Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsrecht

1. Beleidigende Äußerungen in einer Chatgruppe: Fristlose Kündigung gerechtfertigt?

Ein Arbeitnehmer, der sich in einer privaten Chatgruppe in beleidigender und menschenverachtender Weise über Vorgesetzte und Kollegen äußert, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen. Er kann sich nur im Ausnahmefall darauf berufen, dass er darauf habe vertrauen dürfen, die Chatinhalte würden vertraulich bleiben.

Hintergrund

Der gekündigte Arbeitnehmer arbeitete bei einem Luftverkehrsunternehmen als Gruppenleiter Lagerlogistik. Seit 2014 gehörte er einer WhatsApp-Chatgruppe mit 5 anderen Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren langjährig befreundet, 2 Mitglieder waren sogar Brüder. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Arbeitnehmer – wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder – in beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und Arbeitskollegen.

Eines der Gruppenmitglieder zeigte im Rahmen von Gesprächen über einen Arbeitsplatzkonflikt den Verlauf des WhatsApp-Chats auf seinem Smartphone einem anderen Mitarbeiter, der den Chatverlauf auf sein eigenes Smartphone kopierte und ihn dem Betriebsrat zuleitete. Der Betriebsratsvorsitzende informierte den Personalleiter über das Bestehen der WhatsApp-Gruppe und berichtete ihm über den Inhalt des Chats. Ergänzend übersandte er dem Personalleiter ein 316-seitiges Word-Dokument mit dem Inhalt des Chat-Verlaufs für die Zeit vom 19.11.2020 bis 17.1.2021. Das Gruppenmitglied, das den Chatverlauf öffentlich gemacht hatte, unterschrieb eine Bestätigung über die Richtigkeit der Inhalte. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos.

Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage. Er war der Ansicht, der Inhalt des Chat-Verlaufs habe vom Arbeitgeber nicht verwendet werden dürfen und dürfe auch im Rechtsstreit nicht verwertet werden, da es sich um einen rein privaten Austausch gehandelt habe. Sowohl das AG als auch das LAG gaben der Klage des Arbeitnehmers statt und erklärten die Kündigung für unzulässig.

Entscheidung

Das BAG stufte die Annahme des LAG, hier habe eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Arbeitnehmers betreffend der ihm vorgeworfenen Äußerungen vorgelegen, als rechtsfehlerhaft ein.

Das LAG hatte entschieden, dass die Äußerungen des Arbeitnehmers im Rahmen der Chatgruppe zwar grundsätzlich geeignet waren, eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB zu rechtfertigen, rechtfertigten aber im vorliegenden Fall aufgrund der Umstände, unter denen sie gefallen seien, die Kündigung nicht. Sie seien Bestandteil einer vertraulichen Kommunikation zwischen den Teilnehmern der Chatgruppe und genössen als solche verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre der durch die Äußerungen betroffenen Personen vorgehe. Die Tatsache, dass es sich um eine WhatsApp-Gruppe mit etlichen Mitgliedern gehandelt habe, schränke die Vertraulichkeit der Kommunikation nicht ein. Der Austausch zwischen den Mitgliedern der Chatgruppe sei auf Vertraulichkeit ausgerichtet gewesen. Die Mitglieder hätten untereinander Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichten ausgetauscht, die für Außenstehende nicht einsehbar waren. Aufgrund der langjährigen Freundschaften habe ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden. Die Chatgruppe habe auch keinen dienstlichen Bezug gehabt. Sie sei von den Mitgliedern als private Gruppe gebildet worden. Soweit sie sich über Arbeitskollegen und Geschehnisse am Arbeitsplatz ausgetauscht hätten, habe dies keinen dienstlichen Bezug begründet. Insofern habe es sich lediglich um einen privaten Meinungsaustausch gehandelt, der sich wegen der gemeinsamen Tätigkeit für den Arbeitgeber auch mit Aspekten des Arbeitslebens der Gruppenmitglieder auseinandergesetzt habe.

Eine Vertraulichkeitserwartung ist nach Auffassung des BAG nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.

Das BAG hat das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das LAG zurückverwiesen. Dieses wird dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, darzulegen, warum er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer zwischenzeitlich geänderten Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1. Falsche Gesellschafterliste nach Beschlussfassung: einstweiliger Rechtsschutz möglich?

