Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

Privat: Allgemein

1. Klage verspätet eingereicht: Wiedereinsetzung möglich?

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nur unter strengen Voraussetzungen gewährt. Bei der Frage des Verschuldens muss sich der Steuerpflichtige das Organisationsverschulden seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen.

Hintergrund

Strittig war, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren war. Die Einspruchsentscheidung ging unstrittig am 21.12.2023 beim steuerlichen Vertreter der Klägerin ein. Die Klage wiederum ging am 26.1.2024 beim FG ein. Zusammen mit der Klage wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt.

Begründet wurde dies damit, dass die Einspruchsentscheidung am 22.12.2023 an die Klägerin weitergeleitet worden sei. Diese habe in einer Antwortmail an die E-Mailadresse, von der ihr die Einspruchsentscheidung zugeleitet wurde, den Auftrag zur Klageerhebung erteilt.

Diese E-Mail sei erst nach Büroschluss beim steuerlichen Berater eingegangen und dann nach den Feiertagen nicht wahrgenommen worden. Die E-Mail an den zuständigen Sachbearbeiter sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen dort nicht eingegangen. Deshalb sei die Klage nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden. Die Versäumung der Frist sei aber entschuldigt.

Entscheidung

Die Klage wurde vom FG als unzulässig abgewiesen. Unstrittig sei die Klage außerhalb der Klagefrist von einem Monat erhoben worden.

Eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist wurde vom FG abgelehnt. Denn eine Wiedereinsetzung sei nur dann zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden daran gehindert gewesen war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Hier sei dem steuerlichen Vertreter der Klägerin aber der Vorwurf des Organisationsverschuldens zu machen. Die Büroorganisation müsse so ausgestaltet sein, dass ein Fristversäumnis im Hinblick auf Rechtsbehelfsfristen nicht eintreten kann.

Dies sei dann nicht der Fall, wenn es die Büroorganisation Berufsträgern nicht ermögliche, die Fristen zuverlässig zu überwachen. Die Fristen seien hier nicht zuverlässig überwacht worden. Auch über die Feiertage hätte eine Überwachung von Fristen sichergestellt werden müssen.

2. Handwerkerleistungen: Keine Steuerermäßigung für freiwillige Vorauszahlungen

Ein Abzug von Aufwendungen für Handwerkerleistungen kommt bei Leistung einer Vorauszahlung nicht in Betracht, wenn diese im Veranlagungszeitraum vor Ausführung der Handwerkerleistungen erbracht wird.

Hintergrund

Im Jahr 2022 beauftragten die Kläger ein Unternehmen mit dem Austausch ihrer Heizungsanlage sowie Sanitärarbeiten. Diese Arbeiten wurden im Jahr 2023 durchgeführt. Die Kläger schlugen dem Handwerksbetrieb mit E-Mail vom 24.11.2022 vor, einen Teil von 2/3 der kalkulierten Lohnkosten als Abschlag bereits in 2022 in Rechnung zu stellen. Auf die Mail erfolgte keine Reaktion. Trotzdem überwiesen die Kläger kurz vor Jahresende Beträge i. H. v. insgesamt 5.242 EUR an das Unternehmen. Die Kläger machten die Vorauszahlungen als Handwerkerleistungen geltend und begründeten, dass es auf den Zeitpunkt der Zahlung ankomme. Zudem verwiesen sie auf die jeweiligen Angebote als Rechtsgrundlage für die Zahlungen.

Das Finanzamt lehnte im Streitjahr 2022 die Steuerermäßigung mangels Rechnungen und Leistungserbringung ab.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht wies darauf hin, dass für die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen eine Rechnung vorliegen und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt sein muss. Dies sei im Streitjahr nicht erfüllt. Das FG wies darauf hin, dass die E-Mail des Klägers vom 24.11.2022 keine Rechnung darstelle. Zudem seien im Streitjahr keine Aufwendungen „für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen“ getätigt worden, da die Leistungen erst im Folgejahr erbracht worden seien.

Die einseitig vom Kläger vorgenommene Zweckbestimmung der Vorauszahlungen ausschließlich für Lohnkosten waren weder marktüblich noch sonst sachlich begründet. Es widerspreche dem Gesetzeszweck der Vorschrift, solche Vorauszahlungen anzuerkennen.

Privat: Spezialthemen Eltern

1. Kinderfreibetrag für das Jahr 2014: BVerfG prüft nicht Verfassungswidrigkeit

Das Niedersächsische FG hatte Zweifel, ob der Kinderfreibetrag für das Jahr 2014 den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht und die Sache dem BVerfG vorgelegt. Dieses hat jetzt jedoch festgestellt, dass diese Richtervorlage unzulässig ist.

Hintergrund

Im Jahr 2014 betrug der Kinderfreibetrag 4.368 EUR pro Kind. Zusätzlich gibt es einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf, der 2.640 EUR betrug. Eltern können entweder Kindergeld erhalten oder die Freibeträge bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigen lassen, je nachdem, was für sie günstiger ist.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine alleinerziehende Mutter, hielt die Höhe des Kinderfreibetrags für verfassungswidrig. Sie legte Einspruch gegen ihren Steuerbescheid ein, der jedoch erfolglos blieb. Das Niedersächsische FG legte daraufhin die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht vor.

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Vorlage für unzulässig. Die Begründung des vorlegenden Gerichts erfülle nicht die Anforderungen an eine nachvollziehbare Darlegung der Verfassungswidrigkeit der Norm. Es fehle an einer sorgfältigen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift.

Das Niedersächsische FG hatte seine Argumentation auf den Neunten Existenzminimumbericht der Bundesregierung gestützt, der eine Erhöhung des Kinderfreibetrags auf 4.440 EUR für 2014 empfohlen hatte. Das Bundesverfassungsgericht bemängelt, dass nicht erörtert wurde, warum dieser Bericht maßgeblich sein sollte. Die Existenzminimumberichte dienen als Erkenntnisquelle, seien jedoch nicht bindend für die gesetzliche Festlegung des Freibetrags.

Das FG habe den altersunabhängigen Durchschnittsbetrag des Kinderfreibetrags kritisiert, ohne sich ausreichend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BFH auseinanderzusetzen. Eine sorgfältige Prüfung der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Regelung habe nicht stattgefunden.

Privat: Spezialthemen Immobilien

1. Wasserschaden: Muss die Hausratversicherung Hotelkosten bezahlen?

Ein Versicherungsnehmer musste infolge eines Wasserschadens mit der Familie in ein Hotel ziehen. Dadurch entstanden Hotelkosten von mehr als 10.000 EUR. Muss die Hausratversicherung diese Kosten übernehmen?

