Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsrecht

1. Hotelzimmer oder Ferienwohnungen für Arbeitnehmer: Gewerbesteuerliche Folgen einer Anmietung

Ist der Aufwand der Klägerin für die Anmietung von Unterkünften für ihre Arbeitnehmer dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnen? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Sächsische FG.

Hintergrund

Der Unternehmenszweck einer GmbH (der Klägerin) war die Reinigung, Wartung und Instandhaltung von Abwasseranlagen. Für die Ausübung ihrer Tätigkeit im überregionalen Bereich mietete die Klägerin in den Streitjahren am Ausführungsort Hotelzimmer oder Ferienwohnungen für die Arbeitnehmer an. Die dadurch entstandenen Aufwendungen berücksichtigte sie in ihren Bilanzen als Betriebsausgaben.

Nach einer Außenprüfung wurden vom Finanzamt (Beklagter) Gewerbesteuermessbescheide erlassen, in denen die Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzugerechnet wurden. Hiergegen legte die Klägerin Einsprüche ein, die vom Beklagten als unbegründet zurückgewiesen wurden. Die GmbH erhob in Folge Klage mit dem Begehren, die Aufwendungen für die Übernachtungen ihrer Arbeitnehmer nicht dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen und die entsprechenden Gewerbesteuermessbescheide daher entsprechend zu ändern. Als Begründung trug sie u. a. vor, dass entgegen der Ansicht des Beklagten die Hotelzimmer der Betreiber nicht als fiktives Anlagevermögen zuzuordnen seien. So gehörten gem. § 247 Abs. 2 HGB zum Anlagevermögen nur die Wirtschaftsgüter, die auf Dauer dazu bestimmt seien, dem Betrieb zu dienen. Bei dieser Prüfung sei der Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen, welcher das dauerhafte Vorhandensein dieser Wirtschaftsgüter voraussetze. So seien Wirtschaftsgüter stets dem Anlagevermögen zuzuordnen, wenn der Unternehmer auf den ständigen Gebrauch von diesen angewiesen sei, um seine Geschäfte durchführen zu können. Bei einer nur kurzfristigen Nutzung scheide dies jedoch aus.

Die Klägerin sei keineswegs auf den ständigen Gebrauch von Hotelzimmern angewiesen. Ihrem Unternehmenszweck – Kanal-, Rohr- und Abflussarbeiten – übe sie fast ausschließlich im regionalen Bereich ohne Übernachtungen aus, sodass sie entsprechende Räumlichkeiten gerade nicht vorhalten müsse. Die kurzfristige Anmietung der Räumlichkeiten (maximal 5 Tage) führe nicht zu einer fiktiven Eigentümerstellung.

Entscheidung

Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die von der Klägerin entrichteten Aufwendungen für die Anmietung von Hotelzimmern und Ferienwohnungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Streitjahre zu Unrecht anteilig hinzugerechnet.

Maßgeblich für die Hinzurechnung ist eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Das Eigentum wird hierbei voraussetzungslos fingiert. Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z. B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung). Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen.

Insoweit spricht insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt.

Die Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Die Zeitkomponente „dauernd“ ist dabei nicht als reiner Zeitbegriff im Sinn von „immer“ oder „für alle Zeiten“ zu verstehen, denn die kurzzeitige Anmietung/-pachtung selbst für einige Stunden steht grundsätzlich der Annahme von Anlagevermögen nicht entgegen. Da die Fiktion des Eigentums jedoch nicht weiterreichen darf, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet, ist auch die angenommene Dauer des fiktiven Eigentums auf die Dauer des jeweiligen Miet- oder Pachtverhältnisses zu begrenzen. Eine solche kurzfristige fiktive Eigentümerstellung zwingt nicht dazu, stets Anlagevermögen anzunehmen.

Eine nur vorübergehende Eigentümerstellung ist gerade typisch für die Fälle des Umlaufvermögens. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen ist deshalb allein, ob der Gegenstand auf Dauer dem Betrieb dienen soll. Es ist darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.

Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Folglich scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin für die Anmietung von Hotelzimmern und Ferienwohnungen in den Streitjahren nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen waren. Es handelt sich bei den Hotelzimmern und Ferienwohnungen nicht um (fiktive) Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der Klägerin.

2. Sind Haftungsbeträge als Werbungskosten abziehbar?

Zahlungen aufgrund einer Haftung nach § 69 AO sind grundsätzlich nachträgliche Werbungskosten, wenn die haftungsauslösende Pflichtverletzung während der Tätigkeit als Geschäftsführer verursacht wurde und ein objektiver Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der beruflichen Tätigkeit besteht.

Hintergrund

Die Klägerin war Gesellschafterin der Firma B-GmbH und dort als Geschäftsführerin angestellt. Mit Haftungsbescheid vom 3.11.2015 nahm das Finanzamt A sie für die Verkürzung von Umsatzsteuer der B-GmbH nach §§ 69, 71 AO in Anspruch. Nach der Begründung des Haftungsbescheids erfolgte die Inanspruchnahme infolge der als Geschäftsführerin begangenen Pflichtverletzung. Die Klägerin hat den Haftungsbetrag von 162.400 EUR am 19.4.2016 auf das Konto des Finanzamts A eingezahlt und diesen Betrag in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 beim Wohnsitzfinanzamt B steuermindernd geltend gemacht. Dieses lehnte jedoch die Berücksichtigung ab.

In dem nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens angestrengten Klageverfahren beantragte die Klägerin, den eingezahlten Haftungsbetrag als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Die Zahlung sei bereits dem Jahr 2015 zuzuordnen, da die Steuerfahndung das Bankschließfach, in dem sich das Bargeld zur Zahlung befunden habe, im Jahr 2015 versiegelt habe. Daher sei ihre Verfügungsbefugnis schon 2015 entfallen.

Entscheidung

Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Ausgaben erst mit Einzahlung des Geldbetrags auf das Konto des Finanzamts A am 19.4.2016 und nicht bereits bei Beschlagnahme des Bankschließfachs geleistet worden seien.

Bei der Geschäftsführerhaftung sind Zahlungen aufgrund eines auf § 69 AO gestützten Haftungsbescheids nach Auffassung mehrerer FG grundsätzlich nachträgliche Werbungskosten, wenn die haftungsauslösende Pflichtverletzung während der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer verursacht wurde und ein objektiver Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der beruflichen Tätigkeit besteht. Die Haftungsinanspruchnahme beruht dann nicht auf der Stellung als Gesellschafter, sondern ausschließlich auf dem Verhalten als Geschäftsführerin.

Die aus der Haftungsinanspruchnahme entstandenen Aufwendungen von 162.400 EUR sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständige Arbeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG jedoch nicht im Streitjahr 2015 zu berücksichtigen. Der Abfluss von Aufwendungen setzt eine Vermögensverschiebung zwischen 2 Rechtssubjekten voraus und muss daher „nach außen“ erfolgen. Durch die Beschlagnahme des im Bankschließfach befindlichen Geldes im Jahr 2015 durch Versiegelung des Fachs kann noch nicht von einer Vermögensminderung bei der Klägerin und einem Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ihr Bargeld ausgegangen werden, da durch diese Maßnahme keine nach außen sichtbare Vermögensverschiebung zwischen der Klägerin und dem hier nicht beklagten Finanzamt A stattgefunden hat. Überdies wurde das Schließfach bei der Bank lediglich versiegelt. Es wurde kein Geld der Klägerin durch die Steuerfahndung mitgenommen.

3. Voraussetzungen für wirtschaftliche Eingliederung bei umsatzsteuerlicher Organschaft

Die wirtschaftliche Eingliederung kann nicht nur aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen.

Hintergrund

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer G war, war die Vermietung und Verwaltung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Zur Geschäftstätigkeit der Klägerin gehörte u. a. die Verwaltung von Mieteinheiten, die sich auf 12 mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken befanden, die im Eigentum des G standen. Zudem mietete die Klägerin Büroräume von einer GbR, an der G zu 95 % beteiligt war.

Die Klägerin war Teil der „V Gruppe“, der mehrere Kapitalgesellschaften sowie eine Kommanditgesellschaft (KG) angehörten und die bis Ende 2011 Dienstleistungen im Immobilienbereich anbot. Hierzu gehörten neben der Sanierung und dem Neubau von Wohn- und Geschäftshäusern die Finanzierungsberatung von Anlegern und Eigentümern, die Vermittlung, Vermarktung, Vermietung und Verwaltung von Objekten sowie die Projektentwicklung, wobei jede Gesellschaft ihren eigenen Geschäftsbereich hatte. Die KG trat als Spitze der Unternehmensgruppe auf.

Im Jahr 2014 beantragte die Klägerin die Herabsetzung der Umsatzsteuer für die Streitjahre auf jeweils 0 EUR. Sie berief sich darauf, eine Organgesellschaft des G als Organträger gewesen zu sein. Die finanzielle und organisatorische Eingliederung ergebe sich aus der Eigenschaft des G als ihr geschäftsführender Alleingesellschafter. Ihre wirtschaftliche Eingliederung beruhe darauf, dass die GbR ihr Büroräume vermiete.

Einspruch und die nachfolgende erhobene Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG. Das FG hat rechtsfehlerhaft das Bestehen einer Organschaft i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG verneint. Es hat insbesondere nicht beachtet, dass die Klägerin aufgrund von Verflechtungen mit anderen Gesellschaften der V Gruppe, die selbst Organgesellschaften des G sein könnten, in das Unternehmen des G wirtschaftlich eingegliedert sein kann.

Die wirtschaftliche Eingliederung setzt bei einer Organschaft nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sind.

Bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung ist es dabei unschädlich, wenn die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt. Es genügt dann, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus, ohne dass die Organgesellschaft wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein braucht.

Die wirtschaftliche Eingliederung kann nicht nur aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen.

Im Streitfall hat das FG eine wirtschaftliche Eingliederung im Hinblick auf die Erbringung von Hausverwaltungsdiensten durch die Klägerin an G zwar insoweit zutreffend verneint, als Hausverwaltungsdienste – wie Buchführungs- und Personalverwaltungsleistungen oder ein Winterdienst – grundsätzlich standardisierte Dienstleistungen sind, für die es zahlreiche, mit relativ geringem Aufwand austauschbare Anbieter gibt.

Die wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des G kann sich aber im Streitfall aus der Bedeutung der Hausverwaltungsdienste für die Klägerin als Leistungserbringerin ergeben. Ob dies der Fall ist, lässt sich dem FG-Urteil nicht entnehmen.

