeber von Bauleistungen gegenüber den Auftraggebern von Leistungen aus anderen Dienstleistungssektoren, die bei Zahlungen an inaktive Domizilgesellschaften mit einer Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO zu rechnen haben, verletzt nicht den Gleichheitssatz. Die Ungleichbehandlung ist durch den mit § 48 EStG verfolgten Lenkungszweck sachlich gerechtfertigt. Das Steuerabzugsverfahren soll illegale Vorgänge im Baugewerbe eindämmen. Eine Sonderregelung für diesen Sektor war infolge der dort festgestellten gravierenden Missstände gerechtfertigt. Der Bundesfinanzhof erachtet es daher als sachgerecht, durch die Beschränkung auf das Baugewerbe die Zielgenauigkeit der Regelung zu erhöhen.

2. Stellt die Einlagerung eingefrorener Eizellen eine Heilbehandlung dar?

Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen kann umsatzsteuerfrei sein, wenn sie im Rahmen eines therapeutischen Kontinuums mit einer Kryokonservierung erfolgt, bei dem Einlagerung und Kryokonservierung zwar durch 2 unterschiedliche Unternehmer durchgeführt werden, für die aber dieselben Ärzte tätig sind.

Hintergrund

Streitig war, ob die Einlagerung eingefrorener Eizellen durch eine eigenständige GbR eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung darstellt.

An der GbR waren 3 Fachärzte beteiligt. Diese betrieben zugleich (als Partnerschaft) ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ohne dass eine Organschaft vorlag.

Die GbR war im Bereich der Kryokonservierung zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung in Fällen tätig, in denen eine organisch bedingte Sterilität bei einem Partner vorlag. Gesellschaftszweck war das tiefgekühlte Einlagern von Samen- und Eizellen. Die Patienten schlossen mit dem MVZ einen Vertrag über die Kryokonservierung der Eizellen/Embryonen und mit der GbR über die Lagerung ab.

Das Finanzamt sah die Einlagerung des Konservierungsguts als steuerpflichtig an. Dem widersprach das Finanzgericht und gab der Klage statt. Die Kryokonservierung stelle eine steuerfreie Heilbehandlung dar, wenn eine organisch bedingte Sterilität vorliege.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil. Die GbR erbrachte mit der Einlagerung von kryokonservierten Eizellen und Samenzellen zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung in Fällen, in denen eine organisch bedingte Sterilität bei einem der beiden fortpflanzungswilligen Partner vorliegt, eine steuerfreie Heilbehandlung.

Der Bundesfinanzhof bezieht sich zunächst auf das Urteil v. 29.7.2015, XI R 23/13. Diese Entscheidung betrifft den Fall der (weiteren) Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen durch den behandelnden Arzt. Es ging um die weitere Lagerung (bzw. Verlängerung der Lagerungszeit) nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Lagerungszeit durch eine neue Vereinbarung. Der Bundesfinanzhof entschied für diesen Fall, die Vertragsverlängerung habe weiterhin therapeutischen Zwecken (Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft) gedient, und bejahte die Steuerbefreiung wegen des engen Zusammenhangs mit einer ärztlichen Heilbehandlung.

Auf dieser Grundlage ist auch die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen steuerfrei. Denn das vorgenannte Urteil bezieht sich auf die „weitere Lagerung“ als eigenständige Leistung, ohne dass es für die Steuerfreiheit dieser Leistung darauf ankommt, dass damit weitere Leistungen wie etwa Fruchtbarkeitsbehandlungen, z. B. das Einfrieren (Kryokonservierung) von Eizellen oder Spermien, verbunden sind. Ist damit die „Lagerung“ bereits als eigenständige Leistung steuerfrei, kann diese Steuerfreiheit nicht davon abhängig gemacht werden, ob ihr eine Leistung mit weitergehenden Leistungsmerkmalen vorausging.

Der Bundesfinanzhof folgt damit nicht der Verwaltungsanweisung, wonach die Steuerfreiheit für die Lagerung eingefrorener Eizellen oder Spermien als dem einzigen Leistungsgegenstand davon abhängig ist, ob es sich um eine „weitere Lagerung“ (steuerfrei) oder um eine „bloße Lagerung“ (steuerpflichtig) handelt. Der Vermutung der Steuerpflicht für den Fall der bloßen Lagerung folgt der BFH jedenfalls im Streitfall nicht, da es in beiden Fallgestaltungen gleichermaßen um eine Lagerung als eigenständige Leistung geht.