Einem Gesellschafter muss es auch nach einer Beschlussfassung noch möglich sein, einstweiligen Rechtsschutz gegen eine (wahrscheinlich) unrichtige Gesellschafterliste zu erlangen. Andernfalls könnte effektiver Rechtsschutz allein aufgrund von zeitlichen Zufälligkeiten nicht erlangt werden.

Hintergrund

In einer Gesellschafterversammlung, zu der die betreffende Mehrheitsgesellschafterin nicht ordnungsgemäß geladen war, wurde beschlossen, dass die Gesellschaftsanteile der Mehrheitsgesellschafterin eingezogen werden sollen. In einer nachfolgenden Gesellschafterversammlung wurde dann beschlossen, dass die übrigen Gesellschaftsanteile aufgestockt werden. Im Anschluss an diese Gesellschafterversammlungen wurde eine neue Gesellschafterliste, die nur noch die verbliebenen Gesellschafter auswies, beim Registergericht eingereicht.

Die Eintragung der neuen Gesellschafterliste im Handelsregister wirkt faktisch wie ein Vollzug des Gesellschafterbeschlusses, weil nur die Gesellschafterliste, die im Handelsregister eingetragen ist, eine (faktische) Gesellschafterstellung hinsichtlich bestimmter Gesellschafterrechte vermittelt (sog. Legitimationswirkung).

Das Landgericht erließ daraufhin antragsgemäß eine einstweilige Verfügung gegen die Gesellschaft als Antragsgegnerin, in der es die Gesellschaft u. a. dazu verpflichtete, die (ausgeschlossene) Mehrheitsgesellschafterin weiterhin als Gesellschafterin zu behandeln. Weiterhin wurde der Gesellschaft aufgegeben, eine Gesellschafterliste zu erstellen, die den status quo ohne Einziehung ausweist und beim Registergericht einzureichen.

Entscheidung

Diese einstweilige Anordnung wurde vom Kammergericht bestätigt.

Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ergibt sich aus der Eintragung der Streichung aus der Gesellschafterliste. Die Tatsache, dass der Gesellschafter aufgrund der Streichung seine Gesellschafterrechte nicht mehr ausüben kann, stellt einen wesentlichen Nachteil i. S. d. § 940 ZPO dar, den es abzuwenden gilt. Andernfalls könnten die übrigen Gesellschafter während der Dauer des Rechtsstreits in der Hauptsache aufgrund der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG sich dadurch Vorteile verschaffen, dass sie das Unternehmen nach ihrem Belieben umgestalten. Alle während der Rechtshängigkeit gefassten Beschlüsse würden auch bei Obsiegen des Gesellschafters in der Hauptsache wirksam bleiben. Insbesondere satzungs- und strukturändernde Beschlüsse, die aufgrund der veränderten Machtverhältnisse möglich waren, kann ein Mehrheitsgesellschafter nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens entweder nicht mehr rückgängig machen, oder dies ist nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich.

Bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen können dem Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen seine Mitgesellschafter zustehen. Ein solcher Anspruch kann sich im Fall eines rechtswidrigen Ausschlusses aus der Gesellschaft und unmittelbarer Einreichung einer neuen Gesellschafterliste beim Registergericht beispielsweise aus § 826 BGB ergeben. Das Ausnutzen der formalen Rechtsposition, die die neu eingetragene Gesellschafterliste vermittelt, ist insofern als sittenwidrige Schädigung anzusehen.

2. Im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft: Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs bei Gesellschafterfremdfinanzierung

Zinsen aus Darlehen eines Steuerpflichtigen an eine ausländische Kapitalgesellschaft, an der er mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt ist, sind gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG in der bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2020 geltenden Fassung aus dem Anwendungsbereich des gesonderten Tarifs für Kapitaleinkünfte ausgeschlossen.

Hintergrund

Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war Alleingesellschafter der A-BV, die ihrerseits als Alleingesellschafterin an der B-BV beteiligt war. Die A-BV und die B-BV sind Kapitalgesellschaften niederländischen Rechts, die im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung haben. Der Kläger war bei der B-BV als Geschäftsführer angestellt. Aus der Gewährung mehrerer Darlehen an die B-BV flossen ihm im Streitjahr Zinsen in Höhe von insgesamt 410.000 EUR zu.

Die Kläger erklärten in der Einkommensteuererklärung diese Zinsen als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers und begehrten die Besteuerung mit dem gesonderten Tarif gem. § 32d Abs. 1 EStG.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass diese Darlehenszinsen nicht der Abgeltungssteuer, sondern dem progressiven Steuersatz unterlägen und verwies auf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG.