Das FG hat zudem offengelassen, ob eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Klägerin und anderen Unternehmen der V Gruppe bestand. Dass die Klägerin nicht zum Gewinnausgleich gegenüber den anderen Unternehmen der V Gruppe verpflichtet war, schließt nicht aus, dass sich die wirtschaftliche Verflechtung aus anderen Gründen ergibt, zumal es das FG für möglich hielt, dass die Geschäftstätigkeit der Klägerin von den anderen Unternehmen der V Gruppe gefördert wurde.

Soweit das FG gegen die wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des G anführt, dass die Klägerin mit G keine Provisionsvereinbarung getroffen habe, lässt es dabei außer Betracht, dass die Verflechtung auch zwischen Schwestergesellschaften bestehen kann. Insoweit hat es das FG zu Unrecht dahinstehen lassen, ob aus dem Fehlen einer eigenen Kundenakquise auf eine Förderung der Unternehmenstätigkeit der Klägerin durch die anderen Unternehmen der V Gruppe geschlossen werden könnte und ob eine wirtschaftliche Eingliederung dieser anderen Unternehmen in das Unternehmen des G vorlag.

Kapitalanlage & Versicherung

1. Unfallbedingter Verdienstausfall: Wie ist die Entschädigungsleistung zu versteuern?

Erhält der Steuerpflichtige nach einem erlittenen Unfall eine Verdienstausfallentschädigung, deren Höhe nach der sog. modifizierten Nettolohnmethode berechnet wird, ist auch die ersetzte Mehrentschädigung in Form der sich ergebenden Mehrsteuer der Einkommensteuer zu unterwerfen.

Hintergrund

Mit ihrem Einspruch und der Klage begehrt die Klägerin, dass die Entschädigungszahlungen, die sich als rein verfahrensrechtliche Folge der für die Schadensregulierung gewählten Berechnungsmethode in Form der modifizierten Nettolohnmethode darstellten, nicht als Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG behandelt werden. Diese Vorschrift soll nicht Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen, sondern lediglich solche zur Abgeltung erlittener und zu erwartender Ausfälle von Einnahmen erfassen.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es vertritt die Auffassung, dass nur Entschädigungen der Besteuerung unterworfen werden, die Einnahmen ersetzen, nicht aber solche, die Ausgaben ausgleichen. Die Entschädigung muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen.

Diesen Rechtsgrundsätzen folgend ist nach Auffassung des FG sowohl der in den Streitjahren gewährte Schadenersatz für Verdienstausfall als auch die in den Streitjahren zugeflossene Erstattung der aus der Besteuerung des Verdienstausfalls resultierenden Steuerlast als Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu qualifizieren.

Eine Trennung der einheitlichen Vereinbarung in Schadenersatz für den ausgefallenen Nettolohn einerseits und in Schadenersatz für die darauf entfallende Einkommensteuer andererseits ist nach Auffassung des FG nicht möglich.

Land- und Forstwirtschaft

1. Nachlassverbindlichkeiten bei Betriebsaufgabe durch Erben

Die Einkommensteuer, die aufgrund einer durch die Erben rückwirkend erklärten Betriebsaufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs entsteht, kann nicht als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug gebracht werden.

Hintergrund

Die 6 Kläger sind Miterben zu gleichen Teilen nach dem im Jahr 2016 verstorbenen Erblasser E. Dieser war Inhaber eines verpachteten LuF-Betriebs. Die Erben erklärten nach dem Tod des E die Aufgabe des LuF-Betriebs auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des E unter Inanspruchnahme der Rückwirkung von maximal 3 Monaten nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG. Hierdurch entstand ertragsteuerrechtlich ein Aufgabegewinn gem. § 16 Abs. 3 EStG i. V. m. § 14 Satz 2 EStG.

Das für die Festsetzung der Einkommensteuer des E zuständige Finanzamt setzte mit Bescheid vom 30.8.2018 Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Veranlagungszeitraum 2016 unter Einbeziehung dieses Aufgabegewinns fest.

Mit Erbschaftsteuerbescheiden vom 14.1.2019 setzte das Finanzamt jeweils Erbschaftsteuer gegenüber den Klägern fest. Die auf den Aufgabegewinn im Veranlagungszeitraum 2016 entfallende Einkommensteuer, den darauf entfallenden anteiligen Solidaritätszuschlag und die darauf anteilig entfallende Kirchensteuer ließ es entgegen dem Antrag der Kläger nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zum Abzug vom Erwerb der Erbschaft zu.

Die Klage vor dem FG wegen der Nichtberücksichtigung der Einkommensteuer auf den Aufgabegewinn als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Bei einem Erwerb von Todes wegen können sich auch Steuerschulden aus der Veranlagung des Erblassers für das Todesjahr bereicherungsmindernd auswirken, obwohl sie beim Erbfall noch nicht rechtlich entstanden waren. Denn der Erbe hat diese Steuerschulden zu tragen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist jedoch, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb „für den Erblasser“ als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht. Das für das Erbschaftsteuerrecht maßgebliche Stichtagsprinzip steht dem Abzug dieser Steuerverbindlichkeiten nicht entgegen. Bereits zum Zeitpunkt der Steuerentstehung, also beim Tod des Erblassers, steht fest, dass die Belastung kraft Gesetzes mit Ablauf des Todesjahres eintreten wird.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Erben nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG einkommensteuerrechtlich rückwirkend die Aufgabe des LuF-Betriebs auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers erklären. In diesem Fall können sie die Einkommensteuer, die auf den Aufgabegewinn entsteht und die damit in Zusammenhang stehenden Nebensteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug bringen.

Zwar handelt es sich bei der mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandenen Einkommensteuer um diejenige des Erblassers für sein Todesjahr; allerdings entstand der Aufgabegewinn in Bezug auf den LuF-Betrieb erst durch die Aufgabeerklärung der Erben. Der Erblasser selbst hatte vor seinem Tod keine Aufgabeerklärung abgegeben, sodass im Zeitpunkt seines Todes ein LuF-Betrieb auf die Erben überging.

Lohn und Gehalt

1. Einkommensteuer bei Bediensteten zwischenstaatlicher Einrichtungen mit Wohnsitz und Beschäftigungsort im Inland

Wenn ein Bediensteter einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der seinen Wohnsitz und Beschäftigungsort im Inland hat, von der Einrichtung Arbeitslohn bezieht, der einkommensteuerfrei ist, können die damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Vorsorgeaufwendungen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.

Hintergrund

Der Kläger ist bei einer zwischenstaatlichen Einrichtung (Organisation) an deren Hauptsitz in Deutschland als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Organisation ist durch ein Übereinkommen mehrerer Vertragsstaaten errichtet worden. Deutschland hat mit der Organisation eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach die Organisation eine eigene Steuer auf die von ihr gezahlten Gehälter erhebt. Umgekehrt sind diese Gehälter unter Anwendung des Progressionsvorbehalts von der deutschen Einkommensteuer befreit. Die Organisation hat ein eigenes Sozialversicherungssystem eingerichtet; ihr Personal ist von sämtlichen Pflichtbeiträgen an deutsche Sozialversicherungsträger befreit.

Der Kläger begehrte bei seiner Einkommensteuerveranlagung 2016 den Abzug der an die Organisation gezahlten Beiträge zum dortigen Kranken- und Rentenversicherungssystem. Das Finanzamt lehnte dies ab und berücksichtigte den vom Kläger bezogenen steuerfreien Arbeitslohn bei der Ermittlung des Steuersatzes auf das übrige Einkommen des Klägers (Progressionsvorbehalt).

Das FG wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

Die vom Kläger an das eigene Sozialversicherungssystem der Organisation gezahlten Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung stehen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem von der Organisation bezogenen, in Deutschland einkommensteuerfreien Arbeitslohn, sodass das Abzugsverbot eingreift.

Steuerfreie Einnahmen sind solche, die von der deutschen Einkommensbesteuerung ausgenommen sind. Dies folgt aus der Systematik des deutschen Einkommensteuerrechts. Die Steuerbefreiung kann im EStG, in anderen Gesetzen, in völkerrechtlichen Verträgen (z. B. DBA) oder – wie hier – in einer auf einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen beruhenden Vereinbarung angeordnet sein.

Die von der Organisation an ihre aktiven Bediensteten gezahlten Gehälter sind aufgrund der mit Deutschland geschlossenen Vereinbarung von der deutschen Einkommensteuer befreit. Sie stellen damit steuerfreie Einnahmen i. S. d. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG dar.

Die an die Organisation gezahlten Vorsorgeaufwendungen des Klägers stehen auch in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem von der Organisation bezogenen steuerfreien Arbeitslohn. Ein solcher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Einnahmen und die Vorsorgeaufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.

Zwar stehen die streitgegenständlichen Vorsorgeaufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der EU (hier: Deutschland) erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Auch wäre für Zwecke des Revisionsverfahrens – trotz der fehlenden entsprechenden Feststellungen des FG – das Vorbringen der Kläger als richtig zu unterstellen, der „Beschäftigungsstaat“ lasse keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung der Einnahmen zu.

Es fehlt jedoch an der Voraussetzung, wonach die Einnahmen nach einem DBA im Inland steuerfrei sein müssen. Denn die Steuerbefreiung beruht nicht auf einem DBA, sondern auf einer Vereinbarung, die ihre Grundlage wiederum in einem zwischenstaatlichen Übereinkommen hat.

Die an die Organisation gezahlten Renten- und Krankenversicherungsbeiträge können auch nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung des auf das steuerpflichtige Einkommen anzuwendenden Steuersatzes als Abzugsposten berücksichtigt werden. Denn nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 32b EStG gehen nur „Einkünfte“ in die Ermittlung des besonderen Steuersatzes ein. Da Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben nicht bereits bei Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt, sondern vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, beeinflussen sie die Höhe der Einkünfte nicht.

2. Sonderausgaben: Sind Rentenversicherungsbeiträge auf Krankengeld abziehbar?

Rentenversicherungsbeiträge sind nicht als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie von steuerfreiem Krankengeld einbehalten wurden.

Hintergrund

Die Klägerin war arbeitsunfähig erkrankt und erhielt infolgedessen Krankengeld, von dem Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten und abgeführt wurden. Das Finanzamt unterwarf das Krankengeld dem Progressionsvorbehalt, ohne die Rentenversicherungsbeiträge abzuziehen bzw. als Sonderausgaben anzuerkennen. Es verwies darauf, dass die Beiträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (= dem Krankengeld) stehen und daher nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht abziehbar sind.