Hintergrund

Im Sanitärbereich eines angemieteten Hauses des Klägers war es zu einem Wasserschaden gekommen, der zu einer Durchfeuchtung des zwischen dem Duschbereich und im Hausflur gelegenen Mauerwerks geführt hatte. Im Zeitraum der gut 2 Monate dauernden Reparaturarbeiten siedelte der Kläger mit seiner Familie in ein Hotel um, da in dem Haus Baden und Duschen unmöglich war.

Von seiner Hausratversicherung wollte er die Kosten i. H. v. 10.240 EUR ersetzt bekommen. Laut den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen waren Kosten für Hotel oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten erstattungsfähig, wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung infolge eines ersatzpflichtigen Schadensfalls unbewohnbar wird und dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist.

Die Versicherung weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Sie vertrat die Ansicht, bei dem Schaden handele es sich um einen Gebäudeschaden und keinen Versicherungsfall am Hausrat, der die Entstehung der Hotelkosten notwendig gemacht habe.

Entscheidung

Das LG schloss sich der Auffassung der Versicherung an. Ein von der Hausratversicherung gedeckter Versicherungsfall sei nicht eingetreten. Der Kläger selbst habe bestätigt, dass kein Hausrat beschädigt worden sei. Vielmehr sei es zu einem Wasserschaden gekommen. Von der Feuchtigkeit seien neben dem gesamten Sanitärbereich auch das Treppenhaus und der Flur betroffen gewesen.

Eine solche Beschädigung von Gebäudebestandsteilen und eben nicht des Wohnungsinventars erfülle nicht die bedingungsgemäßen Anforderungen an einen Versicherungsfall. Es liege kein versichertes Ereignis vor, nach dem die beklagte Hausratversicherung die Kosten für eine Ersatzunterkunft erstatten müsse, so das Gericht.

Allgemeine Versicherungsbedingungen seien nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehe. Die in den Versicherungsbedingungen verwendete Formulierung „infolge eines ersatzpflichtigen Schadensfalls“ lasse keinen Zweifel, dass die Versicherung nur für den Fall der Hausratbetroffenheit Hotelkosten erstatten müsse.

2. Erneuerung einer Heizungsanlage: Wann gibt es die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen?

Eine energetische Maßnahme ist nicht mit deren Fertigstellung abgeschlossen, sondern erst mit der vollständigen Zahlung des Rechnungsbetrags auf das Konto des Erbringers der Leistung. Bedeutsam ist dies vor allem dann, wenn zur Begleichung des Rechnungsbetrags mit dem ausführenden Betrieb monatliche Ratenzahlungen über mehrere Jahre vereinbart wurde.

Hintergrund

Die zusammenveranlagten Kläger beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2021 die Steuerermäßigung für Aufwendungen für energetische Maßnahmen bei dem am 1.1.2001 mit der Herstellung begonnenen und von ihnen bewohnten Einfamilienhaus. Diese Aufwendungen betrafen den Einbau eines neuen Gasbrennwertheizkessels bei einer Heizung, die nach der Bestätigung des Installationsunternehmens älter als 2 Jahre war.

Die Kosten für die Lieferung und Montage des neuen Gasbrennwertheizkessels im Februar 2021 beliefen sich laut der Rechnung auf 8.118,10 EUR. Darin enthalten waren auch Kosten für Monteurstunden und Fachhelferstunden. Seit März 2021 zahlten die Kläger gleichbleibende monatliche Raten i. H. v. 200 EUR. Im Streitjahr 2021 wurden infolgedessen 2.000 EUR bezahlt.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Steuerermäßigung ab. Die energetische Maßnahme sei erst dann „abgeschlossen“, wenn die Leistung tatsächlich erbracht worden sei, die steuerpflichtige Person eine Rechnung erhalten und den Rechnungsbetrag auf ein Konto des Leistungserbringers eingezahlt habe. An dieser Zahlung fehle es im Jahr 2021. Erst mit Begleichung der letzten Rate im Jahr 2024 komme eine Steuerermäßigung in Betracht.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG urteilte, dass zwar alle Voraussetzungen bis auf die vollständige Bezahlung der Handwerkerleistung vorlägen. Eine energetische Maßnahme gelte jedoch erst dann als abgeschlossen, wenn nicht nur die Leistung vollständig erbracht sei, sondern der Steuerpflichtige auch eine Rechnung (Schlussrechnung, keine Rechnung über Teilleistungen) erhalten und den gesamten Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt habe.

Entscheidung

Der BFH hält die Revision für begründet. Er hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Hierzu führen die Richter u. a. aus:

Auf Antrag ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14.000 EUR und im übernächsten Kalenderjahr um 6 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12.000 EUR.

Wann der Abschluss der energetischen Maßnahme anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber im EStG nicht definiert. Die Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums vertreten die Ansicht, dass erst mit der Zahlung des Rechnungsbetrags die energetische Maßnahme abgeschlossen ist.

Dieser Auffassung schließt sich der BFH an. Nach den Feststellungen des FG fehlt es im Streitjahr 2021 an der vollständigen Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung.

3. Erbschaftsteuer: Steuerbegünstigung für Familienheim gilt nicht für baugleiche Wohnung

Für das Familienheim gibt es bei der Erbschaftsteuer eine Steuerbegünstigung. Diese gilt aber nur für das Familienheim und nicht für ein vergleichbares Objekt, das ebenfalls zur Erbmasse gehört.

Hintergrund

Der Kläger ist alleiniger Erbe seiner verstorbenen Mutter. Teil der Erbmasse sind 2 Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Die Mutter hat die Wohnung Nr. 1 im Dachgeschoss des Objektes selbst bewohnt; der Kläger hat die Wohnung Nr. 2 im zweiten Obergeschoss von der Mutter angemietet und selbst bewohnt.

Nach dem Erbfall blieb der Kläger weiterhin in der Wohnung Nr. 2; die Wohnung Nr. 1 vermietete er an Dritte. Der Kläger hat für die Wohnung Nr. 2, d. h. die von ihm selbstgenutzte Wohnung, die Steuerbefreiung für das Familienheim beantragt, da die beiden Wohnungen im gleichen Objekt und nahezu identisch seien. Der Umzug von einer Etage in die andere in eine baugleiche Wohnung sei lediglich aus sinnhaftigkeits- und verfahrensökonomischen Gründen unterblieben. Diesen Antrag hat das Finanzamt abgelehnt.

Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg. Das Finanzamt hat die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung für das Familienheim zu Recht nicht gewährt.

Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Nutzt der Erwerber das Familienheim nach dem Erwerb nicht für eigene Wohnzwecke, kommt eine Steuerbefreiung selbst dann nicht in Betracht, wenn zwingende Gründe den Erwerber an einer Selbstnutzung hindern.