Die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Klage wies das FG als unbegründet zurück.

Entscheidung

Der BFH gibt Finanzamt Recht. Die Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG war im Streitfall erfüllt, da der Kläger als eine der Anteilseignerin A-BV nahestehende Person im Sinne dieser Vorschrift anzusehen war.

Der BFH führte hierzu aus, dass es sich bei dem Begriff der nahestehenden Person in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der normspezifisch für Zwecke des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG auszulegen ist, handelt. Ein Näheverhältnis des Gläubigers der Kapitalerträge zu einer Anteilseigner-Kapitalgesellschaft, die zu mindestens 10 % an der Schuldner-Kapitalgesellschaft beteiligt ist, liegt vor, wenn der Gläubiger aufgrund seiner Beteiligung über die Stimmrechtsmehrheit in der Gesellschafterversammlung der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft verfügt, sodass er dadurch die Einflussmöglichkeiten, die auf der Ebene der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft aufgrund deren zumindest 10 %iger Beteiligung an der Schuldner-Kapitalgesellschaft bestehen, beherrscht.

Der Umstand, dass die B-BV als darlehensnehmende Schuldner-Kapitalgesellschaft weder über Sitz noch über Geschäftsleitung im Inland verfügte, steht der Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG nicht entgegen, da das Tatbestandsmerkmal „Kapitalgesellschaft“ nicht auf ein rein nationales Verständnis der Norm schließen lässt.

Auch der Einwand des Klägers, er hätte auch Kapital bei einem deutschen Kreditinstitut anlegen können und damit dem gesonderten Tarif unterlegen, greift nicht, da die Besteuerung nur an verwirklichte Sachverhalte anknüpft und rein hypothetische, aber tatsächlich nicht umgesetzte Sachverhalte für die Besteuerungsfolgen aus dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt keine Bedeutung haben.

Schließlich weist der BFH darauf hin, dass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG nicht in der Weise einschränkend auszulegen ist, dass der Ausschluss aus dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG nur für die Fälle gilt, in denen die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen zu inländischen Betriebsausgaben bei der Schuldner-Kapitalgesellschaft führen.

Der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG sieht eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift nach der im Streitjahr 2011 geltenden Rechtslage nicht vor.

3. Stehengelassenes Gesellschafterdarlehen: Wie wird ein Verlust berücksichtigt?

Findet der Ausfall der Regressforderung aus einer stehen gelassenen Bürgschaft im Rahmen des § 17 EStG keine Berücksichtigung, weil der gemeine Wert der Forderung im Zeitpunkt des Stehenlassens mit 0 EUR zu bewerten ist, steht § 20 Abs. 8 EStG einer Berücksichtigung der Forderung mit ihrem nicht werthaltigen Teil (Nennwert) nicht entgegen.

Hintergrund

Der Kläger und sein Bruder waren zu je 50 % am (vollständig erbrachten) Stammkapital i. H. v. 25.000 EUR der im Jahr 2009 gegründeten B-GmbH beteiligt. Über das Vermögen der B-GmbH wurde im Dezember 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger war im Streitjahr zudem Kommanditist der C-GmbH & Co. KG und allein am Vermögen der KG beteiligt. Komplementärin der KG und nicht an deren Vermögen beteiligt war die C-GmbH, deren Alleingesellschafter wiederum der Kläger war.

Die B-GmbH und die KG nahmen bei der F-Bank und G-Bank mehrere Darlehen auf, für die der Kläger sich selbstschuldnerisch verbürgte. Der vereinbarte Höchstbetrag der selbstschuldnerischen Bürgschaft belief sich auf 346.000 EUR. In diesem Zusammenhang verpfändete er die bei der F-Bank verwahrten Wertpapiere.

Am 27.12.2012 kündigte die F-Bank die mit der B-GmbH bestehenden Darlehensverhältnisse und nahm den Kläger aus seinen Bürgschaften in Anspruch. In Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schlossen der Kläger und sein Bruder unter Einbindung der KG umfassende Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen mit den beiden Banken ab. Die Brüder verpflichteten sich gesamtschuldnerisch, Beträge in einer näher bestimmten Größenordnung an die Banken zu zahlen. Dabei wurden Beträge, die die F-Bank bereits aus der Verwertung des verpfändeten Wertpapierdepots des Klägers erhalten hatte, abgezogen. Im Gegenzug verzichteten die beiden Banken auf sämtliche gegenüber dem Kläger bestehende Forderungen, soweit sie aus der Besicherung der der B-GmbH gewährten Darlehen resultierten.