Vor dem FG begehrte die Klägerin die Anerkennung der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Sie verwies auf einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der Pflichtbeiträge mit späteren steuerpflichtigen Rentenbezügen.

Entscheidung

Das FG entschied, dass die Rentenversicherungsbeiträge zu Recht nicht als Sonderausgaben anerkannt worden waren. Ein solcher Abzug bleibt nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG verwehrt, da zwischen steuerfreiem Krankengeld und den Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang bestand. Letzterer ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere anzunehmen, wenn die steuerfreien Einnahmen und die Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Erzielung steuerfreier Einnahmen gleichzeitig Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger auslöst.

Im entschiedenen Fall war die Klägerin wegen des Bezugs von steuerfreien Einnahmen zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen. Dieser enge Zusammenhang konnte nicht durch den Einwand durchbrochen werden, dass zwischen Beiträgen und steuerpflichtigen Rentenzahlungen ein kausaler (vorrangiger) Bezug besteht. Die spätere Rentenzahlung wurde schließlich nicht unmittelbar durch die Beitragszahlung ausgelöst, sondern war von anderen Voraussetzungen (z. B. dem Erreichen der Altersgrenze) abhängig.

Rechtsfehlerfrei hatte das Finanzamt das Krankengeld zudem ohne Kürzung um die Rentenversicherungsbeiträge dem Progressionsvorbehalt unterworfen.

Private Immobilienbesitzer

1. Keine verfassungsrechtlichen Zweifel an Grundsteuer in Bayern

In einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung wurde entschieden, dass bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes, das ein reines Flächenmodell vorsieht, bestehen.

Hintergrund

Der Bayerische Landtag hat im November 2021 das BayGrStG verabschiedet. Mit dem Landesgesetz, das am 1.1.2022 in Kraft getreten ist, wird in Bayern ein reines Flächenmodell umgesetzt, welches gänzlich wertunabhängig ist und bei dem die Grundstückslage keine Rolle bei der Berechnung der Grundsteuer spielt. Die Grundstückslage hat nur noch auf kommunaler Ebene über die anzuwendenden Hebesätze, die je nach Kommune variieren können, Auswirkungen auf die zu zahlende Grundsteuer. Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer richtet sich in Bayern künftig allein nach der Grundstücksgröße und nach den Gebäudeflächen. Für sehr große Grundstücke und für Grundstücke, die zu bestimmten Zwecken genutzt werden, sieht das BayGrStG Ermäßigungen vor.

Das Finanzamt folgte den Grundsteuererklärungen des Antragstellers und erließ im Januar 2023 Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge sowie Bescheide über den Grundsteuermessbetrag (jeweils Hauptveranlagungen auf den 1.1.2025) für mehrere Wohnungen.

Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Bescheide. Nach der Ablehnung der AdV durch das Finanzamt hat der Antragsteller beim FG Nürnberg die AdV der Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge sowie über den Grundsteuermessbetrag beantragt.

Entscheidung

Nach Ansicht des FG ist insbesondere eine Verletzung von Art. 123 Abs. 1 BV (Leistungsfähigkeitsprinzip) nicht offenkundig. Es könne auch nicht angenommen werden, dass die Festsetzung der Grundsteueräquivalenzbeträge sowie der Grundsteuermessbeträge für den Antragsteller zu einer derart schwerwiegenden Belastung führe, dass ihm irreparable Nachteile drohten.

Dem Gesetzgeber stehe bei der im Jahr 2018 vom BVerfG angemahnten Neuregelung der Grundsteuer ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er habe bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einer Steuer einen großen Spielraum, solange sie geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.

Dieser Gestaltungsspielraum beinhalte auch eine Typisierungskompetenz. Bei der Wahl des geeigneten Maßstabs dürfe sich der Gesetzgeber auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen könnten, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssten. Jedenfalls müsse das so gewählte und ausgestaltete Bemessungssystem, um eine lastengleiche Besteuerung zu gewährleisten, in der Gesamtsicht eine in der Relation realitäts- und damit gleichheitsgerechte Bemessung des steuerlichen Belastungsgrundes sicherstellen.

Das BVerfG habe keine Festlegung zugunsten eines bestimmten Reformmodells getroffen und auch die Frage, ob es sich bei der Neuregelung um eine wertabhängige Bewertungsmethode handeln müsse, offengelassen.

Das BayGrStG habe den Vorteil des leichteren Vollzugs und vermeide u. a. die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Bodenrichtwerte. Nachteil des reinen Äquivalenzmodells sei u. a., dass es sich um eine sehr pauschale Bewertungssystematik handele und der tatsächliche Marktwert von Grundstücken unberücksichtigt bleibe.

Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung sei das System der Ermittlung der Grundsteuer auf der Grundlage eines reinen Flächenmodells vor dem Hintergrund des erheblichen Bewertungsspielraums des Gesetzgebers allerdings nicht zu beanstanden.

Insbesondere eine Verletzung von Art. 123 Abs. 1 BV (Leistungsfähigkeitsprinzip) sei nicht offenkundig. Diese Verfassungsnorm beziehe sich nach der bisherigen Rechtsprechung des BayVerfGH nur auf Personalsteuern, die es gestatteten, persönliche Verhältnisses zu berücksichtigen, nicht dagegen auf solche Landessteuern, die – ihrer Natur nach – nach objektiven Merkmalen bemessen würden. Darüber hinaus bestünde im Einzelfall die Möglichkeit, Ansprüche aus dem Grundsteuerschuldverhältnis zu erlassen, soweit nach dem durch das BayGrStG vorgeschriebenen Systemwechsel nach Lage des einzelnen Falles eine unangemessen hohe Steuerbelastung eintrete.

Die beantragte AdV wäre dem Antragsteller im Übrigen auch aufgrund des mangelnden besonderen Aussetzungsinteresses nicht zu gewähren. Bei verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm setze die AdV wegen des Geltungsanspruchs jedes formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes nämlich grundsätzlich voraus, dass ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestehe, dem der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukomme.

Bei der Prüfung, ob ein solch berechtigtes Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen bestehe, sei dieses mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei komme es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer AdV hinsichtlich des Gesetzesvollzuges und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an.

Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des BayVerfGH bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes sei der Vorrang einzuräumen, wenn die AdV eines Verwaltungsakts im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen seien und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen habe.

Im Streitfall könne nicht angenommen werden, dass die Festsetzung der Grundsteueräquivalenzbeträge sowie der Grundsteuermessbeträge für den Antragsteller zu einer derart schwerwiegenden Belastung führe, dass ihm irreparable Nachteile drohten. Demgegenüber bestehe am Vollzug des BayGrStG wegen der Sicherung einer geordneten Haushaltsführung ein öffentliches Interesse. Eine AdV der Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge sowie der Bescheide über den Grundsteuermessbetrag betreffe nicht nur den Antragsteller, sondern würde zu einer faktischen vorläufigen Außerkraftsetzung des BayGrStG für einen nicht absehbaren Zeitraum und damit bei den hebeberechtigten Kommunen letztlich zu erheblichen Einnahmeausfällen führen.

Die gebotene Abwägung des für eine AdV sprechenden individuellen Interesses des Antragstellers, das allein darin bestehe, die Grundsteuer ab dem 1.1.2025 nicht unter Zugrundelegung der festgesetzten Grundsteuermessbeträge entrichten zu müssen und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung falle im Streitfall zu Lasten des Antragstellers aus.

Sonstige Steuer

1. Anzeigepflichten für Notar und Steuerschuldner bestehen selbstständig nebeneinander

§ 16 Abs. 5 GrEStG steht einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbsvorgang zwar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen Finanzamt aber noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist eingeht.

Hintergrund

Die Klägerin war an einer Objektgesellschaft (GmbH) mit 90,1 % beteiligt. Die restlichen 9,9 % hielt eine AG. Die GmbH war Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.12.2016 verkaufte die AG ihren Anteil an der GmbH an die Klägerin. Die Klägerin wurde bei Vertragsschluss durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer (A) vertreten. Die AG wurde durch eines ihrer Vorstandsmitglieder (B) vertreten.

Nach der Vertretungsregelung der AG konnte die Gesellschaft nur durch 2 Vorstandsmitglieder (zusammen) vertreten werden. B handelte daher zum einen als Vorstand der AG und zum anderen für den Mitvorstand (C). Insoweit stand seine Erklärung unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Genehmigung, die nach der ausdrücklichen Regelung im Vertrag mit Zugang beim Notar wirksam werden sollte. C genehmigte den Vertrag am 23.12.2016. Die Genehmigung des C ging dem Notar am 30.12.2016 zu.

Am 30.12.2016 übersandte der beurkundende Notar eine Kopie des Vertrags an das für die Besteuerung von Körperschaften zuständige Finanzamt. Bei dem für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt ging die Veräußerungsanzeige samt Kopie des Vertrags vom 22.12.2016 (erst) am 12.1.2017 ein.

Mit Bescheid vom 2.5.2018 setzte das Finanzamt gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12.6.2018 trat die Klägerin 9,9 % ihrer Anteile an der GmbH wieder entgeltlich an die AG ab. Am 19.6.2018 beantragte sie die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG.

Mit Schreiben vom 28.6.2018 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ab. Der Aufhebung stehe § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Der Vertrag vom 22.12.2016 sei erst am 12.1.2017 und damit nicht fristgerecht i. S. d. § 18 Abs. 3 GrEStG beim Finanzamt angezeigt worden.

Die Klage auf Aufhebung der geänderten Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG stand der Aufhebung die Frist des § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Weder die Klägerin noch der beurkundende Notar hätten den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts nach §§ 18, 19 GrEStG fristgerecht angezeigt.

Entscheidung

Auf die Revision der Klägerin hin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und das Finanzamt verpflichtet, die streitigen Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG seien erfüllt. § 16 Abs. 5 GrEStG stehe der Aufhebung der Steuerfestsetzung nicht entgegen.

§ 16 Abs. 5 GrEStG schließt den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung aus, wenn ein Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 3 GrEStG zwar innerhalb von 2 Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, aber nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt wurde. Die Vorschrift dient einerseits der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und soll andererseits dem Anreiz entgegenwirken, durch Nichtanzeige einer Besteuerung den in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgängen zu entgehen.

Die Anzeigepflichten für den Notar nach § 18 GrEStG und für den Steuerschuldner nach § 19 GrEStG bestehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander. Die Wirkungen der Anzeigen können jedoch bei der Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeigepflichtigen zugerechnet werden.

Die Anzeigepflichten nach §§ 18, 19 GrEStG sind innerhalb von 2 Wochen zu erfüllen, knüpfen jedoch für die verschiedenen Anzeigepflichtigen an verschiedene Ereignisse an und können deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.