Hinsichtlich der Wohnung Nr. 2 sind die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt, da die Erblasserin diese Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Auch hinsichtlich der Wohnung Nr. 1 liegen die Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger dort nicht eingezogen ist. Die Wohnung Nr. 1 als Familienheim kann auch nicht durch die Wohnung Nr. 2 ersetzt werden, denn die Vorschrift ist nicht dahingehend auszulegen, dass das Familienheim durch eine andere Wohnung im selben Mehrfamilienhaus ausgetauscht werden kann.

Privat: Spezialthemen Kapitalanlage

1. Verkauf von GmbH-Anteilen unter Wert: Schenkung?

Die Abtretung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft an diese selbst erfüllt den Leistungsbegriff und stellt damit eine Schenkung dar. Ob jedoch Schenkungsteuer fällig wird, hängt von der Bewertung der verkauften Anteile ab.

Hintergrund

Der Kläger, seine 3 Kinder, sein Bruder A und dessen 2 Kinder sowie sein Bruder B und dessen 2 Kinder sind Erben der D zu je 1/10.

Zum Nachlass gehörte ein Geschäftsanteil mit dem Nennbetrag von 9.000 EUR an der T GmbH, deren Stammkapital 27.000 EUR betrug.

Die übrigen Geschäftsanteile hielt die H KG, an der neben einer Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung der Kläger und seine beiden Brüder als Kommanditisten beteiligt waren.

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 10.10.2013 veräußerten die Miterben gemeinschaftlich den durch Erbanfall erworbenen Anteil an der T GmbH zu einem Kaufpreis von 300.000 EUR an die T GmbH.

Mit an die T GmbH gerichtetem Feststellungsbescheid vom 27.04.2017 stellte das örtlich zuständige Finanzamt auf Anforderung des beklagten Finanzamts den Wert des veräußerten Geschäftsanteils auf den 10.10.2013 erklärungsgemäß mit 1.819.176 EUR fest.

Aufgrund der Differenz zwischen dem festgestellten Wert und dem vereinbarten Kaufpreis ging das Finanzamt von Schenkungen der nicht an der H KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten der H KG aus und setzte mit Bescheiden jeweils vom 12.11.2018 Schenkungsteuer gegen den Kläger fest.

Den Wert des jeweiligen Erwerbs ermittelte es, ausgehend vom Unterschiedsbetrag zwischen dem festgestellten Wert des Geschäftsanteils und dem vereinbarten Kaufpreis i. H. v. 1.519.176 EUR, der zu je 1/10 auf die zuwendenden Miterben entfalle und von diesen zu je 1/3 den bedachten Kommanditisten zugewandt worden sei, mit jeweils 50.639 EUR.

Einspruch und Klage gegen die Schenkungsteuerbescheide blieben erfolglos.

Entscheidung

Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat das ErbStG unzutreffend ausgelegt, da es davon ausgegangen ist, dass die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft „denklogisch“ mit dem Wert des teilweise unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen Geschäftsanteils korrespondiert.

Das ErbStG fingiert eine Schenkung des an eine Kapitalgesellschaft Leistenden an den mittelbar oder unmittelbar beteiligten (Mit-)Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine Werterhöhung erfährt.

Das FG hat im Urteilsfall zu Recht angenommen, dass die Anteilsabtretung durch die Miterben eine Leistung an die T GmbH darstellt. Leistung im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die Hingabe von Vermögen des Zuwendenden bewirkt. Gegenstand der Leistung können Sachen, Rechte und andere Vermögensgegenstände sein, die übertragen, abgetreten oder belastet werden oder auf die der Zuwendende verzichtet. Die Leistung kann in einer offenen oder verdeckten Einlage bestehen oder auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung des Gesellschafters oder eines Dritten mit der Kapitalgesellschaft beruhen.

Die Anteilsabtretung durch die Miterben erfüllt daher den Leistungsbegriff ungeachtet dessen, dass der Vorgang für die T GmbH einen Erwerb eigener Anteile darstellt.

Eine freigebige Vermögensverschiebung wird jedoch nicht verlangt. Maßgebend für die Steuerbarkeit ist allein die Werterhöhung von Anteilen an der Gesellschaft, die ein unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend in der Anteilsabtretung der Miterben eine Leistung gesehen.

Die Höhe der Bereicherung richtet sich auch bei einer mittelbaren Beteiligung an der Gesellschaft nach der Werterhöhung des Anteils des Bereicherten. Die Bereicherung kann nicht höher sein als der gemeine Wert der (teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung. Hierzu führt der BFH weiter aus:

Eine Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft liegt nur dann vor, wenn der gemeine Wert des Anteils des Bedachten nach der Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft den gemeinen Wert des Anteils vor der Leistung übersteigt.

Die Bewertung hat jeweils nach den Regeln für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften zu erfolgen.

Bei dem Erwerb von eigenen Anteilen durch eine GmbH ist zu beachten, dass das Gesellschaftsvermögen der GmbH nur noch in den Geschäftsanteilen der verbliebenen Gesellschafter reflektiert wird. Daraus kann sich – wie vom FG angenommen – eine Werterhöhung der Anteile der verbliebenen Gesellschafter ergeben. Denn es findet eine Wertverschiebung zu Lasten der eigenen und zu Gunsten der übrigen Gesellschaftsrechte statt.

Im Fall des Erwerbs eigener Anteile durch die GmbH kann sich aber auch der Substanzwert der Gesellschaft durch das Ausscheiden des veräußernden Gesellschafters über die Minderung des Geldbestands für den Erwerb der Anteile hinaus verringern. So kann der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft etwa durch firmenwertbildende Faktoren (z. B. das Entfallen des Kundenstamms oder von Know-how) weiter absinken, sodass es zu keiner Werterhöhung der Anteile der GmbH-Gesellschafter kommen kann.

Maßgebend ist, ob am Stichtag eine Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft eingetreten ist. Auf eine Realisation der Werterhöhung kommt es nicht an. Dementsprechend ist es auch ohne Belang, welche ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen z. B. eine künftige Veräußerung der Anteile hätte. Eine evtl. Doppelbelastung der Werterhöhung mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer könnte erst bei einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile berücksichtigt werden.

Unternehmen: Allgemein

1. Bekanntgabe eines Bescheids: Was gilt, wenn es mehrere Bevollmächtigte gibt?

Verwaltungsakte müssen wirksam bekannt gegeben werden. Gibt es mehrere Personen, die zum Empfang eines Verwaltungsaktes bevollmächtigt sind, muss das Finanzamt bei der Frage, welchem Bevollmächtigten letztendlich der Verwaltungsakt bekanntzugeben ist, eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung treffen.