Die Zahlung des überwiegenden Teils dieser Beträge erfolgte von einem Konto der KG. Darüber hinaus zahlten die Brüder gesamtschuldnerisch einen Betrag von 15.000 EUR an die Insolvenzmasse und 7.262,00 EUR an den Vermieter des von der B-GmbH genutzten Ladenlokals.

Der Kläger machte für das Jahr 2014 in seiner Einkommensteuererklärung einen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 1, 4 EStG von insgesamt 242.036 EUR (145.221 EUR nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens) geltend. Das Finanzamt hingegen berücksichtigte nur einen Verlust i. H. v. 23.631 EUR (im Teileinkünfteverfahren: 14.178 EUR). Dieser setzte sich zusammen aus dem anteiligen Stammkapital (12.500,00 EUR) sowie der Hälfte der Zahlungen an den Insolvenzverwalter (7.500,00 EUR) und an den Vermieter (3.631 EUR).

Das FG hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat entschieden, dass statt eines Verlusts des Klägers nach § 17 Abs. 4 EStG i. H. v. 14.178 EUR nur ein Verlust i. H. v. 7.500 EUR (nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, hälftiges Stammkapital zu 60 %) sowie ein Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG von 114.768 EUR (die Hälfte des verbleibenden Restbetrags von 229.536 EUR) bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen anzusetzen ist, der nicht dem gesonderten Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG unterfällt.

Entscheidung

Der BFH weist Revision des Finanzamts zurück. Er bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach beim Kläger ein Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i. H. v. 114.768 EUR zu berücksichtigen ist.

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Zwar fehlt es bei einem Forderungsausfall an dem für eine Veräußerung notwendigen Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann.

Wie die Veräußerung ist die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt daher grundsätzlich erst dann vor, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür regelmäßig nicht aus. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlusts nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist.

In Anwendung dieser Grundsätze hat das FG den Ausfall der Bürgschaftsregressforderungen i. H. v. 114.768 EUR zu Recht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG berücksichtigt.

Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des § 20 EStG ist zwar im Grundsatz jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Allerdings bedarf es in Fällen wie dem vorliegenden einer „Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürgschaft/Regressforderung. Danach sind die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte maßgebend, d. h. sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen. Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht ist nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheidet. Dies ist hier nicht der Fall. Das Fehlen einer Bürgschaftsprovision allein führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Entsprechendes gilt für die Feststellung des FG, bereits im Streitjahr sei nicht mehr mit Zahlungen auf die Forderungen zu rechnen gewesen, vielmehr hätten ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderungen vorgelegen. Dabei habe das FG maßgebend auf den Abschluss der Zahlungs- und Verzichtsvereinbarung mit dem Insolvenzverwalter im Februar 2014 abgestellt; diese habe sämtliche Ansprüche der Beteiligten abschließend regeln sollen.

Kapitalanlage & Versicherung

1. Berufsunfähigkeitsversicherung: Verschwiegenes Lampenfieber ein Grund für Leistungsverweigerung?

Berechtigen eine Handvoll verschwiegener probatorische Sitzungen wegen Lampenfiebers den Versicherer einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu einer rückwirkenden Vertragsänderung? Das OLG Dresden meint: Nein.

Hintergrund

Eine junge Frau hatte sich vor dem Abitur auf Drängen ihrer Mutter vom Hausarzt an einen Psychotherapeuten überweisen lassen, um ein ausgeprägtes Lampenfieber in den Griff zu bekommen. Es folgten 5 probatorische Sitzungen bei dem Psychotherapeuten, der danach entschied, dass eine Behandlung nicht erforderlich sei.

8 Jahre später sorgten diese Sitzungen allerdings für Schwierigkeiten beim Antrag auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Ein Gutachter hatte bestätigt, dass bei der jungen Frau eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, die sie auf Dauer zu mehr als 50 % in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit einschränkt.

Die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Nach Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Klägerin nahm sie eine rückwirkende Vertragsanpassung vor. Mit dieser Anpassung wurden Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend ab Vertragsbeginn aus dem Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn psychische und/oder psychosomatische Erkrankungen oder nachgewiesene Folgen dieses Leidens die Ursache der Berufsunfähigkeit bildeten.