Ein Notar hat über einen Rechtsvorgang, den er beurkundet hat, nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 GrEStG innerhalb von 2 Wochen nach der Beurkundung Anzeige zu erstatten, auch wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs von einer Genehmigung abhängig ist.

Ein Gesellschafter hat ein Rechtsgeschäft innerhalb von 2 Wochen, nachdem er von dem anzeigepflichtigen Vorgang Kenntnis erhalten hat, anzuzeigen. Voraussetzung dafür ist, dass das Rechtsgeschäft wirksam ist. Anderenfalls ist der Erwerbsvorgang noch nicht verwirklicht. Hängt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von einer Genehmigung ab, ist der Erwerbsvorgang erst im Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigung erfüllt. In diesem Fall beginnt die Frist für die Anzeige nach § 19 Abs. 3 GrEStG erst mit Kenntnis von dem Vorliegen der Genehmigung.

Die Anzeige des Notars für Zwecke des § 16 Abs. 5 GrEStG wirkt auch für den Steuerschuldner. Ausgehend vom Wortlaut und Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG reicht es aus, dass der Erwerbsvorgang innerhalb der für den Notar nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG oder der für den Steuerschuldner nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GrEStG geltenden Anzeigefrist in allen Teilen vollständig angezeigt war, und zwar unabhängig davon, von wem und für wen die Anzeige erfolgt ist.

Nach den vorstehenden Grundsätzen reicht es daher aus, wenn der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der für den Notar laufenden Frist verspätet ist, die dem zuständigen Finanzamt aber innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht. In einem solchen Fall wird der Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG gewahrt, nämlich auf Grundlage einer entsprechenden Anzeige dem Finanzamt die ordnungsgemäße Prüfung des Steuerfalls zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn die Verwirklichung des Erwerbstatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG von der Genehmigung einer Vertragspartei abhängt und diese für die Berechnung der in § 19 GrEStG benannten Fristen für die Anzeigepflicht eines Beteiligten maßgebend ist. Es ginge in diesem Fall über den Normzweck des § 16 Abs. 5 GrEStG hinaus, den Verlust der Rechte aus § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG an die fehlende Erstattung einer Anzeige des Notars zu einem Zeitpunkt zu knüpfen, in dem der Erwerbsvorgang des Anteilskaufs mangels der erforderlichen Genehmigung einer der Vertragsparteien noch nicht verwirklicht worden ist und deshalb die Anzeigepflicht des Steuerschuldners noch nicht zu laufen begonnen hat.

2. Hundesteuerpflicht für Trainings- und Therapiehunde?

Auch Hunde, die der Halter bei seiner beruflichen Tätigkeit als Hundetrainer und Hundephysiotherapeut einsetzt, unterliegen der Hundesteuer.

Hintergrund

Das klagende Ehepaar wurde von der beklagten Stadt zur Hundesteuer für 3 in seinem Haushalt lebende Hunde herangezogen. Dagegen wandten sie sich mit Widerspruch und machten geltend: 2 der Hunde würden von der Klägerin zu bei ihrer selbstständigen Tätigkeit als Hundetrainerin und Hundephysiotherapeutin eingesetzt. Die Hunde stellten notwendige Betriebsmittel dar, die nicht der Hundesteuer unterfielen. Lediglich der dritte Hund, der aus Altersgründen nicht mehr in eine berufliche Tätigkeit einbezogen werde, sei steuerpflichtig.

Entscheidung

Das VG hat die Klage wurde abgewiesen. Bei der Hundesteuer handele es sich um eine Aufwandsteuer, die nur eine über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasse. Das Halten von Hunden, die allein beruflichen oder gewerblichen Zwecken dienten (wie z. B. Diensthunde, verpflichtende Jagd- und Wachhunde, Artistenhunde, Hütehunde, Hundezucht und -handel), dokumentiere keine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Halters. Von einer erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung sei jedoch nur dann auszugehen, wenn die Berufs-/Gewerbeausübung ohne die Hundehaltung nicht möglich sei oder ohne die Hundehaltung erheblich erschweren würde.

Solche Umstände seien von der Klägerin nicht aufgezeigt worden und auch nicht ersichtlich. Sie habe nicht dargestellt, dass ihre Hunde als „Anleithunde“ oder „Vorführhunde“ für den Trainings- und Therapiebetrieb notwendig seien. Dieser könne auch allein mit den Hunden der Kunden durchgeführt werden, vielfach dürfte die Beteiligung eines weiteren Hundes sogar eher hinderlich sein.

Das Anbieten von online-Schulungen, in denen die Klägerin für ihre Kunden einen artgerechten Umgang mit Hunden an ihren eigenen Tieren demonstriere, beruhe auf einer privaten Entscheidung für ein Einzelsegment der Berufsausübung, die eine Betriebsnotwendigkeit nicht begründe. Die Haltung aller 3 Hunde im privaten Lebensbereich der Eheleute zeige vielmehr, dass ihre Hundehaltung in erster Linie aus privaten Interessen erfolge.

Steuerrecht Arbeitnehmer

1. Sind Aufwendungen einer Ruhestandsbeamtin für ihre ehrenamtliche Gewerkschaftstätigkeit Werbungskosten?

Aufwendungen einer Ruhestandsbeamtin im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit sind als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen zu berücksichtigen.

Hintergrund

Die Klägerin bezieht als pensionierte Landesbeamtin Versorgungsbezüge. Bis zum Eintritt in den Ruhestand war sie hauptamtlich für die Gewerkschaft X im Deutschen Gewerkschaftsbund tätig und hierfür von ihrem Dienstherrn freigestellt. Seit dem Eintritt in den Ruhestand ist die Klägerin für verschiedene Gremien der Gewerkschaft X ehrenamtlich tätig.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2016 machte sie Aufwendungen für diese Tätigkeit als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen geltend. Dem folgte das Finanzamt nicht.

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das FG zu Recht geurteilt hat, dass die streitigen Aufwendungen der Klägerin als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen zu berücksichtigen sind.

Die Frage, ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass leistet oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i. S. v. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, ist anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Aufwendungen sind dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie mit ihr in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Ob sich der streitige Aufwand konkret auf die Höhe des Arbeitslohns auswirkt, ist dabei ohne Belang. Stehen Aufwendungen in einem objektiven Zusammenhang mit dem Beruf, so ist es für den Begriff der Werbungskosten überdies nicht von Bedeutung, ob die Vorstellungen des Steuerpflichtigen, den Beruf zu fördern, der Wirklichkeit entsprechen, d. h. geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen.

Die Würdigung des FG, die streitigen Aufwendungen der Klägerin stünden in einem hinreichenden Veranlassungszusammenhang mit ihren Versorgungsbezügen und seien daher als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG zu berücksichtigen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG ist ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze zu dem Schluss gelangt, der erforderliche Veranlassungszusammenhang mit den Versorgungsbezügen liege im Streitfall vor, weil die Gewerkschaftsarbeit der Klägerin und die dadurch bedingten Aufwendungen auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als Ruhestandsbeamtin zielten.

Da die Arbeit eines Berufsverbands auf dem Gedanken beruht, dass nur die Solidarität der Mitglieder zur Veränderung der beruflichen Bedingungen zugunsten der angeschlossenen Mitglieder führt, ist es folgerichtig, bei den Aufwendungen eines Mitglieds zwecks Förderung der solidarischen Gemeinschaft ebenfalls einen objektiven, durch Aufgabenstellung und Arbeit des Berufsverbands sichtbar werdenden Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit zu bejahen. Dieser Zusammenhang reicht aus, den Werbungskostenbegriff zu erfüllen, obwohl die Aufwendungen des einzelnen Mitglieds i. d. R. nicht unmittelbar und allein auf dessen eigene berufliche Bedingungen, sondern nur mittelbar durch die Arbeit der Gemeinschaft auf die Verhältnisse sämtlicher betroffener Mitglieder des Berufsverbands einwirken können.

An diesen Grundsätzen, die für Aufwendungen im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit für die zuständige Gewerkschaft eines berufstätigen Steuerpflichtigen gelten, hält der BFH fest und überträgt diese auch auf die ehrenamtliche Tätigkeit eines nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Steuerpflichtigen, der Versorgungsbezüge erhält. Denn Gewerkschaften vertreten nicht nur die beruflichen Interessen der berufstätigen Arbeitnehmer und Beamten, sondern auch die Erwerbsinteressen von Pensionären. Sie streben regelmäßig an, die Ergebnisse einer Tarifrunde im öffentlichen Dienst zeitgleich und systemgerecht bzw. wirkungsgleich auf den Bereich Besoldung und Versorgung zu übertragen.

Steuerrecht Privatvermögen

1. Verheiratetes Kind mit Behinderung: Wann ist es zum Selbstunterhalt fähig?

Bei der Beurteilung, ob ein verheiratetes Kind mit Schwerbehinderung zum Selbstunterhalt außerstande ist, sind gegenüber dem Ehegatten zu berücksichtigende Unterhaltsansprüche nicht wegen familienrechtlich vorrangiger Unterhaltsansprüche eigener Kinder zu kürzen.

Hintergrund

Die verheiratete Klägerin ist ein abzweigungsberechtigtes Kind mit Behinderung (GdB von 60 ohne Merkzeichen). Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem kindergeldberechtigten Vater der Klägerin, dem Beigeladenen, für den Zeitraum Januar 2015 bis Dezember 2018 auf, da die Behinderung der Klägerin nicht ursächlich dafür war, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten konnte.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, es sei unbillig, das Einkommen des Ehemanns auf den Kindergeldanspruch anzurechnen. Dieser sei ein originärer Anspruch auf Erhalt einer Sozialleistung, der das Existenzminimum der Klägerin gewährleisten solle.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es vertritt die Auffassung, dass dem existenziellen Lebensbedarf die finanziellen Mittel des Kindes gegenüberzustellen sind. Dazu gehörten nicht nur seine Einkünfte, sondern auch Unterhaltsleistungen des verheirateten oder geschiedenen Ehegatten oder Lebenspartners.

Es entspreche der Lebenserfahrung, dass in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes Unterhaltsleistungen des Ehegatten anzunehmen sind.

Wenn sich aus den zur Verfügung stehenden Mitteln eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Kindes ergibt, kann davon ausgegangen werden, dass den Eltern kein zusätzlicher Aufwand erwächst, der ihre Leistungsfähigkeit mindert, sodass es in diesem Fall auch gerechtfertigt ist, für Kinder mit Behinderung kein Kindergeld oder keinen Kinderfreibetrag zu gewähren.