Hintergrund

Die D-Steuerberatungs-GmbH (D-GmbH) übermittelte dem Finanzamt am 12.4.2011 eine Vollmacht zur Vertretung der Klägerin, die auch eine Bekanntgabevollmacht beinhaltete. Zwischen der Klägerin und dem Finanzamt entstand ein Streit im Festsetzungsverfahren zur Umsatzsteuer 2010 bis 2015 sowie bezüglich der steuerlichen Nebenleistungen. In der Folge setzte das Finanzamt Umsatzsteuer sowie Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 3.337.327 EUR bestandskräftig fest. Diesen Betrag beglich die Klägerin.

Ein erster Antrag der Klägerin auf Erlass dieser Abgaben für die Jahre 2010 bis 2012 blieb ohne Erfolg. Die Klägerin wurde dabei von der Rechtsanwaltskanzlei F vertreten. Dieser wurden auch die Ablehnung des Erlassantrags und die Einspruchsentscheidung bekanntgegeben.

Am 2.1.2023 stellte die Klägerin, jetzt vertreten durch die Bevollmächtige G, einen weiteren Antrag auf Billigkeitserlass der Umsatzsteuer 2010 bis 2015 einschließlich der steuerlichen Nebenleistungen. Die von G vorgelegte, auf den 29.12.2022 datierte Vollmacht hatte die Erhebung der Umsatzsteuer ab dem Jahr 2010 einschließlich einer Bekanntgabevollmacht zum Gegenstand. Am 22.3.2023 lehnte das Finanzamt diesen Erlassantrag ab und adressierte den Bescheid an die D-GmbH. Diese leitete das Schreiben erst am 17.4.2024 an die G weiter, die am 11.5.2023 Einspruch gegen die ablehnende Entscheidung des Finanzamts einlegte. Das Finanzamt verwarf diesen Einspruch als unzulässig.

Entscheidung

Das FG hat der Klägerin Recht gegeben und die den Einspruch als unzulässig verwerfende Einspruchsentscheidung aufgehoben. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Ein Verwaltungsakt ist grundsätzlich demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine Empfangsvollmacht vorliegt. Gibt das Finanzamt einen Verwaltungsakt dem Steuerpflichtigen bekannt, obwohl es ihn dem Bevollmächtigten hätte bekannt geben müssen, ist die Bekanntgabe nach ständiger Rechtsprechung zunächst mit der Folge unwirksam, dass die Einspruchsfrist nicht zu laufen beginnt. Der Bekanntgabemangel wird erst durch Weiterleitung an den Empfangsbevollmächtigten geheilt.

Der Fall, dass mehrere Bevollmächtigte schriftlich zum Empfang von Verwaltungsakten legitimiert sind, ist nicht ausdrücklich geregelt. Das Finanzamt hatte deswegen bei der Frage, welchem Bevollmächtigten die Ablehnungsentscheidung bekanntzugeben war, nach allgemeinen Grundsätzen eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung zu treffen, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt, nämlich auf Ermessensfehler, überprüfbar ist.

Nach der am 29.12.2022 erteilten schriftlichen Vollmacht konnten keine vernünftigen Zweifel verbleiben, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem spezifischen Themenkreis der Reduzierung der Umsatzsteuer samt Nebenleistungen für die Jahre 2010 bis 2015 die behördliche Entscheidung an die aus ihrer Sicht sachnächste G bekanntgegeben wissen wollte.

2. Kann eine fehlerhafte Rechnung rückwirkend korrigiert werden?

Eine rückwirkende Korrektur von Rechnungen ist nicht möglich, wenn sowohl die Zusammenfassenden Meldungen als auch die Rechnungen zunächst keine Hinweise auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft enthalten. Vielmehr gilt eine solche Rechnung als erstmalig ausgestellt.

Hintergrund

In den Jahren 2008 bis 2013 betrieb der Kläger einen Großhandel mit landwirtschaftlichen Maschinen.

Die Maschinen wurden vom Kläger bei den Herstellern bestellt und von dort direkt an die Kunden in verschiedenen Mitgliedstaaten geliefert.

Die Versendung erfolgte unter Verwendung der USt-IdNr. des Ansässigkeitsstaates. Auch die Endkunden verwendeten jeweils die USt-IdNr. ihres Ansässigkeitsstaates.

Für die Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten nach Polen erklärte der Kläger in seinen deutschen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre auf der Eingangsseite umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland und machte zugleich den Vorsteuerabzug geltend.

Er erklärte die Weiterlieferungen in Polen als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Sowohl die Zusammenfassenden Meldungen des Klägers für die Streitjahre als auch die Rechnungen des Klägers an seine Kunden enthielten zunächst keine Hinweise auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft.

Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass in Bezug auf die Lieferungen zwischen den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Herstellern, dem Kläger und den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Kunden innergemeinschaftliche Reihengeschäfte vorliegen würden. Die Beförderung oder Versendung könne aber jeweils nur einer Lieferung zugeordnet werden. Dies seien jeweils die Lieferungen der Hersteller an den Kläger. Der Ort der Lieferungen des Klägers an seine Kunden liege jeweils im Abnehmerstaat (zumeist Polen), wo die Beförderung oder Versendung geendet habe. Dort hätte sich der Kläger jeweils für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren und seine Umsätze aus den Lieferungen an die Kunden erklären müssen. Der Kläger hätte dort zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern müssen und zugleich den Vorsteuerabzug vornehmen dürfen. Von der Vereinfachungsregel für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

Da die Versteuerung der zweiten Lieferung im jeweiligen Zielstaat bisher unterblieben sei, gelte der steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerb des Klägers als in Deutschland bewirkt.

Der Kläger erteilte daraufhin berichtigte Rechnungen und übermittelte am 14.6.2016 berichtigte Zusammenfassende Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern.

In den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden berücksichtigte das Finanzamt u. a. den Vorsteuerabzug aus den erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben nicht und minderte auch die erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen um die in Deutschland nicht steuerbaren Umsätze.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Das FG gab der Klage statt.

Entscheidung

Der BFH hält die vom Finanzamt eingelegte Revision für begründet.

Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe des Klägers liegt im Bestimmungsland.

Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

Im Streitfall sind die Warenbewegungen der ersten Lieferung an den Kläger zuzuordnen. Die Maschinen wurden jeweils durch den Hersteller oder den Kläger versendet. Der Kläger hat seinen Kunden in keinem Fall bereits vor der Warenbewegung die Verfügungsmacht an den Maschinen übertragen.

Sowohl der Ort der Lieferungen des Klägers an seine Kunden als auch der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs des Klägers liegt im Bestimmungsland (i. d. R. Polen); denn es liegt ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft vor, bei dem die Warenbewegung der ersten Lieferung an den Kläger zuzurechnen ist.

Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet. Der innergemeinschaftliche Erwerb durch den Abnehmer wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet.