3. Umsatzsteuer: Fahrzeugüberlassung gegen Arbeitsleistung als tauschähnlicher Umsatz

Zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt ein unmittelbare Zusammenhang vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird.

Hintergrund

Die luxemburgische A-AG hatte Sitz und Geschäftsleitung in Luxemburg. Im Inland unterhielt sie keine feste Niederlassung.

Die A überließ ihren im Inland wohnenden Angestellten PS und FL jeweils ein zum Unternehmensvermögen gehörendes Firmenfahrzeug, das PS und FL auch privat nutzen konnten. Mit PS vereinbarte die A eine Eigenbeteiligung, die sie aber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht einforderte. Vom Gehalt des FL behielt die A einen Betrag ein, da die für das Fahrzeug zu zahlende Leasingrate insoweit das mit dem Mitarbeiter für die Fahrzeugüberlassung vereinbarte Budget überschritt.

In Luxemburg wurde weder die Fahrzeugüberlassung besteuert noch kam es dort zu einem Vorsteuerabzug.

Die A reichte beim Finanzamt Umsatzsteuer-Erklärungen ein, in denen sie das Entgelt für die Fahrzeugüberlassung nach der 1 %-Regelung (nebst Zuschlägen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte und Familienheimfahrten) berücksichtigte.

Mit der Klage gegen die entsprechenden Umsatzsteuer-Festsetzungen wandte die A ein, die Überlassung der Dienstwagen erfolge nicht gegen Entgelt.

Das Finanzgericht gab der Klage überwiegend statt. An PS habe die A das Fahrzeug nicht gegen Entgelt überlassen, da PS keine Zahlung geleistet habe. Auch in der (teilweisen) Arbeitsleistung sei kein Entgelt zu sehen. Dementsprechend sei auch die Fahrzeugüberlassung an FL nur in Höhe des Einbehalts (5.688 EUR) steuerbar.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Auf die Revision des Finanzamts wurde das Finanzgerichtsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Finanzgericht hat zu Unrecht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes verneint. Die Fahrzeugüberlassung ist als Vermietung eines Beförderungsmittels im Inland steuerbar.

Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht. Diese können auch mit einer Barzahlung verbunden werden (tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe).

Obwohl die MwStSystRL keine § 3 Abs. 12 UStG entsprechende Bestimmung enthält, sind Gegenleistungen in Form von Geldzahlungen und Sachleistungen auch unionsrechtlich gleich zu behandeln. Damit kann die Gegenleistung für eine Lieferung in einer Dienstleistung bestehen und Besteuerungsgrundlage der Lieferung sein, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung und der Dienstleistung besteht und der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn eine Dienstleistung gegen eine andere Dienstleistung getauscht wird.

Der Bundesfinanzhof teilt nicht die im Schrifttum vertretenen Auffassung, nach der ein tauschähnlicher Umsatz ausgeschlossen ist, wenn nur die Arbeitsleistung als Entgelt für die Fahrzeugüberlassung in Frage kommt. Gegen die Ablehnung eines Sachentgelts spricht auch, dass vom nationalen Gericht zu prüfen ist, ob die Überlassung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer eine Dienstleistung gegen Entgelt ist.

Im Streitfall ist der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung gegeben. Denn die A und die Angestellten hatten das Recht zur Privatnutzung individuell arbeitsvertraglich vereinbart. Damit besteht ein das Dienstverhältnis prägender Zusammenhang. Die Zahlung eines Mietzinses ergibt sich als Sachvergütung aus der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung zu erbringenden Arbeitsleistung.

Der Wert des Umsatzes umfasst alle Ausgaben, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu erhalten. Es ist nicht zu beanstanden, wenn insoweit die der A entstandenen Kosten angesetzt werden. Die A hat ihren Umsatzsteuer-Erklärungen die Vereinfachungsregelung in Abschn. 15.23 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 UStAE zugrunde gelegt. Danach können anstelle der Ausgaben die lohnsteuerrechtlichen Werte als Bruttowerte angesetzt werden, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Dies wird vom Bundesfinanzhof zur erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht beanstandet.