Steuerrecht Unternehmer

1. Abrechnungsbescheide in sog. Bauträgerfällen

Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Abrechnungsbescheiden in sog. Bauträgerfällen entscheiden Finanzgerichte auch über den Bestand und die Durchsetzbarkeit der dem Finanzamt von Bauleistenden abgetretenen zivilrechtlichen Werklohnforderungen.

Hintergrund

Die Antragstellerin ist eine GmbH, die im Streitjahr 2013 als Bauträgerin steuerfreie Leistungen erbrachte. Hierfür erteilte sie Aufträge an zahlreiche Bauhandwerker (bauleistende Unternehmer), von denen sie steuerpflichtige Leistungen bezog. Dabei gingen sowohl die Antragstellerin als auch die Bauleistenden vom Übergang der Steuerschuld auf die Antragstellerin nach § 13b UStG (a. F.) aus.

Im Anschluss an die Veröffentlichung des Urteils des BFH v. 22.8.2013 (V R 37/10) beantragte die Antragstellerin beim Finanzamt die Erstattung der von ihr nach diesem Urteil im Streitjahr zu Unrecht auf der Grundlage des § 13b UStG a. F. abgeführten Umsatzsteuer, woraus sich ein Erstattungsanspruch zugunsten der Antragstellerin ergab. Das Finanzamt zahlte den Erstattungsantrag jedoch nicht aus, sondern ließ sich von den Bauleistenden ihre Werklohnforderungen gegen die Antragstellerin in Höhe der gegen sie festgesetzten Umsatzsteuer abtreten.

Das Finanzamt erklärte die Aufrechnung der ihm abgetretenen Werklohnforderungen mit dem Erstattungsbetrag der Antragstellerin aus Umsatzsteuer 2013. Hierüber beantragte die Antragstellerin einen Abrechnungsbescheid, den das Finanzamt erteilte und aus dem sich ergab, dass die an das Finanzamt abgetretenen Werklohnforderungen der Bauleistenden gegen den Erstattungsanspruch der Antragstellerin aufgerechnet wurden und das Konto der Antragstellerin anschließend „ausgeglichen“ war.

Die Antragstellerin legte Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) mit der Begründung, dass keine Aufrechnungslage vorgelegen habe. Hierzu berief sie sich u. a. auf Verjährung und machte ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Das Finanzamt lehnte den AdV-Antrag ab.

Das FG gewährte hingegen mit seinem Beschluss v. 17.2.2022 die beantragte AdV. Dagegen haben sowohl das Finanzamt als auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.

Entscheidung

Die Beschwerden des Finanzamts und der Antragstellerin gegen den AdV-Beschluss des FG sind nach Auffassung des BFH jeweils zulässig und begründet. Der Beschluss des FG ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Abrechnungsbescheids bereits deshalb vorliegen, weil bislang ungeklärt sei, ob die FG in den sog. Bauträgerfällen über den Bestand und die Durchsetzbarkeit der – dem Finanzamt von Bauleistenden abgetretenen – zivilrechtlichen Werklohnforderungen entscheiden dürften.

Das FG hat rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass es zu der – von ihm als streitig und ungewiss erachteten – Rechtsfrage zur Entscheidungskompetenz der FG über rechtswegfremde Forderungen bereits eine gefestigte Rechtsprechung des BFH gibt. Diese Rechtsfrage ist daher nicht i. S. v. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ernstlich zweifelhaft, sondern geklärt.

Das Gericht des zulässigen Rechtswegs entscheidet den Rechtsstreit grundsätzlich unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten und damit auch über eine zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Gegenforderung, es sei denn, diese Entscheidung erwächst in Rechtskraft. In Abtretungsfällen kann es jedoch grundsätzlich nicht zur Rechtskraftwirkung kommen, da sich diese nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger erstreckt, nicht aber auf den Zedenten als den Rechtsvorgänger des an dem Prozess beteiligten Zessionars.

Ist danach am Klageverfahren zwischen dem Zessionar und dem Anspruchsgegner der abtretende bauleistende Unternehmer (Zedent) nicht beteiligt, kommt es zu keiner Rechtskrafterstreckung. Das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung ist in diesen Fällen auch dann lediglich eine Vorfrage zur Aufrechnung und somit von der Entscheidungsbefugnis der Finanzgerichtsbarkeit umfasst.

Hieran hält der BFH weiter fest. In Abtretungsfällen kommt es nicht zu der Rechtskraftwirkung für den Zedenten, da sich die Rechtskraft eines Urteils nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger erstreckt, nicht aber auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte, wie im Falle der Abtretung der Zedent als Rechtsvorgänger des an dem Prozess beteiligten Zessionars.

2. Aufwendungen für ein Gästehaus am Ort eines Betriebs

Wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet, greift das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht ein. Ein Betrieb des Steuerpflichtigen am Ort des Gästehauses muss nicht üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden.

Hintergrund

Der Kläger ist ein nach dem StBerG anerkannter Lohnsteuerhilfeverein. Er unterhielt in den Streitjahren 2012 bis 2014 eine Reihe von Beratungsstellen, deren Leiter als freie Mitarbeiter für den Kläger tätig sind. Die Beratungsstellenleiter sind keine Arbeitnehmer und erzielen keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Der Kläger mietete 2 Ferienapartments in X an. Sämtliche Aufwendungen für die Apartments behandelte er als abziehbare Betriebsausgaben und zog die darauf entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Die Apartments überließ der Kläger unentgeltlich an für ihn tätige Beratungsstellenleiter jeweils für eine Woche.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung für die Streitjahre vertrat das Finanzamt in den Änderungsbescheiden über Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer vom 24.1.2018 u. a. die Auffassung, dass die gesamten Aufwendungen für die Apartments nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG seien und die pauschale Steuer nach § 37b EStG, die im Jahr 2014 erhoben wurde, nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen sei. Die auf die angemieteten Apartments entfallenden Vorsteuerbeträge seien folglich auch nicht abzugsfähig.

Das FG wies die Klage ab. Es nahm an, die Aufwendungen für die Apartments in X seien nicht abzugsfähige Betriebsausgaben.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Unrecht das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG für Gästehäuser auf die Apartments in X angewandt.

Entgegen der Auffassung des FG verlangt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht, dass eine Stelle, eine Betriebsstätte oder ein Betrieb des Steuerpflichtigen in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden muss.

Der BFH hat bei der Prüfung des Merkmals, ob sich das Gästehaus „außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen“ befindet, auf das Vorliegen einer Betriebsstätte abgestellt.

Über die Tatbestandsmerkmale des § 12 AO hinausgehende Anforderungen sind an den Begriff des „Betriebs“ i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht zu stellen. Insbesondere muss die Betriebsstätte nicht, wie die Finanzverwaltung in R 4.10 Abs. 10 Satz 3 EStR meint, üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht werden.

Dass zusätzlich „ein“ Betrieb in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden müsse, also eine „besondere Betriebsbezogenheit“ vorliegen müsse, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen.

Entgegen der Auffassung des FG befinden sich die Wohnungen in X nicht außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen. Das FG hat nach Sachverhaltsaufklärung angenommen, dass der Kläger zur Überzeugung des FG habe nachweisen können, dass er in X im gleichen Gebäudekomplex über einen eigenen Schulungsraum als Betriebsstätte verfügt habe.

3. Betreuungs- und Pflegeleistungen: Steuerfrei oder steuerpflichtig?

Budgetassistenzleistungen auf dem Gebiet der Betreuung und Pflege, die von Klienten mit Schwerbehinderung aus ihrem „persönlichen Budget“ bezahlt werden, sind nicht umsatzsteuerfrei, da die gesetzlich vorgegebene Kostenübernahmequote für anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter so nicht erreicht werden kann.

Hintergrund

Der Kläger firmierte in den Streitjahren 2012–2015 unter „A-Gesellschaft“, mit der er auch die Begleitung und Beratung von Menschen mit einer (Schwerst-) Behinderung im Bereich des Arbeitgebermodells „persönliches Budget“ übernahm. Die Klienten zahlten die vom Kläger auf Grundlage des „Klienten-Vertrags“ in Rechnung gestellten Beträge für die Budgetassistenzleistungen aus ihren eigenen Mitteln.

Für diese Budgetassistenzleistungen machte der Kläger die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG (bis 30.6.2013) bzw. Buchst. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG geltend. Seine Budgetassistenzleistungen seien solche mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundene Leistungen. Das Finanzamt hingegen beurteilte die Leistungen als umsatzsteuerpflichtig.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG (mit Wirkung vom 1.7.2013: § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG) werden nach Auffassung des FG nicht erfüllt. Der Kläger sei keine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter, weil er mit seinen Budgetassistenzumsätzen die gesetzlich vorgegebene Sozialgrenze, d. h. Kostenübernahme durch gesetzliche Träger der sozialen Sicherheit in 40 %, bzw. ab 1.7.2013 in 25 % der Fälle, in den Streitjahren nicht erreichte. Die Kosten wurden bei keinem Klienten von einem in der Steuerbefreiungsvorschrift genannten gesetzlichen Träger übernommen („vergütet“). In allen Fällen zahlten die Klienten die vom Kläger auf Grundlage des „Klienten-Vertrags“ fakturierten Beträge aus ihren eigenen Mitteln. Es liegt mithin auch kein Fall einer zur Steuerfreiheit führenden mittelbaren Kostentragung durch einen gesetzlichen Träger der sozialen Sicherheit vor.

Die nationale Vorschrift des § 4 Nr. 16 UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtungen bewirkt werden. Nach diesen Grundsätzen könnten die vom Kläger im Rahmen seines Unternehmens gegenüber den i. d. R. körperlich hilfsbedürftigen Personen erbrachten Budgetassistenzleistungen zwar grundsätzlich von dem sachlichen Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 UStG erfasst sein. Dennoch scheitert die Anwendung der Befreiungsvorschrift bereits dem Grunde nach daran, dass das Unternehmen des Klägers nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist, weil die in den Streitjahren normierte Sozialgrenze nicht erreicht wird.

4. Einfuhrumsatzsteuer bei Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung

Die Einfuhr für das Unternehmen erfordert eine Verwendung des eingeführten Gegenstands für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm daher kein Abzugsrecht zu.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GmbH, meldete am 7.2.2018 beim Hauptzollamt X als indirekte Zollvertreterin für die in der Türkei ansässige L Elektronikartikel zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Das Hauptzollamt X überließ die Ware antragsgemäß und setzte gegenüber der Klägerin – als Gesamtschuldnerin mit L – Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. 227,81 EUR fest. Da die Ware nicht bei der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen Empfängerin ankam, verzichtete die Klägerin darauf, das für die Abgabe der Zollanmeldung mit L vereinbarte Entgelt einzufordern.