Da die Warenbewegung der ersten Lieferung der Hersteller an den Kläger zuzuordnen ist, liegt der Ort der zweiten Lieferung des Klägers an seine Abnehmer im Bestimmungsland. Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe des Klägers liegt ebenfalls dort. Der Kläger hätte in den Bestimmungsländern innergemeinschaftliche Erwerbe erklären müssen, zugleich diese Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können sowie seine Ausgangsumsätze an die Erwerber im Bestimmungsland erklären und versteuern müssen.

Der innergemeinschaftliche Erwerb ist aber daneben auch in Deutschland bewirkt.

Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-IdNr., gilt der Erwerb im Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt.

Im Streitfall hat der Kläger gegenüber den Herstellern aus anderen Mitgliedstaaten seine deutsche USt-IdNr. verwendet.

Die Ortsregelung gilt so lange, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte als besteuert gilt, wenn der erste Abnehmer seiner entsprechenden Erklärungspflicht nachgekommen ist. Eine Besteuerung im Bestimmungsland wurde vom Kläger nicht nachgewiesen und ergibt sich auch nach Aktenlage nicht.

Im Streitfall lagen die Voraussetzungen der Besteuerungsfiktion nicht vor. Das gilt schon für die im Streitfall umstrittene Voraussetzung, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung erteilt haben muss, in der auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen ist. Dieser Hinweis fehlte in den ursprünglichen Rechnungen.

Soweit die berichtigten Rechnungen aus dem Jahr 2016 diese Voraussetzungen erfüllen, kommt der Berichtigung dieser Rechnungen keine Rückwirkung zu.

Das nachträgliche Erfüllen einer notwendigen Tatbestandsvoraussetzung ist keine Korrektur, sondern das erstmalige Ausstellen der vorausgesetzten Rechnung.

Unternehmen: Spezialthemen Personal

1. Inflationsausgleichsprämie: Kein Anspruch während Elternzeit

Verstößt es gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, wenn Beschäftigte in Elternzeit keine Inflationsausgleichsprämie erhalten? Nein, entschied das LAG Düsseldorf. Der Tarifvertrag durfte Beschäftigte in Elternzeit von der Inflationsausgleichsprämie ausschließen.

Hintergrund

Die Arbeitnehmerin ist seit 2019 bei ihrem Arbeitgeber, einer Kommune, im Technischen Dienst beschäftigt. Von Juni 2022 bis April 2024 war sie in Elternzeit. Ab Dezember 2023 begann sie wieder mit einem Umfang von 24 Stunden die Woche in Teilzeit zu arbeiten. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-VK) Anwendung.

Beschäftigte in diesem Geltungsbereich haben aufgrund des TV Inflationsausgleich, dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise, ab 2023 einen Anspruch auf einen Inflationsausgleich. Dieser sieht eine einmalige Zahlung von 1.240 EUR im Juni 2023 und monatliche Zahlungen von 220 EUR in der Zeit von Juli 2023 bis Februar 2024 vor.

Ausgeschlossen davon sind nach der Regelung jedoch Beschäftigte in Elternzeit, da Voraussetzung für die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie ist, dass an mindestens einem Tag ein Anspruch auf Entgelt bestanden haben muss. Der Arbeitgeber zahlte der Arbeitnehmerin diesen Inflationsausgleich nur für die Monate Januar und Februar 2024 und zwar anteilig i. H. v. 135 EUR.

Die Arbeitnehmerin war der Ansicht, der TV Inflationsausgleich verstoße, soweit er Beschäftigte in Elternzeit von dem Bezug der Sonderzahlung Inflationsausgleich ausschließt, gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und begründe zudem eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Seine Entgeltbezugsregelung stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, da Mütter im Allgemeinen länger in Elternzeit gingen als Väter.

Der Arbeitgeber vertrat dagegen die Ansicht, dass die Tarifregelung, die Beschäftigte in Elternzeit von der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie ausnimmt, unter die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie falle. Die Regelung verstoße weder gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot noch gegen das Diskriminierungsverbot. Das Arbeitsgericht hielt in der ersten Instanz die tarifvertragliche Regelung für unzulässig. Auch wer in Elternzeit sei, müsse die Prämie erhalten.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht erklärte die tarifliche Regelung dagegen für wirksam, da kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und keine Geschlechterdiskriminierung vorliege.

Die Tarifvertragsparteien dürften den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen, stellte das Gericht fest. Die Differenzierung sei sachlich gerechtfertigt und stelle keine mittelbare Diskriminierung dar. In der Begründung verwies das Gericht darauf, dass der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolge und arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet sei. Fehle es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, könne der Anspruch zulässigerweise ausgeschlossen werden.

Auch dass Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, nach dem Tarifvertrag einen Inflationsausgleich erhalten, hielt das Gericht für rechtens. Dies erfolge aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Aus Sicht des Gerichts durften die Tarifvertragsparteien für diese Beschäftigten andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Denn die Inanspruchnahme einer Elternzeit sei im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes trete dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

Da das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin während der Elternzeit ruhte, erfüllte die Arbeitnehmerin die Voraussetzungen für die Zahlung eines Inflationsausgleichs – außer während der Teilzeittätigkeit – nicht. Der Arbeitgeber sei dementsprechend nur verpflichtet, der Mitarbeiterin einen Inflationsausgleich noch für Dezember 2023 zu zahlen. In diesem Monat hatte sie an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt.

2. Teilzeit: Arbeitgeber darf Antrag aus betrieblichen Gründen ablehnen

Das Teilzeitverlangen eines Mitarbeiters, der im Schichtdienst eines Chemieunternehmens tätig ist, lehnte der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen ab. Zu Recht, entschied das Arbeitsgericht.

Hintergrund

Der Mitarbeiter ist als Chemikant in einem Unternehmen der chemischen Industrie beschäftigt. Dort arbeitete er zuletzt als Schichtleiter in Vollzeit mit einer Wochenstundenanzahl von 37,5 Stunden. Seine Arbeit in einem Tanklager wollte er ab 2023 befristet bis 2028 auf durchschnittlich 35 Wochenstunden reduzieren. Zudem wünschte er eine Neuverteilung der Arbeit. Bislang ist er im 5-Schicht-Wechselschichtmodell tätig. Es besteht aus 5 Schichtgruppen, die den Betrieb im Tanklager an 365 Tagen rund um die Uhr aufrechterhalten. Gearbeitet wird in 3 Schichten (Früh, Spät- und Nachtschicht), wobei für jede Schicht 2 Schichtleiter eingeplant werden, um Personalengpässen vorzubeugen. Für jeden Mitarbeiter errechnet sich in diesem Modell zunächst eine Wochenarbeitszeit von 33,6 Stunden. Um die Differenz zur eigentlichen Arbeitszeit auszugleichen, sind Ausgleichsschichten zu leisten.