4. Unzulässigkeit einer per Telefax erhobenen Anhörungsrüge

Die Erhebung einer Anhörungsrüge durch einen Rechtsanwalt ist seit dem 1.1.2022 unzulässig, wenn sie nicht als elektronisches Dokument in der Form des § 52a FGO an den Bundesfinanzhof übermittelt wird. Der Verstoß gegen § 52d FGO führt zur Unwirksamkeit des Antrags. Er gilt als nicht vorgenommen.

Hintergrund

A und B hatten wegen Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des Finanzgerichts Beschwerde erhoben. Diese wurde vom Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss des Bundesfinanzhosf wurde am 5.2.2022 zugestellt. A, der als Rechtsanwalt in eigener Sache und zugleich als Prozessbevollmächtigter der B auftrat, erhob mit Telefax vom 21.2.2022 beim Bundesfinanzhof Anhörungsrüge für A und B.

Mit Schreiben der Senatsvorsitzenden vom 25.2.2022 wurde A darauf hingewiesen, dass vorbereitende Schriftsätze (und deren Anlagen) sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen seit dem 1.1.2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln sind und dass das per Telefax übermittelte Schreiben vom 21.2.2022 diesen Anforderungen nicht genüge. Eine Übermittlung nach allgemeinen Vorschriften sei nur zulässig, wenn eine Übermittlung als elektronisches Dokument vorübergehend nicht möglich sei.

A und B wurden um unverzügliche Mitteilung und Glaubhaftmachung gebeten, ob eine vorübergehende Unmöglichkeit vorgelegen habe. Sollte dies nicht der Fall sein, wurden sie gebeten, den Schriftsatz vom 21.2.2022 elektronisch zu übermitteln. Das Schreiben der Vorsitzenden wurde A und B am 1.3.2022 zugestellt. Diese haben sich hierzu nicht geäußert.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Anhörungsrüge als unzulässig zurück, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erhoben wurde. Sie ist nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden.

Nach § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Vorschrift gilt ab 1.1.2022 für alle Verfahren nach der FGO (z. B. Klage, Revision, Prozesskostenhilfe), somit auch für die Anhörungsrüge. A, der als Rechtsanwalt in eigener Sache und als Prozessbevollmächtigter der B auftrat, war daher verpflichtet, die Anhörungsrüge als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Ein elektronisches Dokument ist eine Datei, die mit Mitteln der Datenverarbeitung erstellt, auf einem Datenträger aufgezeichnet werden kann und (bereits) in dieser Form maßgeblich ist. Dies ist bei dem vorliegenden Telefax vom 21.2.2022 nicht der Fall, da der Papierausdruck beim Empfänger (Bundesfinanzhof) lediglich den Inhalt des Dokuments wiedergibt, ohne selbst Rechtswirksamkeit zu erzeugen.

Selbst wenn man die Übermittlungsformen Telefax und Computerfax auch nach Einführung der elektronischen Kommunikation weiterhin anerkennen würde, wären bei einem Telefax jedenfalls die weiteren formalen Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Dokumente nicht erfüllt. Nach § 52a Abs. 3 FGO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die 6 Varianten für sichere Übermittlungswege sind in § 52a Abs. 4 Satz 1 FGO abschließend aufgezählt. Von der Verordnungsermächtigung zur Anerkennung sonstiger Übermittlungswege nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 FGO hat die Bundesregierung noch keinen Gebrauch gemacht.

Der Telefaxversand der A und B erfüllt keinen der Tatbestände des § 52a Abs. 4 Satz 1 FG. Sämtliche Varianten setzen eine Identifizierbarkeit des Absenders durch eine Signatur samt einer sicheren Übermittlung voraus, die ein Telefaxversand nicht gewährleistet.

Nach § 52d Satz 3 FGO bleibt, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wobei nach § 52d Satz 4 FGO die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen ist. A und B haben jedoch zu dem Hinweis der Senatsvorsitzenden auf die Möglichkeit der Ersatzeinreichung nach § 52d Satz 3 FGO im Schreiben vom 25.2.2022 keine Stellung genommen.

Der Verstoß gegen § 52d FGO führt zur Unwirksamkeit des Antrags. Er gilt als nicht vorgenommen, d. h. er erzeugt keine Rechtswirkung.