Die Klägerin machte die Einfuhrumsatzsteuer in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2018 als Vorsteuer geltend. Der Einspruch gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs durch den Vorauszahlungsbescheid des Finanzamts vom 22.08.2018 hatte keinen Erfolg.

Die auf Änderung des zwischenzeitlich erlassenen Umsatzsteuer-Jahresbescheids 2018 vom 24.6.2020 gerichtete Klage wies das FG ab. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG seien nicht erfüllt, da die Einfuhrumsatzsteuer kein Kostenelement eines Ausgangsumsatzes der Klägerin geworden sei, nachdem die Klägerin auf eine Vergütung ihrer Dienstleistung verzichtet habe.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin, die in Bezug auf die eingeführten Gegenstände lediglich Verzollungs- und ggf. Beförderungsdienstleistungen erbracht hat, aus der gegen sie festgesetzten Einfuhrumsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstands für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Das Verwendungserfordernis ist für alle Fälle des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG nach denselben Kriterien zu bestimmen.

Der Wert der beförderten Waren und damit der Wert des eingeführten Gegenstands muss in den Preis der vom Unternehmer erbrachten Leistung einfließen. Der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist daher bei einem Unternehmer zu verneinen, der eingeführte Gegenstände lediglich befördert, ohne „deren Einführer oder Eigentümer“ zu sein. Auch der Importeur ist nur dann aus der Einfuhrumsatzsteuer abzugsberechtigt ist, wenn er den eingeführten Gegenstand selbst und damit dessen Wert für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet.

Als Importeur ist dabei insbesondere die Person anzusehen, die aufgrund der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr Zollschuldner in Bezug auf den eingeführten Gegenstand ist. Als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist er jedoch auch dann nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt, wenn er zwar den eingeführten Gegenstand in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, er aber nicht den Wert des eingeführten Gegenstands für sein Unternehmen verwendet, so dass dieser Wert auch nicht in den Preis der von ihm erbrachten Leistung einfließt. Der Wert des eingeführten Gegenstandes muss zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG gehören, damit die auf diesen Wert bezogene Einfuhrumsatzsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird.

Die Einfuhrumsatzsteuer gehörte nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes der Klägerin, da es schon keinen Ausgangsumsatz gab, der mit der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer auch nur kausal zusammenhängen könnte. Wie das FG-Urteil festgestellt hat, kamen die Klägerin und L konkludent überein, dass die Klägerin angesichts des Abhandenkommens der Ware ihre Verzollungsdienstleistung nicht in Rechnung stellt.

Der Wert der eingeführten Gegenstände gehörte – auch unter Berücksichtigung der beabsichtigten, aber fehlgeschlagenen entgeltlichen Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber L – nicht zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Entscheidend war, dass die Klägerin ebenso wie ein Frachtführer oder Lagerhalter den eingeführten Gegenstand nicht zur Erbringung einer Ausgangsleistung (z. B. Beförderungs- oder Verzollungsdienstleistung) verwendet hat, sondern der eingeführte Gegenstand lediglich das Objekt war, an dem die Klägerin ihre Leistung erbracht hat.

5. Festsetzung von Verspätungszuschlägen: Zur Ermessensausübung des Finanzamts

Haben sich durch die Herabsetzung der Steuer die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Umstände geändert, ist die Finanzbehörde von Amts wegen verpflichtet, neue Ermessensentscheidungen zu treffen.

Hintergrund

Die Klägerin hatte für die Jahre 2016 und 2017 keine Steuererklärungen eingereicht. Das Finanzamt schätzte daher die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO und erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide. Zugleich setzte das Finanzamt Verspätungszuschläge fest. Die Klägerin legte Einspruch ein und nahm auf die dem Finanzamt am gleichen Tag auf elektronischem Weg übermittelten Steuererklärungen Bezug.

Nach der Durchführung der Einspruchsverfahren gegen die Steuerbescheide und Verspätungszuschläge, bei denen das Finanzamt lediglich den Verspätungszuschlag für das Jahr 2016 herabsetzte, hat die Klägerin Klage erhoben. Das Finanzamt hat daraufhin die Steuer in den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden für 2016 und 2017 erklärungsgemäß festgesetzt. Die bisher festgesetzte Verspätungszuschläge ließ es unverändert bestehen.

Die Klägerin verfolgte ihre Klage bezüglich der Verspätungszuschläge weiter. Sie war der Meinung, es sei rechtswidrig, Verspätungszuschläge nicht neu zu bemessen, wenn im Rahmen des Klageverfahrens die Steuer herabgesetzt werde.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für 2016 und 2017 zwar vorgelegen hätten, jedoch habe das Finanzamt sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 Satz 1 AO und § 152 Abs. 1 Satz 2 AO (alte Fassung) erfüllt, hat das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und wie hoch es ihn unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abs. 2 AO alte Fassung festsetzt (sog. Auswahlermessen).

Die Klägerin habe ihre Steuererklärungen für 2016 und 2017 nicht innerhalb der gesetzlichen Abgabefristen abgegeben. Das Finanzamt habe daher Verspätungszuschläge festsetzen dürfen. Die Festsetzungen der Verspätungszuschläge in den geänderten Steuerbescheiden seien jedoch ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, denn im Falle der Herabsetzung der festgesetzten Steuer, auf die sich der Verspätungszuschlag bezieht, habe der Betroffene einen Rechtsanspruch auf wiederholte Prüfung. Das Finanzamt sei von Amts wegen verpflichtet, eine vollständig neue Ermessensentscheidung zu treffen, denn durch die Herabsetzung der Steuerschuld hätten sich die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Umstände geändert, sodass die Festsetzung des Verspätungszuschlags rechtswidrig geworden sei. Das Ergebnis der Überprüfung sei dem Betroffenen mitzuteilen und zu begründen.

Der jeweilige Hinweis in den geänderten Steuerbescheiden, der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag bleibe unverändert bestehen, beinhalte zwar die Ablehnung einer (weiteren) Herabsetzung der Verspätungszuschläge. Darüber hinausgehende Erläuterungen zur Ausfüllung des bestehenden Ermessens zum jeweiligen Verspätungszuschlag enthielten die Festsetzungen aber nicht, obwohl solche Erläuterungen für die Darlegung etwa angestellter Ermessenserwägungen erforderlich seien.

6. Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung in Bauträgerfällen im Rahmen einer Organschaft

Es besteht keine Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 UStG, wenn der Organträger einer Bauleistung erbringenden Organgesellschaft keinen Anspruch der Organgesellschaft gegen den Leistungsempfänger abtreten kann, da über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Hintergrund

Die Klägerin war im Jahr 2012 (Streitjahr) Organträgerin einer GmbH. Die GmbH erbrachte gegenüber einer AG, einer Bauträgerin, im Streitjahr Bauleistungen ohne gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer, da die Vertragspartner von der Steuerschuldnerschaft der Bauträgerin nach § 13b UStG ausgingen. Die Klägerin erfasste die an die Bauträgerin erbrachten Leistungen daher nicht in ihren monatlich abgegebenen Voranmeldungen, die nach § 168 Satz 1 und 2 AO zu Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung führten.

Über das Vermögen der GmbH eröffnete das zuständige Amtsgericht im Januar 2013 das Insolvenzverfahren. Die Klägerin reichte im April 2014 eine nach § 168 Satz 1 AO nicht zustimmungsbedürftige Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr beim Finanzamt ein. Im Juli 2014 reichte sie eine berichtigte und nach § 168 Satz 2 AO zustimmungsbedürftige Umsatzsteuerjahreserklärung ein, der das Finanzamt im Oktober 2014 zustimmte. In beiden Umsatzsteuerjahreserklärungen ging die Klägerin wiederum von einer Steuerschuldnerschaft der Bauträgerin für die an diese erbrachten Leistungen aus.

Die Bauträgerin beantragte aufgrund des Urteils des BFH v. 22.8.2013 (V R 37/10) im Jahr 2015 die Erstattung der von ihr entrichteten Umsatzsteuer. Daher setzte das Finanzamt mit Bescheid v. 14.9.2016 nach § 164 Abs. 2 AO gegenüber der Klägerin als Organträgerin die Umsatzsteuer für das Streitjahr höher fest.

Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Demgegenüber gab das FG der Klage statt, weil es für den Änderungsbescheid vom 14.9.2016 an einer Korrekturgrundlage fehle.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Finanzamt zu einer Änderung zu Lasten der Klägerin nicht berechtigt war. Zum einen verhindere § 176 Abs. 2 AO eine Änderung des Umsatzsteuerjahresbescheids nach § 164 Abs. 2 AO. Zum anderen lägen die Voraussetzungen von § 27 Abs. 19 UStG nicht vor.

Vertrauensschutz nach § 176 AO besteht auch bei formell bestandskräftigen Bescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind und demzufolge für Steueranmeldungen, die nach § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen.

Die maßgebende Verwaltungsvorschrift (Abschn. 182a Abs. 11 UStR 2005 und später UStAE Abschn. 13.b.3 Abs. 8 Satz 4) lag den zu einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung führenden Umsatzsteuerjahreserklärungen der Klägerin zugrunde. Die Klägerin ging dabei entsprechend dieser Verwaltungsauffassung für die Erbringung von Bauleistungen an einen Bauträger unter den dort bezeichneten Voraussetzungen von dessen Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger aus.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts steht der Anwendung von § 176 Abs. 2 AO nicht entgegen, dass der BFH die Verwaltungsauffassung bereits vor der ersten Umsatzsteuerjahresfestsetzung vom April 2014 als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet hat. Liegen nämlich bereits vor dem Umsatzsteuerjahresbescheid Voranmeldungsfestsetzungen vor, können diese für die Prüfung, ob einer Änderung einer Steuerfestsetzung der Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO entgegensteht, nicht außer Betracht bleiben.