Der Arbeitgeber lehnte den Antrag auf Teilzeit aus betriebsbedingten Gründen ab. Zuvor hatte er erfolglos eine Ersatzkraft für den Arbeitnehmer gesucht. Der Arbeitnehmer ging gerichtlich gegen die Ablehnung vor. Er war überzeugt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, seinem Teilzeitbegehren zuzustimmen. Er könne weiter im Schichtdienst arbeiten, nur die Ausgleichsschichten müssten reduziert werden. Der Arbeitgeber war dagegen der Meinung, dass das Organisationskonzept eines „rund um die Uhr“ Anlagebetriebs sowie das bestehende Arbeitszeitmodell eine Teilzeittätigkeit des Schichtleiters ausschließen. Um dem Arbeitnehmer Teilzeit zu ermöglichen, müsse er bei den anderen Mitarbeitenden Mehrarbeit anordnen.

Entscheidung

Vor dem Arbeitsgericht unterlag der Arbeitnehmer mit seiner Klage. Das Gericht erkannte, dass die betrieblichen Gründe einem Verlangen nach Teilzeit vorliegend entgegenstehen. In der Begründung wies es daraufhin, dass es sich bei den „entgegenstehenden betrieblichen Gründen“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff handele. Daher habe das entscheidende Gericht einen Beurteilungsspielraum.

Entsprechend der BAG-Rechtsprechung habe die Prüfung regelmäßig in 3 Stufen zu erfolgen. In der ersten Stufe sei zunächst festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept, also ein Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll, zu Grunde liegt und wenn das zutrifft, um welches Konzept es sich handelt.

In der zweiten Stufe sei zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht. In einer dritten Stufe schließlich müsse dann das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe geprüft werden.

Dabei sei die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zu Grunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung seiner Arbeitszeit beeinträchtigt wird – und zwar zum Zeitpunkt der Ablehnung.

Im vorliegenden Fall stellte das Arbeitsgericht fest, stehe das 5-Schicht-Wechselschichtmodell dem Teilzeitbegehren des Schichtleiters entgegen. Für den Arbeitgeber bestehe keine zumutbare Möglichkeit, die betriebliche Arbeitszeitgestaltung mit dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers in Einklang zu bringen. Dies begründete das Gericht vor allem damit, dass es in der aktuellen Personalsituation für das Tanklager nur 10 Schichtleiter gebe, wobei pro Schicht jeweils 2 eingesetzt werden müssten.

Wenn der Arbeitnehmer seinem Teilzeitwunsch entsprechend nur noch weniger Ausgleichsschichten für den Arbeitgeber ableisten würde, hätte dies rechnerisch zwingend zur Folge, dass die anderen Mitarbeitenden mehr arbeiten müssten. Der Arbeitnehmer könne vom Arbeitgeber aber nicht verlangen, den Arbeitsausfall durch die Anordnung von Überstunden für andere Arbeitnehmer auszugleichen.

Unternehmen: Spezialthemen Kapitalgesellschaften

1. Ende einer Beteiligung: Was passiert mit den Schuldzinsen?

Ein Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach einer Anteilsveräußerung kann für denjenigen Veranlagungszeitraum, in dem eine Beteiligung veräußert wird, als erstes Antragsjahr gestellt werden, wenn der Antragsteller in diesem Veranlagungszeitraum bis zur Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Beteiligungsvoraussetzungen müssen nur für das erste Antragsjahr erfüllt sein; ihr Wegfall in einem der folgenden 4 Veranlagungszeiträume ist unerheblich.

Hintergrund

Der Kläger war als Gesellschafter am Stammkapital der K-GmbH seit dem Anteilserwerb im Jahr 2000 bis zur Veräußerung des Anteils zu einem Drittel beteiligt.

Die Anschaffungskosten des Geschäftsanteils hatte der Kläger fremdfinanziert.

In 2010 veräußerte der Kläger seinen Geschäftsanteil, wobei ein Schuldüberhang aus dem Finanzierungsdarlehen verblieb, auf den der Kläger in den Jahren 2010 bis 2014 noch Schuldzinsen zahlte.

In der Einkommensteuererklärung für den nicht streitbefangenen Veranlagungszeitraum 2010 erklärte der Kläger Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der K-GmbH und beantragte die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für die Bezüge aus der Beteiligung und den Abzug der angefallenen nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt folgte dem Antrag.

In den Streitjahren 2011 bis 2014 machte der Kläger die gezahlten Schuldzinsen unter Beachtung des Teilabzugsverbots zu jeweils 60 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Das Finanzamt erkannte die gezahlten Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an. Wegen der Veräußerung der Beteiligung seien die Antragsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt.

Die vom Kläger eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Das FG hat der Klage stattgegeben.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und den Klägern Recht gegeben.

Es ist geklärt, dass Schuldzinsen, auch soweit sie wirtschaftlich im Zusammenhang mit voll steuerpflichtigen Kapitalerträgen aus der Beteiligung vor dem 1.1.2009 stehen, unter das Werbungskostenabzugsverbot fallen, wenn sie nach dem 31.12.2008 abfließen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Werbungskostenabzugsverbot aufgrund einer Option zum Teileinkünfteverfahren keine Anwendung findet.

Für den Veranlagungszeitraum 2010 hat der Kläger wirksam einen erstmaligen Antrag gestellt. Das Teileinkünfteverfahren ist auch in den Folgejahren innerhalb des gesetzlichen 5-Jahreszeitraums der Antragsdauer anzuwenden.

Auf Antrag gilt der gesonderte Tarif nicht für Kapitalerträge aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist.

Der Antrag für die jeweilige Beteiligung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt worden ist. Er ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden 4 Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Der Kläger hat für den Veranlagungszeitraum 2010 die Antragsvoraussetzungen erfüllt und den Antrag auch fristgerecht mit Abgabe der Einkommensteuererklärung 2010 gestellt.

Er war in 2010 bis zur Veräußerung seiner Anteile zu einem Drittel an der K-GmbH beteiligt.

Die unterjährige Veräußerung der Beteiligung steht der Antragstellung nicht entgegen. Es reicht aus, wenn der Antragsteller im Veräußerungsjahr zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Das Erzielen von Kapitalerträgen in diesem Veranlagungszeitraum ist nicht erforderlich; es genügt die abstrakte Möglichkeit, aus der Beteiligung in diesem Veranlagungszeitraum Kapitalerträge erzielen zu können.

Unerheblich für die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ist, dass der Kläger nach der wirksamen Antragstellung für den Veranlagungszeitraum 2010 als Erstjahr in den folgenden 4 Veranlagungszeiträumen nicht mehr an der K-GmbH beteiligt war. Das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen ist vom Finanzamt zu unterstellen. Diese müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen; ihr Wegfall in den folgenden 4 Veranlagungszeiträumen ist unerheblich. Dies gilt nach einer wirksamen Antragstellung für alle materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen, einschließlich des Wegfalls der Beteiligung innerhalb des 5-Jahreszeitraums.