5. Zur Haftung für Verbindlichkeiten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens

Für Umsatzsteuerschulden haftet der Schuldner auch nach der Beendigung eines Insolvenzverfahrens. Das gilt auch bei durch den Insolvenzverwalter begründeten Steuerschulden.

Hintergrund

Der Kläger erzielte als Unternehmer der Umsatzsteuer unterliegende Umsätze. Mit Beschluss vom 17.7.2008 wurde durch das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Der Insolvenzverwalter führte das Unternehmen zunächst fort. Aufgrund dieser Tätigkeit entstand Umsatzsteuer, die vom Finanzamt als Masseverbindlichkeiten angesehen wurden. Es ergingen entsprechende Umsatzsteuerbescheide. Mit Beschluss vom 15.7.2016 erteilte das Insolvenzgericht für den Kläger eine Restschuldbefreiung. Im September 2016 wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt.

Das Finanzamt machte nunmehr gegen die Kläger die rückständige Umsatzsteuer geltend. Der Kläger berief sich auf die Restschuldbefreiung. Das Finanzamt wies darauf hin, dass diese nicht für Masseverbindlichkeiten gelte. Der Einspruch blieb erfolglos, sodass sich der Kläger an das zuständige Finanzgericht wandte.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Schuldner der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Masseverbindlichkeiten sei der Insolvenzschuldner. Zwar sei die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse beschränkt. Allerdings gelte diese Beschränkung nicht mehr nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Dies habe der Bundesfinanzhof für die Einkommensteuer ausdrücklich entschieden.

Nach Ansicht des Finanzgerichts sei diese Rechtsprechung auch auf Masseverbindlichkeiten aufgrund von Umsatzsteuer zu übertragen. Entscheidungserhebliche Unterschiede zwischen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer bestünden nicht.

Vereine

1. Aufwendungen für Trikotsponsoring: Vorsteuerabzug möglich?

Ein Unternehmer, der Sportbekleidung mit Werbeaufdrucken für sein Unternehmen anschafft und Sportvereinen unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann die Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten geltend machen.

Hintergrund

Der Kläger betreibt eine Fahrschule und hatte in den Streitjahren 2014 bis 2016 Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck „Fahrschule X“ erworben. Diese Kleidung hat er verschiedenen Vereinen in der Region unentgeltlich zur Verfügung gestellt, insbesondere Jugendmannschaften und einer Altherrenmannschaft.

Im Rahmen einer Außenprüfung lehnte das Finanzamt den Abzug der Vorsteuern aus der Anschaffung der Sportbekleidung und der Werbeaufdrucke ab. Der Kläger machte im Einspruchsverfahren geltend, dass die Kleidung mit Werbeaufdruck im Rahmen mündlich vereinbarter Sponsoringverträge überlassen worden sei. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Werbeaufdrucke keine nennenswerte Werbewirkung erzielen würden und die Sportbekleidung deshalb dem ideellen Bereich des Vereins zuzuordnen sei. Vor diesem Hintergrund sei nicht von einem Sponsoring seitens der Fahrschule auszugehen, das zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten berechtige.

Entscheidung

Die dagegen erhobene Klage hielt das Finanzgericht für begründet. Es geht – wie das Finanzamt – davon aus, dass ein Vorsteuerabzug für den Kläger nur dann in Betracht kommt, wenn die Überlassung der Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck des Klägers dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des jeweiligen Vereins zuzurechnen sei. Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, denn die betreffenden Vereine haben durch den Gebrauch der Sportbekleidung sonstige Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG gegen Entgelt erbracht. Die sonstigen Leistungen der Vereine bestehen danach in der Benutzung der mit dem werbewirksamen Firmenaufdruck versehenen Gegenstände, durch die die Öffentlichkeit auf das betreffende Unternehmen und dessen Produkte aufmerksam gemacht wird. Der jeweilige Verein erbringt damit eine Dienstleistung in Form einer Werbeleistung, für die er als Gegenleistung die betreffenden Gegenstände erhält (tauschähnlicher Umsatz). Vor diesem Hintergrund ist auch der Vorsteuerabzug des Klägers aus der Anschaffung der Sportbekleidung mit Werbeaufdruck zu gewähren.