Nimmt der Umsatzsteuerjahresbescheid den Regelungsgehalt vorheriger Voranmeldungsfestsetzungen in sich auf, ist für die Prüfung, zu welchem Zeitpunkt die in § 176 Abs. 2 AO genannte allgemeine Verwaltungsvorschrift als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet wurde, auf die jeweilige Voranmeldungsfestsetzung abzustellen. Denn bereits aus dieser ergibt sich nach § 168 AO eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für eine bereits nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstandene Steuer, die das für § 176 Abs. 2 AO entscheidende Vertrauen in die Bestandskraft der Steuerfestsetzung erzeugt. Da die Voranmeldungsfestsetzungen ausnahmslos bereits vor der maßgeblichen Veröffentlichung des in Rede stehenden Urteils auf der Internetseite des BFH am 27.11.2013 vorlagen, hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass § 176 Abs. 2 AO einer Änderung nach § 164 Abs. 2 AO entgegenstand.

Das Finanzamt war auch nicht zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG berechtigt. Diese Vorschrift eröffnet keine Änderungsbefugnis, wenn der Organträger einer Bauleistung erbringenden Organgesellschaft keinen Anspruch der Organgesellschaft gegen den Leistungsempfänger abtreten kann, da über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Ist bei einer Organschaft die Bauleistungen erbringende Organgesellschaft irrtümlich von einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgegangen, ist für die erforderliche Prüfung, ob der zivilrechtliche Anspruch der Organgesellschaft auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger „abtretbar“ ist, im Grundsatz auf den Organträger abzustellen, der umsatzsteuerrechtlich gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG als Leistender hinsichtlich der Bauleistungen anzusehen ist.

Bei einer bestehenden Organschaft, bei der das der Leistungserbringung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, das den Anspruch auf die Gegenleistung begründet, zum Leistungsempfänger über eine Organgesellschaft vorliegt, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Organträger im Rahmen der für ihn aufgrund der Eingliederung bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten auf eine Anspruchsabtretung durch die Organgesellschaft hinwirken kann.

Diese Möglichkeit besteht aber bei einer zwischenzeitlichen Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Organgesellschaft nicht. Unabhängig davon, dass es hierdurch zur Beendigung der Organschaft kommt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Insolvenzverwalter einen werthaltigen, der Masse zustehenden Anspruch durch Abtretung aufgibt. Daher scheidet hier eine Änderung gem. § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG zu Lasten des Organträgers aus. Das von der Vorschrift verfolgte Regelungsziel, eine Änderung zu Lasten des leistenden Unternehmers deshalb zu ermöglichen, da ihm aufgrund einer Anspruchsabtretung an das Finanzamt kein Nachteil erwächst, wobei das Finanzamt die Nachforderung durch die Durchsetzung der ihm abgetretenen Forderung tilgen kann, versagt hier.

7. Rechnungsabgrenzung erhaltener Zahlungen

Eine Schätzung der „bestimmten Zeit“ als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf „allgemeingültigen Maßstäben“ beruht. Daran fehlt es, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Sie gehört zu der in der Immobilienbranche tätigen A-Unternehmensgruppe. Innerhalb dieser Gruppe übernimmt sie die für die erfolgreiche Umsetzung geplanter Bauvorhaben erforderlichen Projektentwicklungsmaßnahmen und schließt dazu mit Projektgesellschaften der A-Gruppe Projektentwicklungs- und -durchführungsverträge ab. Für ihre Leistungen erhält sie als Regiekosten bzw. Regieerlöse bezeichnete Honorare, die Teil der für das jeweilige Objekt kalkulierten Gesamtinvestitionskosten oder Verkaufspreise sind. Die Regiekosten sind verteilt auf die voraussichtliche Laufzeit des jeweiligen Projekts in regelmäßigen Raten zu zahlen.

Im Streitjahr war die Klägerin an der Entwicklung von 12 großen Bauprojekten beteiligt. Die Vergütung der Klägerin für die mit Abschluss dieses Vertrags übertragenen Tätigkeiten (Leistungen der Klägerin für Projektentwicklung, technische und wirtschaftliche Projektbetreuung) bestand nach den Projektverträgen in einem pauschalen Tätigkeitshonorar. Das pauschale Tätigkeitshonorar wurde in monatlichen Raten fällig. Die Auszahlung der Monatsraten erfolgt jeweils am Ende eines Quartals für die Monatsraten des jeweiligen Quartals. Die Höhe der monatlichen Raten ergab sich aus einem Zahlungsplan.

Die Klägerin nahm in ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr eine passive Rechnungsabgrenzung von 5.028.080,21 EUR vor, der eine Aufteilung der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen in 5 Phasen zugrunde lag, während derer ein in einem Prozentsatz darzustellender Anteil der Gesamtleistung zu erbringen war. In einer u. a. für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung beanstandete der Prüfer den gebildeten passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Es fehle der erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den in den Projektverträgen zugrunde gelegten Zahlungsplänen und den durch die Klägerin zu erbringenden Leistungen. Die Leistungsermittlungen beruhten nur auf Schätzungen der Klägerin, deren Grundlagen nicht bekannt seien. Es sei allerdings von einem Erfüllungsrückstand der Klägerin zum 31.12.2008 auszugehen, der auf 2,5 Mio. EUR geschätzt werde; insoweit sei eine Rückstellung zu bilden.

Das Finanzamt folgte dem Bericht des Prüfers und erließ einen entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2008. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht wies die daraufhin erhobene Klage als unbegründet ab.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG und § 250 Abs. 2 HGB sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip erst dann – durch Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens – erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat. Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es „Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag“ darstellt, muss jedoch eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Für eine bereits vollzogene Leistung darf eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen.

Wegen der für eine Rechnungsabgrenzung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen zeitlichen Zuordenbarkeit des Entgelts („bestimmte Zeit“) muss die noch ausstehende Gegenleistung zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Als Zeitmaßstab kann daher nur eine Größe anerkannt werden, die – wie etwa ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeitraum – nicht von vornherein Zweifel über Beginn und Ende des Zeitraums aufkommen lässt. Individuelle Schätzungen der Dauer der Gegenleistung hat die Rechtsprechung daher nicht als ausreichend angesehen, wohl aber eine Schätzung aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe. Danach ist die Entscheidung des FG, die von der Klägerin im Streitjahr erhaltenen Honorarzahlungen stellten in dem von ihr abgegrenzten Umfang nicht Ertrag für eine „bestimmte Zeit“ nach dem Bilanzstichtag dar, nicht zu beanstanden. Auch die zeitliche Zuordnung der erhaltenen Zahlungen durch die Klägerin genügt nicht den Anforderungen an die Bildung eines passiven RAP, da es sich um nicht hinreichend kontrollierbare Schätzungen der Klägerin handelt.

Im Ergebnis zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, die im Streitjahr erhaltenen Honorare in dem von der Klägerin begehrten Umfang als erhaltene Anzahlungen zu passivieren. Eine Passivierung erhaltener Anzahlungen auf Bestellungen ist dort vorzunehmen, wo Vorleistungen auf eine zu erbringende Lieferung oder Leistung erfolgen. Als Leistung kommt hierbei auch eine Dienstleistung in Betracht. Eine Vorleistung ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Anspruch, auf den geleistet wird, rechtlich bereits entstanden ist.

Das Ziel der Passivierung einer Anzahlung, ein vereinnahmtes Entgelt erst dann erfolgswirksam zu erfassen, wenn es durch Erbringung der dafür noch ausstehenden Gegenleistung realisiert ist, ist zwar mit dem Zweck eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens vergleichbar. Anders als ein Entgelt, für das ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden kann, ist eine zu passivierende Anzahlung jedoch weder selbst auf einen bestimmten Zeitraum bezogen, noch hängt ihre Bilanzierbarkeit von einer zeitraumbezogenen Gegenleistung ab. Handelt es sich also bei der Leistung, für die die Zahlung erfolgt, um eine zeitraumbezogene und keine zeitpunktbezogene Leistung, kann die Passivierung der Zahlung nur im Wege eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, nicht aber als Anzahlung passiviert werden.

8. Rechtsfähige private Stiftungen: Keine Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos

Für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts fehlt eine Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Denn der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst keine Vermögensmassen.

Hintergrund

Die Klägerin, eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts, wurde im Jahr 2010 durch den Stifter X gegründet und mit einem Anfangsvermögen ausgestattet. Stiftungszweck ist die Förderung der eigenen Familie des X (Familienstiftung).

Mit der Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2013 reichte die Klägerin eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2013 ein. Darin gab sie den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und dessen Endbestand zum 31.12.2013 an.

Das Finanzamt lehnte die Feststellung eines Bestands des steuerlichen Einlagekontos ab, da die Rechtsform der Stiftung nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst wird. Zudem fehlt ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen Stiftung und Stifter. Die Stiftung gewährt keine Mitgliedschaftsrechte, die einer kapitalmäßigen Beteiligung am Vermögen der Stiftung gleichstünden. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt und verpflichtete das Finanzamt, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2013 mit 0 EUR gesondert festzustellen.

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des Finanzamts stattgegeben. Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage für die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin zum 31.12.2013 besteht.

Die Regelung des § 27 Abs. 1 KStG ist insoweit nicht ausreichend belastbar. Denn die Klägerin ist keine Kapitalgesellschaft i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG, sondern eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts i. S. d. §§ 80 ff. BGB, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als sonstige juristische Person des privaten Rechts der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.

Darüber hinaus wird die Klägerin auch nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst. Diese Vorschrift sieht eine sinngemäße Anwendung von § 27 Abs. 1 bis 6 KStG nur für andere unbeschränkt steuerpflichtige „Körperschaften und Personenvereinigungen“ vor. Rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind aber weder Körperschaften noch Personenvereinigungen, sondern gehören zu den Vermögensmassen, die der Gesetzgeber grundsätzlich von Körperschaften und Personenvereinigungen abgrenzt (z. B. in § 1 Abs. 1 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Die Einordnung als Vermögensmasse ergibt sich daraus, dass bei solchen Stiftungen weder eine Beteiligung der Begünstigten (Destinatäre) am Vermögen möglich ist noch Mitgliedschaftsrechte bestehen.

Das FG und die mittlerweile h. M. in der Literatur geht davon aus, dass § 27 Abs. 7 KStG auch rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts erfasst. Dies wird überwiegend damit begründet, dass diese Stiftungen an ihre Destinatäre Leistungen erbringen könnten, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG steuerpflichtig seien. Da diese Vorschrift auch auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Bezug nehme, müssten Stiftungen ein steuerliches Einlagekonto führen. Die Nichterwähnung der Vermögensmassen in § 27 Abs. 7 KStG sei ein Versehen des Gesetzgebers.

Der BFH folgt dem nicht. Entscheidend ist, dass die Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs der gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG auf rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG widerspricht. Allein der Umstand, dass Leistungen der Klägerin zu Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen können, reicht nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG gerade nicht aus, um ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen.