Die Versicherung sah in den 5 probatorischen Sitzungen bei dem Psychotherapeuten eine mitteilungspflichtige Behandlung. Die junge Frau hatte die Behandlungen im Antrag nicht erwähnt.

Entscheidung

Das LG hatte entschieden, dass die von der Versicherung ausgesprochene Vertragsänderung nicht rückwirkend zu einer Anpassung des Versicherungsvertrags führt. Diese Auffassung wurde vom OLG bestätigt.

Das Gericht erkannte zwar, dass die Frau im Versicherungsantrag objektiv falsche Angaben gemacht habe, indem sie die Sitzungen beim Psychotherapeuten nicht erwähnt habe. Hierin liege eine nach den Antragsfragen mitteilungspflichtige Behandlung.

Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht sei aber gem. § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG unverschuldet erfolgt. Die Klägerin habe sich auf die Einschätzung des Psychologen verlassen dürfen, dass sie nicht an einer psychischen Krankheit leide.

Als Krankheit im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung komme nur ein Zustand in Betracht, der vom normalen Gesundheitszustand so stark und so nachhaltig abweicht, dass er geeignet sei, die berufliche Leistungsfähigkeit oder die berufliche Einsatzmöglichkeit dauerhaft zu beeinträchtigen.

Hierzu zähle ein alterstypisch ausgeprägtes Lampenfieber unterhalb der Schwelle zur krankhaften Prüfungsangst nicht. Es stellt nach Auffassung des Gerichts auch keine „Beschwerde“ der Psyche dar.

Land- und Forstwirtschaft

1. Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG gilt nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Hintergrund

Die Klägerin ist Landwirtin. Ihr land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand (Ziegen) befindet sich in Österreich. Dort wird sie auch als pauschalbesteuerte Landwirtin geführt. Sie verkaufte im Streitjahr 2018 selbst erzeugte Produkte aus eigener Ziegenhaltung auf einem Wochenmarkt im Inland.

In der Umsatzsteuererklärung erklärte sie steuerpflichtige Umsätze nach § 24 UStG, für die keine Steuer zu entrichten sei.

Das Finanzamt unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, da die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG nicht vorlägen.

Das FG gab der Klage gegen die Einspruchsentscheidung statt. Insbesondere stehe der Anwendung des § 24 UStG nicht entgegen, dass sich der Betrieb im Ausland befände.

Entscheidung

Der BFH hat dagegen entschieden, dass die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt. Die Regelung des § 24 UStG bezieht sich in unionsrechtskonformer Auslegung nämlich allein auf inländische land- und forstwirtschaftliche Unternehmer.

Dafür sprechen die Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die auf eine Beschränkung auf die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte hindeuten.

So gilt nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL als land-, forst- und fischwirtschaftlicher Betrieb ein Betrieb, der in den einzelnen Mitgliedstaaten unter weiteren Voraussetzungen als solcher eingestuft wird. Dies spricht für eine nationale Begriffsbestimmung und damit für eine Beschränkung auf nationale Betriebe.

Insbesondere spricht der Wortlaut der Art. 297 bis 299 MwStSystRL für eine Beschränkung auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Land- und Forstbetriebe. Danach werden die von den Mitgliedstaaten festgelegten Pauschalausgleichs-Prozentsätze anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten 3 Jahre bestimmt. Die Ermittlung dieser Daten kann von jedem Mitgliedstaat nur in Bezug auf die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte erfolgen. Damit beziehen sich die Pauschalausgleichs-Prozentsätze auf die wirtschaftliche Tätigkeit der im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte. Dies spricht gegen eine Anwendung auf im EU-Ausland ansässige Land- und Forstwirte.

Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL besteht der Sinn und Zweck der Pauschalbesteuerung der Land- und Forstwirte darin, die Vorsteuerbelastung aus Vereinfachungsgründen pauschaliert auszugleichen. Dieser Zweck wird mit einer Erfassung ausländischer Land- und Forstwirte durch eine nationale Pauschalierungsregelung nicht erreicht. Da sich die Pauschalausgleichs-Prozentsätze in einem anderen Mitgliedstaat von denen in Deutschland unterscheiden können, widerspricht die Anwendung des § 24 UStG auf diese Fälle dem Sinn und Zweck der Regelungen der MwStSystRL, die nur auf einen Ausgleich von den im jeweiligen Mitgliedstaat festgestellten Vorsteuerbelastungen abzielen.

