Wie erfolgt die Bewertung des erworbenen Vermögens? 

Wenn Vermögen vererbt oder verschenkt wird, müssen die erwerbenden Parteien oft Steuern darauf entrichten. Da Steuern in Geldbeträgen bezahlt werden, ist es notwendig, dass das erworbene Vermögen bewertet und in eine Geldsumme umgerechnet wird. Dies geschieht mithilfe festgelegter Bewertungsmaßstäbe und Bewertungsmethoden, die im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt sind.

Was ist der Bewertungsmaßstab und die Bewertungsmethode?

Der Bewertungsmaßstab fungiert als „Umrechnungskurs“ im Steuerrecht, um den Wert von Sachgegenständen in Geldbeträge umzurechnen. Bewertungsmethoden sorgen dafür, dass alle Steuerpflichtigen nach denselben Regeln behandelt werden. Diese Standards sind im Bewertungsgesetz festgelegt, das für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben gilt, es sei denn, ein spezielles Steuergesetz hat eigene Bewertungsvorschriften, die dann vorrangig anzuwenden sind (§ 1 BewG).
Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz enthalten keine eigenen Bewertungsregeln und verweisen stattdessen auf das Bewertungsgesetz (§ 12 ErbStG).

Vermögen

Welche Kategorien gibt es beim zu bewertenden Vermögen?

Für die Bewertung des Vermögens im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird das Aktivvermögen in drei Kategorien eingeteilt:

  1. Unternehmensvermögen: Dazu zählen land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen (Einzelunternehmen, Freiberufler, Personengesellschaften) und Anteile an Kapitalgesellschaften mit einer unmittelbaren Mindestbeteiligung von mehr als 25 %.
  2. Grundbesitz: Hierzu gehören bebaute und unbebaute Grundstücke, die sowohl im In- als auch im Ausland gelegen sein können.
  3. Restliches Aktivvermögen: Darunter fallen Hausrat, Autos, Kunst, Geldvermögen, Wertpapiere und ähnliche Güter.
    Diese Einteilung ist bedeutend, da bestimmte gesetzliche Vorschriften speziell auf eine dieser Vermögensarten abzielen.

 

Bewertungsgegenstand (§ 2 BewG)


Der Bewertungsgegenstand ist die sogenannte wirtschaftliche Einheit (§ 2 BewG). Eine wirtschaftliche Einheit kann aus einem einzelnen Wirtschaftsgut oder aus mehreren Wirtschaftsgütern bestehen, die einem einheitlichen Zweck dienen und denselben Eigentümern gehören. Zum Beispiel wird eine Zahnarztpraxis als Ganzes bewertet und nicht die einzelnen Geräte und Möbelstücke separat.


Gemeiner Wert (§ 9 BewG)

Die Bewertung des Vermögens erfolgt grundsätzlich zum sogenannten gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 BewG). Der gemeine Wert ist ein objektiver Wert, der von subjektiven Einflüssen frei sein muss.

Welche Merkmale sind für die Wertfindung entscheidend?

  • Preis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr: Der Preis muss die Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt der Bewertung widerspiegeln.
  • Bewertungsstichtag: Der Preis ist der am Bewertungsstichtag erzielbare Preis.
    Gewöhnlicher Geschäftsverkehr: Der Preis kommt durch Angebot und Nachfrage am freien Markt ohne Zwangslage zustande.
  • Bewertung von Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 11 BewG)


Für die Bewertung von Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften gelten spezifische Regeln:

  • An der Börse notierte Wertpapiere: Hier wird der Kurswert am Bewertungsstichtag als Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt (§ 11 Abs. 1 S. 1 BewG).
  • Nichtnotierte Wertpapiere und Anteile: Der gemeine Wert wird aus Verkäufen innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag abgeleitet (§ 11 Abs. 2 BewG). Wenn solche Verkäufe nicht vorliegen, wird der Wert durch eine übliche Bewertungsmethode wie das Ertragswertverfahren oder das Discounted-Cash-Flow-Verfahren ermittelt.