Für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts fehlt nach der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage eine den Anforderungen des § 179 Abs. 1 AO genügende Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos.

9. Sind Umsätze aus Geldspielautomaten von der Umsatzsteuer befreit?

Für Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz sieht Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL keine zwingende Steuerbefreiung vor.

Hintergrund

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die von ihr betriebenen Geldspielautomaten in Spielhallen durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umsatzsteuerbefreit sind. Das Finanzamt vertritt die gegensätzliche Ansicht.

Die vom FG gewährte Aussetzung der Vollziehung hat der BFH aufgehoben und den AdV-Antrag der Antragstellerin abgelehnt. Nach der dagegen gerichteten Anhörungsrüge der Antragstellerin war der BFH nicht auf das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses eingegangen. Auch hat der Oberste belgische Finanzhof im Hinblick auf den steuerlichen Neutralitätsgrundsatz das terrestrische Automatenspiel und das online angebotene Automatenspiel umsatzsteuerlich gleich behandelt und deshalb 2 Vorabentscheidungsersuche an den EuGH gerichtet. Würden 2 Oberste Finanzgerichtshöfe in der gleichen Steuerproblematik genau umgekehrt entscheiden, ergebe sich schon dadurch die Zweifelhaftigkeit der o. g. BFH-Entscheidung.

Über die Einsprüche der Antragstellerin gegen die Umsatzsteuerbescheide sowie über ihre Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ist noch nicht entschieden.

Entscheidung

Nach der (geänderten) Auffassung des FG sind die streitigen Umsatzsteuern nicht von der Vollziehung auszusetzen. Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG in der Fassung ab 6.5.2006 sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird, nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsätze der Antragstellerin aus dem Betrieb der Geldspielautomaten unterfallen nicht dem Rennwett- und Lotteriegesetz und sind deshalb nach nationalem Recht nicht steuerbefreit. Ebenso gibt Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL keine zwingende Steuerbefreiung für Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz vor.

Eine Ungleichbehandlung gegenüber den öffentlichen Spielbanken besteht umsatzsteuerlich seit dem 6.5.2006 nicht mehr, da diese ab diesem Zeitpunkt durch den geänderten § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG, wie die Antragstellerin als gewerbliche Geldspielautomaten-Anbieterin, ebenfalls umsatzsteuerpflichtig sind.

Auch entspricht es einer gleichmäßigen Besteuerung, dass sowohl die Umsatzsteuer auf die Umsätze der öffentlichen Spielbanken als auch bei gewerblichen Geldspielautomaten-Anbietern nach den Kasseneinnahmen bemessen wird.

Seit dem 1.7.2021 unterliegen im Internet erlaubte virtuelle Automatenspiele unter bestimmten Voraussetzungen der virtuellen Automatensteuer. Während hiernach diese Umsätze aus virtuellen Geldspielautomaten seit dem 1.7.2021 gem. § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG umsatzsteuerfrei sind, unterfallen die Umsätze aus terrestrischen Geldspielautomaten weiterhin der Umsatzsteuer.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gebietet der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht, dass die Umsätze der Antragstellerin wie die der Anbieter virtueller Automatenspiele steuerfrei gestellt werden. Denn es fehlt an einer Gleichartigkeit der virtuellen und terrestrischen Geldspielautomaten, sodass nach Auffassung des FG die Umsätze nicht miteinander im Wettbewerb stehen.

10. Zur Umsatzsteuer bei einer Bruchteilsgemeinschaft vor dem 1.1.2023

Eine Bruchteilsgemeinschaft erbringt keine Leistungen gegen Entgelt als Unternehmer.

Hintergrund

Der Kläger war bis Oktober 2014 Alleineigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Hotelgebäude befand. Das Grundstück hatte er seit 2011 an seinen Sohn umsatzsteuerpflichtig vermietet, der es für den Betrieb eines Hotels mit Restaurant unternehmerisch nutzte.

Mit Vertrag vom 20.10.2014 übertrug der Kläger das hälftige Miteigentum an dem Grundstück auf seine Ehefrau. Im Anschluss daran veräußerten die Ehegatten durch Vertrag vom 20.1.2015 das Grundstück an ihren Sohn. Einen Verzicht auf die Steuerfreiheit der Grundstücksübertragung erklärten die Ehegatten nicht.

Das Finanzamt ging davon aus, dass eine steuerfreie Grundstückslieferung beim Kläger zu einer Berichtigung des von ihm zuvor in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs gem. § 15a UStG führe. Es liege keine nach § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung vor. Das FA erließ am 20.3.2019 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 22.5.2019 als unbegründet zurück.

Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab, ohne die Revision zum BFH zuzulassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er geltend macht, dass das Urteil des FG nicht erkennen lasse, welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für die Entscheidung des FG maßgeblich waren.

Entscheidung

Die Beschwerde des Klägers führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das Urteil des FG leidet an einem vom Kläger zu Recht gerügten Verfahrensmangel, auf dem es beruhen kann, da es nicht mit Gründen versehen ist.

Eine Entscheidung ist nicht mit Gründen versehen, wenn sie nicht erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für sie maßgeblich waren. Der Begründungszwang bezweckt, die Prozessbeteiligten über die das Urteil tragenden Erkenntnisse und Überlegungen des Gerichts zu unterrichten.

Im Streitfall ergibt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dass der Kläger vor dem Streitjahr seiner Ehefrau hälftiges Miteigentum an dem Grundstück eingeräumt hatte und dass im Streitjahr dementsprechend der Kläger und seine Ehefrau das Grundstück an den Sohn geliefert hatten. Geht das FG unter diesen Umständen – und mangels jeglicher Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – nicht der Frage nach, ob sich der vom FA angenommene Vorsteuerberichtigungsanspruch gegen den Kläger oder gegen eine aus ihm und seiner Ehefrau gebildete Bruchteilsgemeinschaft richtet, ist es in Bezug auf einen wesentlichen Streitpunkt nicht möglich, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH kann eine Bruchteilsgemeinschaft keine entgeltlichen Leistungen erbringen, sodass sie nicht Unternehmerin ist und stattdessen von einer anteiligen Leistungserbringung durch die Miteigentümer auszugehen ist. An dieser Rechtsprechung hält der BFH ausdrücklich fest und sieht sich insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH bestätigt. Danach ist für die Frage, wer eine entgeltliche Leistung erbracht hat, zu ermitteln, wer die wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hat. Dies richtet sich danach, wer „eine wirtschaftliche Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt und ob er das mit der Ausübung dieser Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt“.

Diese Kriterien kann eine Bruchteilsgemeinschaft, deren Bedeutung sich auf die Umschreibung einer Rechtszuständigkeit beschränkt und die keine Tätigkeiten ausüben kann, nicht erfüllen. Sie ist im Gegensatz zu ihren Teilhabern (Miteigentümern), die diese Gemeinschaft bilden, weder in der Lage, eine wirtschaftliche Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung auszuüben noch kann sie ein mit dieser Tätigkeit einhergehendes wirtschaftliches Risiko tragen.

Im Streitfall ist danach nur dann von einem gegen den Kläger gerichteten Vorsteuerberichtigungsanspruch auszugehen, wenn er umsatzsteuerrechtlich aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung auch im Streitjahr – neben seiner Ehefrau – Vermieter des Hotelgrundstücks war.

Demgegenüber folgt aus der früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Rechtsprechung, dass im Streitjahr umsatzsteuerrechtlich eine Vermietung – und dann Veräußerung – des Hotelgrundstücks durch eine vom Kläger personenverschiedene Bruchteilsgemeinschaft vorlag. Letzteres führte dazu, dass eine Vorsteuerberichtigung – im Hinblick auf eine dann im Verhältnis von Kläger und Bruchteilsgemeinschaft vorliegende Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG gem. § 1 Abs. 1a i. V. m. § 15a Abs. 10 UStG – bei dieser, nicht aber beim Kläger vorzunehmen wäre.

Der BFH hält es für sachgerecht, das angefochtene Urteil gem. § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, denn das Urteil des FG lässt nicht erkennen, welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für das FG maßgeblich waren. Ob im Streitfall die frühere oder die neue BFH-Rechtsprechung der Besteuerung zugrunde zu legen ist, bestimmt sich nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Hierzu sind in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen, insbesondere zur formellen Bescheidlage vor Ergehen des angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheids, zu treffen.

Vereine

1. Einnahmen eines Spitzensportlers: steuerpflichtige Einkünfte oder Liebhaberei?

Erhält ein Sportler im Zusammenhang mit seiner Betätigung Zahlungen, die wesentlich höher sind als die ihm hierbei entstandenen Aufwendungen, ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Sport nicht mehr aus reiner Liebhaberei betrieben wird.

Hintergrund

Der Antragsteller ist ein Spitzensportler, der für Deutschland an unterschiedlichen internationalen Wettkämpfen teilgenommen und dabei u. a. bei den Paralympischen Spielen Titel gewonnen hat. Im Rahmen seiner sportlichen Tätigkeit bezog der Antragsteller Leistungen von der Deutschen Sporthilfe, der Bundeswehr, vom deutschen Behindertensportverband sowie als Trainer von Sportvereinen, die er nicht in seinen Einkommensteuererklärungen erklärte.

Die im Rahmen einer Betriebsprüfung ermittelten Einnahmen vermindert um geschätzte Ausgaben behandelte das Finanzamt in geänderten Steuerbescheiden als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den im Rahmen des Einspruchsverfahrens gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das Finanzamt ab. Danach hat der Antragsteller AdV beim FG beantragt.

Entscheidung

Das FG hat dem Antrag auf AdV nur teilweise entsprochen. Es vertritt die Auffassung, dass über die vom Finanzamt gewährte AdV hinausgehend nur teilweise ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 vorliegen. Nach summarischer Prüfung hat das Finanzamt die vom Antragsteller für seine Tätigkeit als Sportler von der Sporthilfe, der Bundeswehr, vom deutschen Behindertensportverband sowie von den Sportvereinen bezogenen Leistungen zu Recht der Einkommensbesteuerung im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb unterworfen.

Außerdem hat das Finanzamt zu Recht die Auffassung vertreten, dass das Gesetz keine pauschale Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten und auch keine Vermutung für den Anfall von die Einnahmen übersteigenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten vorsieht. Soweit die Finanzverwaltung bei Zuschüssen von der Deutschen Sporthilfe davon ausgeht, dass diesen i. d. R. Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüberstehen, entbindet dies den Steuerpflichtigen nicht von seiner Feststellungslast für steuermindernde Tatsachen.

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