Zudem fehlt es bei Land- und Forstwirten aus Mitgliedstaaten ohne eine Pauschalbesteuerungsregelung, die landwirtschaftliche Produkte ins Inland verbringen und hier veräußern, an den aufgrund makroökonomischer Daten im Mitgliedstaat ermittelten Pauschalausgleichs-Prozentsätzen gem. Art. 298 Satz 1 MwStSystRL völlig, sodass eine Durchschnittssatzbesteuerung im Inland überhaupt nicht mit den Regelungen der Art. 297- 299 MwStSystRL in systematischen Einklang zu bringen ist.

Schließlich spricht auch die Regelung des Art. 299 MwStSystRL für den systembedingten Ausschluss von im EU-Ausland ansässigen Land- und Forstwirten. Soweit Art. 299 MwStSystRL bestimmt, dass die Berechnung der Pauschalausgleichs-Prozentsätze nicht dazu führen darf, dass die Pauschallandwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die Mehrwertsteuer-Vorbelastung hinausgehen, spricht dies ebenfalls für einen Anwendungsbezug auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Land- und Forstwirte. Denn ein im anderen Mitgliedstaat ansässiger Land- und Forstwirt wäre bei der dortigen Produktion ganz anderen Mehrwertsteuer-Vorbelastungen unterworfen, die in die nach Art. 299 MwStSystRL erforderliche Berechnung des Mitgliedstaats nicht eingeflossen ist.

Lohn und Gehalt

1. Keine Kürzung des geldwerten Vorteils für Garage

Die vom Arbeitnehmer für seine Garage getragene AfA kann den geldwerten Vorteil aus der Überlassung eines betrieblichen Arbeitgeber-Fahrzeugs zur außerdienstlichen Nutzung nicht mindern, wenn keine rechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber besteht, das Fahrzeug in der Garage unterzustellen.

Hintergrund

Die Kläger wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war als Syndikusrechtsanwalt und -steuerberater bei der X- AG angestellt. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG. Zudem verfasste er steuerliche Fachbeiträge in Form von Aufsätzen und Kommentierungen. Diese Einkünfte ordnete der Kläger den Einkünften aus selbstständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu.

Die X-AG stellte dem Kläger im Streitjahr ein Geschäftsfahrzeug zur dienstlichen und außerdienstlichen Nutzung sowie ein Zweitfahrzeug für Führungskräfte zur dienstlichen und außerdienstlichen Nutzung zur Verfügung. Das Zweitfahrzeug benutzte die Klägerin.

Der geldwerte Vorteil des Klägers für die Nutzung der Fahrzeuge für außerdienstliche Fahrten wurde nach der 1 %-Regelung und für die Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte nach der 0,03 %-Methode ermittelt.

Den Gewinn aus seiner selbstständigen Tätigkeit ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG. Er machte als Betriebsausgaben einen Betrag i. H. v. 30 % der Einnahmen als Betriebsausgabenpauschale für eine hauptberufliche selbstständige schriftstellerische Tätigkeit geltend.

Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit machte der Kläger Aufwendungen für die AfA der Garage, in der die beiden überlassenen Fahrzeuge standen, als Minderung des geldwerten Vorteils aus der Fahrzeugüberlassung geltend.

Die Klägerin erzielte als Oberärztin ebenfalls Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Außerdem erhielt sie Vergütungen für die vom Chefarzt beauftragte Erstellung ärztlicher Patientengutachten. Zudem hatte sie Einnahmen aus einem Lehrauftrag. Auch diese Einkünfte wurden den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zugeordnet.

Sie ermittelte die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit ebenfalls gem. § 4 Abs. 3 EStG. Auch sie zog einen Betrag i. H. v. 30 % der Einnahmen als Betriebsausgaben ab.

Das Finanzamt berücksichtigte bei der Veranlagung der Kläger jeweils nur einen pauschalen Betriebsausgabenabzug i. H. v. 25 % der Einnahmen für eine nebenberuflich ausgeübte schriftstellerische und wissenschaftliche Tätigkeit, begrenzt auf 614 EUR beim Kläger sowie i. H. v. 98 EUR für die Klägerin.

Eine Minderung des geldwerten Vorteils des Klägers aus der Überlassung der beiden Fahrzeuge der X- AG in Höhe der Garagen-AfA lehnte das Finanzamt ab.

Die von den Klägern gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts eingelegte Klage wies das FG ab.