2. GmbH-Gesellschafterliste: Ist der Datenschutz für die GmbH-Gesellschafter zu beachten?

Ein Anspruch auf Löschung von personenbezogenen Daten, die in einer beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste enthalten sind, besteht auch dann nicht, wenn diese Daten gesetzlich nicht vorgeschrieben sind und ein Austausch mit einer „bereinigten“ Gesellschafterliste möglich ist.

Hintergrund

Der Gesellschafter(-Geschäftsführer) einer GmbH beantragte die Löschung personenbezogener Daten aus der Gesellschafterliste. Am 2.7.2012 wurde eine Gesellschafterliste der GmbH in den Registerordner aufgenommen, in der u. a. nicht nur der Wohnort, sondern die genaue Wohnanschrift mit Angabe der Straße und Hausnummer angegeben war, was von Gesetzes wegen nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 23.11.2023 beantragte der Gesellschafter, jene Angaben als personenbezogene Daten aus der Gesellschafterliste zu löschen. Hierzu war dem Schreiben eine vom Gesellschafter mit Datum vom 2.7.2012 unterschriebene Gesellschafterliste beigefügt, in der für den Gesellschafter lediglich der Wohnort angegeben war und mit der aktuellen Liste ausgetauscht werden sollte.

Entscheidung

Das OLG gab dem Registergericht recht und bestätigte dessen Entscheidung. Es bestehe kein Anspruch auf Löschung der Daten.

Die Angabe der vollständigen Wohnanschrift sei zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben; eine Anspruchsgrundlage für die geforderte Löschung der Daten bzw. Austausch der Liste sei aber nicht ersichtlich.

Die DSGVO, auf dessen Grundlage betroffene Personen die Löschung personenbezogener Daten verlangen können, finde im Registerwesen keine Anwendung. Die Tätigkeit eines Hoheitsträgers, übermittelte Daten zur Erfüllung von Publizitätspflichten in einer Datenbank zu speichern und Einsicht zu gewähren, gehöre zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse und stelle eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe dar. Das Registergericht sei zur Datenverarbeitung verpflichtet.

Eine gesetzliche Ermächtigung, Dokumente nachträglich zu verändern bzw. diese nachträglich der unbeschränkten Einsicht zu entziehen, sei nicht vorhanden. Insbesondere bei den Gesellschafterlisten erfordere die auf ihnen beruhende Legitimationswirkung, chronologisch die dort angegebene Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen unzweifelhaft nachvollziehen zu können. Selbst die Entfernung oder Korrektur einer fehlerhaften Liste sei daher nicht möglich, sondern lediglich die Aufnahme einer neuen fehlerfreien Liste. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtswirkung sei die Aufnahme der jeweiligen Gesellschafterliste in das Handelsregister. Vorliegend bestünde bei einer Ersetzung der am 2.7.2012 in den Registerordner aufgenommenen Liste durch eine neue Liste für den Rechtsverkehr völlige Unklarheit über den Gesellschafterbestand im Zeitraum zwischen der Aufnahme und der Entfernung der alten Liste.

Weiterhin habe der EuGH bereits zur abgelösten Datenschutzrichtlinie betont, dass die Registerpublizität Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz genieße. Nichts anderes könne für die Rechtslage seit Inkrafttreten der DSGVO gelten.

Unternehmen: Spezialthemen Immobilien

1. Mieterstrom und Vorsteuerabzug

Der BFH musste sich mit der Frage befassen, ob die Lieferung von selbst erzeugtem Strom eine Hauptleistung ist, selbst wenn dem Leistungsempfänger des Stroms daneben umsatzsteuerfrei Wohnraum vermietet wird und der Strom vom Mieter dort genutzt wird. Er entschied, dass die Lieferung von Mieterstrom nicht zwingend eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Vermietung ist. Dies eröffnet einen Vorsteuerabzug bei Versteuerung der Mieterstrom-Lieferung als Ausgangsleistung.

Hintergrund

Der Kläger erbringt steuerfreie Vermietungsleistungen aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses und eines Doppelhauses.

Der Kläger ließ auf den Dächern dieser Objekte jeweils PV-Anlagen mit Speichern installieren.

Für beide Photovoltaikanlagen wurden jeweils 2 Messungen verbaut.

Die erste Messung erfasst die Gesamtproduktion des Stroms.

Der erzeugte Strom, der direkt über den Batteriespeicher an die Mieter fließt, läuft über eine entsprechende Messung.

Der überschüssige Strom wird an die N-GmbH geliefert.

Der ggf. von den Mietern zusätzlich benötigte Strom (Reststrom) wird im Namen und im Auftrag des Klägers über die E-GmbH bzw. G-AG bezogen und mit einem Gewinnaufschlag an die Mieter abgegeben.

Der Kläger rechnete mit den Mietern den Strom jährlich ab. Unterjährig waren monatliche Abschläge zu entrichten.

Der Vermieter und Kläger schloss neben den jeweiligen Mietverträgen eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über die Stromversorgung ab.

Nach der Zusatzvereinbarung kann der Stromlieferungsvertrag mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Außerdem ist geregelt, dass der Mieter für den Fall, dass er nach der Kündigung anderweitig den Strom beziehe, die Kosten der Umbaumaßnahmen der Zähleranlage zu tragen habe.

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2018 machte der Kläger die Vorsteuer aus dem Erwerb der PV-Anlage nebst Batteriespeicher geltend.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, da es sich um eine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung handelt und ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei.

Das FG ließ den Vorsteuerabzug aus dem Anlagenerwerb zu. Die Stromlieferung sei keine unselbstständige Nebenleistung zu den umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und den begehrten Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von PV-Anlagen nebst Batteriespeicher gewährt.

Bei der Abgrenzung, ob es sich um mehrere Hauptleistungen oder ein Hauptleistung und eine Nebenleistung handelt, sind bei Vermietung von Immobilien 2 Fallgruppen zu unterscheiden:

Die Lieferung von Mieterstrom stellt unter Anwendung der Abgrenzungsgrundsätze im Entscheidungsfall eine eigene Hauptleistung dar. Dafür spreche Folgendes:

Der begehrte Vorsteuerabzug aus dem Anlagenerwerb wurde zugelassen. Die Kosten des Vermieters für die Anschaffung einer PV-Anlage stehen nicht in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der steuerfreien Wohnungsvermietung, sondern mit der umsatzsteuerpflichtigen Stromlieferung.

Sonderthemen

1. Klageerhebung per Fax ist nicht mehr zulässig

Eine Klageerhebung per Fax ist nach dem 1.1.2023 nicht zulässig.