Wichtige Aspekte

  • Substanzwert

    Der Substanzwert des Unternehmens bildet den Mindestwert und wird durch Addition der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Aktivvermögens und Subtraktion der gemeinen Werte der Schulden ermittelt (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG).

  • Paketzuschlag

    Wenn ein Gesellschafter mehr als 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält, kann ein Paketzuschlag angewendet werden, um den Wert der Beherrschung zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 BewG).

  • Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden (§ 12 BewG)

    Kapitalforderungen sind mit dem Nennbetrag zu bewerten, was der Rückzahlungsbetrag ist. Kapitalschulden werden korrespondierend bewertet.

Beispiele zur Veranschaulichung:

Um die verschiedenen Fälle einmal besser zu veranschaulichen, haben wir für Sie 3 einfache Beispiele aufgeführt. 

Anna erbt von ihrem verstorbenen Vater ein Mietshaus mit sechs Wohneinheiten in einer deutschen Großstadt. Da es sich um Grundbesitz handelt, wird die Bewertung nach dem Bewertungsgesetz (BewG) vorgenommen.

  • Die Bewertung erfolgt anhand des gemeinen Werts (§ 9 BewG), also des Marktwerts der Immobilie.
  • Falls kein aktueller Verkaufspreis vorliegt, wird das Mietshaus entweder nach dem Ertragswertverfahren (bei vermieteten Objekten) oder dem Sachwertverfahren bewertet.
  • Der Bewertungsstichtag ist der Todestag ihres Vaters.
  • Die Steuer wird auf Basis des ermittelten Werts berechnet, wobei Freibeträge und eventuelle Steuervergünstigungen für vermietete Immobilien gelten können.

 

Paul erbt 30 % der Anteile an der Familien-GmbH, die nicht börsennotiert ist. Die Bewertung erfolgt nach den Regeln des Bewertungsgesetzes (§ 11 BewG) für nicht börsennotierte Anteile:

  • Da keine Verkäufe innerhalb des letzten Jahres vorliegen, wird der gemeine Wert anhand einer anerkannten Bewertungsmethode ermittelt (z. B. Ertragswertverfahren oder Discounted-Cash-Flow-Verfahren).
  • Zusätzlich wird ein Paketzuschlag auf die Bewertung angewendet, da Paul mehr als 25 % der Anteile hält und somit eine gewisse Kontrolle über die Gesellschaft hat.
  • Der endgültige Wert wird als Grundlage für die Berechnung der Erbschaftsteuer herangezogen.

Lena erhält von ihrer Großmutter ein Wertpapierdepot mit Aktien verschiedener börsennotierter Unternehmen.

  • Für die Bewertung gilt der Kurswert am Bewertungsstichtag (§ 11 Abs. 1 BewG).
  • Da es sich um Börsenwerte handelt, ist die Bewertung einfach, weil der Wert unmittelbar aus den Börsenkursen abgeleitet werden kann.
  • Falls es sich um nicht börsennotierte Anteile handeln würde, müsste der gemeine Wert durch Verkäufe innerhalb des letzten Jahres oder eine anerkannte Bewertungsmethode bestimmt werden.
  • Lena muss je nach Freibeträgen und Steuerklasse gegebenenfalls Schenkungsteuer auf den ermittelten Wert zahlen.

Die Bedeutung der Planung und Beratung

Die Bewertung des erworbenen Vermögens ist ein komplexer Prozess, der jedoch durch das Bewertungsgesetz strukturiert und standardisiert wird. Diese Bewertungen sind entscheidend für die Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer, um sicherzustellen, dass alle Steuerpflichtigen gleichbehandelt werden. Indem Vermögenswerte nach festgelegten Bewertungsmaßstäben und -methoden bewertet werden, wird eine faire und transparente Besteuerung gewährleistet.


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Sabrina Bildhauer

Sabrina Bildhauer war Betriebswirtin und angehende Bilanzbuchhalterin in der Kanzlei Freber und Partner. Für Sie steht steht eine fortlaufende Weiterbildung rund um alle steuerlichen Themen an erster Stelle. Mit großem Interesse verfolgt Sie das Thema Erbschaft- und Schenkungsteuer und verfasste dazu unsere Blogbeiträge bis Anfang 2025.

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