Entscheidung

Das Finanzamt hat zur Abgrenzung einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit und einer nebenberuflich ausgeübten schriftstellerischen Tätigkeit zu Recht auf die zu § 3 Nr. 26 EStG vorhandenen Kriterien abgestellt.

Danach sind nur solche Steuerpflichtige als hauptberufliche selbständige Schriftsteller anzusehen, die eine schriftstellerische Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mehr als einem Drittel eines vergleichbaren schriftstellerischen Vollzeiterwerbs ausüben.

Bei der Klägerin fehle es schon an einer schriftstellerischen Tätigkeit. Schriftstellerisch tätig wird derjenige Steuerpflichtige, der eigene Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige Manuskripte oder andere Unterlagen fertigt, die nicht an die Öffentlichkeit gerichtet werden und auch nicht ihr gegenüber zur Veröffentlichung bestimmt sind.

Das FG hat darüber hinaus zutreffend entschieden, dass die Garagen-AfA den geldwerten Vorteil des Klägers aus der Überlassung der betrieblichen Fahrzeuge nicht mindert.

Vorteilsmindernde Nutzungsentgelte sind nur solche Aufwendungen, die (einschließlich der vom Arbeitnehmer zu tragenden Anschaffungskosten) für die Überlassung und Inbetriebnahme des Dienstwagens vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zu leisten sind. Der Arbeitnehmer muss sich insoweit gegenüber dem Arbeitgeber zur Tragung bestimmter Aufwendungen für das überlassene Fahrzeug verpflichten.

Die Aufwendungen für die Garagen-AfA sind kein solches vorteilsminderndes Nutzungsentgelt, weil es an einer rechtlichen Verpflichtung des Klägers gegenüber seinem Arbeitgeber fehlt, die Fahrzeuge in der Garage unterstellen zu müssen.

Ferner ist die Garagen-AfA zutreffend auch nicht als vorteilsmindernde Einzelausgabe eingeordnet worden. Vorteilsmindernde einzelne Aufwendungen außerhalb eines Nutzungsentgelts müssen nutzungsabhängig sein, d. h. dem Betrieb des Fahrzeugs oder der Durchführung konkreter außerdienstlicher Fahrten dienen, wie z. B. Versicherungsbeiträge, Kraftstoffkosten und auch Garagenstellplatzmieten. Für die Anerkennung vorteilsmindernder Einzelausgaben und Fahrzeugkosten ist – wie bei Nutzungsentgelten – aber zusätzlich erforderlich, dass diese Kosten vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber „übernommen“ werden, was eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Kostentragung erfordert. Der Arbeitgeber muss für eine bestimmte nutzungsabhängige Aufwendung verlangen, dass sie getätigt wird, und der Arbeitnehmer muss sich verpflichten, diese zu tragen. Eine Vereinbarung zwischen der X-AG und dem Kläger, dass die Fahrzeuge vom Kläger auf eigene Kosten in einer eigenen oder angemieteten fremden Garage unterzustellen sind, gibt es jedoch nicht.

Private Immobilienbesitzer

1. Eigenbedarfskündigung: Härtefall wegen hohem Alter und langjähriger Verwurzelung

Wann können sich langjährige Mieter bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs auf eine unzumutbare Härte berufen? Das LG Berlin hat Stellung zu dieser Frage bezogen.

Hintergrund

Nachdem ein Ehepaar seit 18 Jahren in einer 2-Zimmerwohnung in Berlin gelebt hatte, kündigte ihnen der neue Vermieter wegen Eigenbedarfs. Doch die Mieter widersprachen der Kündigung. Sie beriefen sich auf ihren beeinträchtigten Gesundheitszustand, ihr hohes Alter und eine langjährige Verwurzelung. Der Vermieter verklagte die Mieter auf Räumung.

Das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte wies die Klage ab und bezog sich auf ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten. Ferner ordnete es an, dass das Mietverhältnis auf unbegrenzte Zeit fortgesetzt wird.

Das LG Berlin wies die Berufung des Vermieters zurück. Das Gericht begründete das damit, dass die Mieterin zum Zeitpunkt der Kündigung bereits über 80 Jahre alt gewesen ist. Für ältere Menschen stelle der Verlust der eigenen Wohnung eine besondere Härte dar. Denn ein hohes Alter sei stets mit vielfältigen Beeinträchtigungen verbunden. Darüber hinaus seien ältere langjährige Mieter häufig besonders am Ort der Mietsache sozial verwurzelt. Infolgedessen könne hier offenbleiben, inwieweit der Umzug aufgrund von Gesundheitsbeeinträchtigung der Mieter eine unzumutbare Härte darstellt. Das LG Berlin ließ die Revision nicht zu. Hiergegen legte die Vermieterin erfolgreich eine Nichtzulassungsbeschwerde ein.