Hintergrund

Im März 2023 wurde gegen Einkommensteuerbescheide Klage eingereicht. Die Steuerberatungsgesellschaft vertrat die Kläger hierbei und reichte die Klage per Fax und Brief ein.

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war die Steuerberatungsgesellschaft noch nicht für das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) registriert gewesen. Laut deren Angaben erhielt man zwar den Registrierungsbrief Ende Februar 2023. Die Einrichtung erfolgte jedoch aufgrund von Erkrankung, technischer Probleme und Arbeitsüberlastung noch nicht.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG entschied, dass die Steuerberaterplattform- und -postfachverordnung (StBPPV) wirksam zustande gekommen seien. Es bestünde eine aktive Nutzungspflicht, selbst wenn man eine Unwirksamkeit der StBPPV unterstellen würde. Die Klageeinreichung per Fax sei nur bei vorübergehender technischer Störung zulässig, nicht jedoch bei Verzögerungen bei der Einrichtung des Postfachs.

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da die Kläger nicht ohne Verschulden an der fristgerechten elektronischen Übermittlung gehindert gewesen seien.

2. Einreichung elektronischer Dokumente bei Gericht: Welches Dateiformat ist vorgeschrieben?

Ein elektronisches Dokument ist im Rahmen einer elektronischen Akte nur dann für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es ein bestimmtes Dateiformat aufweist und in diesem in der elektronischen Poststelle des Gerichts eingegangen ist. Welche Dateiformate zulässig sind, regelt die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV).

Hintergrund

Am 25.1.2024 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Revisionsschrift als Word-Dokument-Datei in dem Format DOCX über ihr besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) an die elektronische Poststelle des BFH übermittelt.

Mit Schreiben vom selben Tag wies die Geschäftsstelle des V. Senats des BFH die Prozessbevollmächtigte gegen elektronisches Empfangsbekenntnis darauf hin, dass die ERVV eine Übermittlung elektronischer Dokumente im Dateiformat PDF bzw. TIFF erfordere. Die Nachricht der Prozessbevollmächtigten entspreche nicht diesem Erfordernis.

Eine Nachricht der Prozessbevollmächtigten des Klägers über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach an das elektronische Postfach der Verwaltung des BFH (besonderes elektronisches Behördenpostfach – beBPo -) enthielt im Anhang eine Datei in dem Format ZIP, in der wiederum das Schreiben der Geschäftsstelle vom 25.1.2024 an die Prozessbevollmächtigte in dem Dateiformat PDF enthalten war.

In einem Telefonat am 26.1.2024 zwischen der Geschäftsstelle und der Prozessbevollmächtigten „über das eingegangene Dokument“, erklärte diese, dass sie glaubte, das elektronische Empfangsbekenntnis übermittelt zu haben. Das elektronische Empfangsbekenntnis zu dem Schreiben der Geschäftsstelle vom 25.1.2024 ging am 13.2.2024 beim BFH ein. Am 27.2.2024 übermittelte die Prozessbevollmächtigte die von ihr qualifiziert elektronisch signierte Revisionsbegründungsschrift als Datei in dem Format PDF über das beSt an das beBPo des BFH, die dort am selben Tag einging. Die Revisionsbegründungsschrift wurde am 28.2.2024 zur elektronischen Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens genommen.

Entscheidung

Die Revision ist unzulässig, da sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt wurde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren.

Ein elektronisches Dokument ist jedenfalls bei führender elektronischer Akte nur dann für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es in einem der in der ERVV genannten Dateiformate (PDF oder wenn bildliche Darstellungen in diesem Format nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, zusätzlich im Dateiformat TIFF) in der elektronischen Poststelle des Gerichts eingegangen ist.

Die ERVV ordnet nach ihrem Wortlaut („ist“) das für die Übermittlung als elektronisches Dokument zu verwendende Dateiformat verpflichtend an.

Es kommt nicht in Betracht, es für eine „Bearbeitbarkeit“ genügen zu lassen, dass das Gericht das konkret eingereichte elektronische Dokument in der Weise selbst bearbeitet, dass es aus diesem ein – neues – elektronisches Dokument in dem vorgeschriebenen Dateiformat erstellt und dadurch diesen Formfehler „heilt“.

Die Pflicht zur Verwendung des Dateiformats PDF bei Einreichung elektronischer Dokumente ist auch verfassungsgemäß.

Der Gesetzgeber darf Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Solche Einschränkungen müssen jedoch mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Auch ein Richter muss die Tragweite des Grundrechts auf einen effektiven Rechtsschutz beachten. Die Grundsätze gelten nicht nur für den ersten Zugang zum Gericht, sondern für die Ausgestaltung des gesamten Verfahrens.

Dem genügt die zwingende Verwendung des Dateiformats PDF.

Die Beschränkung auf das Dateiformat PDF ist auch deshalb verhältnismäßig, weil die Unwirksamkeit des Eingangs aufgrund der Ungeeignetheit zur Bearbeitung infolge der Verwendung eines anderen Dateiformats niederschwellig und verschuldensunabhängig geheilt werden kann und das Gericht verpflichtet ist, hierauf hinzuweisen.

Im Streitfall ist das Urteil dem Kläger am 28.12.2023 zugestellt worden, sodass die Revisionsfrist mit Ablauf des 29.1.2024 endete.

Die am 25.1.2024 über das beSt als Word-Dokument-Datei eingereichte Revisionsschrift hat die Frist nicht gewahrt, da sie als elektronisches Dokument nicht für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet war.

Die Formunwirksamkeit der Revisionsschrift ist nicht geheilt. Trotz des Hinweises der Geschäftsstelle des BFH vom 25.1.2024 auf das fehlerhafte Dateiformat und auf die Unwirksamkeit des Eingangs wurde das fehlerhafte Dokument nicht in dem Dateiformat PDF nachgereicht.

Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen i. d. R. das Verfahrensrecht kennen. Hiervon ist im elektronischen Rechtsverkehr jedenfalls auch die Pflicht umfasst, die zu übermittelnden Dokumente in dem vorgeschriebenen Dateiformat zu übermitteln. Eine Verletzung dieser Formvorschrift begründet grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden.

Wiedereinsetzung ist auch nicht von Amts wegen zu gewähren. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die am 27.2.2024 im beBPo eingegangene Revisionsbegründungsschrift als Nachholung der Revisionseinlegung anzusehen ist und ob die Antragsfrist erst mit dem Datum begann, das in das elektronische Empfangsbekenntnis zum Schreiben der Geschäftsstelle vom 25.1.2024 eingetragen wurde. Die Nachholung der versäumten Handlung ersetzt lediglich den Wiedereinsetzungsantrag, nicht jedoch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen, sodass einer Wiedereinsetzung das Verschulden der Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Frist auch insoweit entgegensteht.

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