Nachdem der Ehemann der Mieterin im Laufe des Verfahrens verstorben war, hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des LG Berlin auf.

Die Richter stellten klar, dass die Begründung der Vorinstanz für das Vorliegen einer Härte i. S. v. § 574 Abs. 1 BGB zu pauschal ist. Denn ein hohes Alter ist nicht zwangsläufig mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden. Vielmehr hängt dies von unterschiedlichen Faktoren ab wie der Persönlichkeit des Mieters sowie dessen körperlicher und psychischer Verfassung. Darüber hinaus sind langjährige Mieter nicht zwangsläufig mit dem Ort der Mietsache tief verwurzelt. Das gilt auch, wenn sie seit Jahrzehnten dort gelebt haben. Vielmehr hängt das davon ab, ob sie diesen Zeitraum genutzt haben, um etwa Kontakte zu Nachbarn aufzubauen. Zwecks näherer tatsächlicher Feststellungen verwies der BGH die Sache an die Vorinstanz zurück.

Entscheidung

Das LG Berlin wies abschließend die Berufung des Vermieters gegen das Urteil des Amtsgerichtes Berlin-Mitte endgültig zurück.

Die Richter begründeten das damit, dass ein Umzug aufgrund des sehr hohen Lebensalters der Mieterin von 90 Jahren zum Zeitpunkt dieser Gerichtsentscheidung sowie ihrer tiefen Verwurzelung am Ort der Mietsache eine unzumutbare Härte gem. § 574 Abs. 1 BGB darstellen würde. Das gilt nach Ansicht des Gerichtes unabhängig davon, ob sie in ihrer Gesundheit beeinträchtigt ist.

Für eine tiefe Verwurzelung spricht laut LG Berlin:

Infolgedessen seien die Folgen, die mit einem Verlust der Wohnung verbunden sind, für die Mieterin so gravierend, dass sie dadurch in ihrer Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG verletzt wird.

Demgegenüber müssen die Interessen des Vermieters laut LG Berlin normalerweise zurückstehen. Anders sehe das nur aus, wenn dieser sich im Rahmen der Interessensabwägung nach § 574 Abs. 1 BGB auf besonders gewichtige persönliche und wirtschaftliche Nachteile berufen kann. Diese seien jedoch nicht ersichtlich.

2. Mieterhöhung: Welche Vormiete ist maßgeblich?

Eine Miete kann auch dann zulässig sein, wenn sie die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt. War die Vormiete ihrerseits überhöht, kann es auch auf die Vor-Vormiete ankommen.

Hintergrund

Die Vermieterin und der Mieter einer Wohnung streiten über die zulässige Miethöhe für eine 38 Quadratmeter große Wohnung. Für die Wohnung gilt seit 1.6.2015 die Mietpreisbremse.

Der Mieter hatte die Wohnung im Juli 2017 für eine Nettokaltmiete von 460 EUR (ca. 12 EUR pro Quadratmeter) gemietet. Die ortsübliche Vergleichsmiete betrug 256 EUR (6,65 EUR pro Quadratmeter).

Zuvor war die Wohnung Mitte Juni 2015, kurz nach Einführung der Mietpreisbremse, für eine Nettokaltmiete von 422 EUR (ca. 11 EUR pro Quadratmeter) vermietet worden (Vormiete). Davor wiederum war die Wohnung seit März 2014 für 380 EUR (10 EUR pro Quadratmeter) vermietet (Vor-Vormiete).

Im April 2021 rügte der Mieter, die Miethöhe verstoße gegen die Mietpreisbremse. Er verlangt Herabsetzung der Miete auf 281 EUR (ortsübliche Vergleichsmiete zzgl. 10 %).

Entscheidung

Der BGH entschied, dass die vereinbarte Miete von 460 EUR die nach der Mietpreisbremse zulässige Miethöhe überschreitet. Zulässig ist eine Miete von 380 EUR. Soweit die im Mietvertrag vereinbarte Miete darüber hinausgeht, ist die Vereinbarung unwirksam.

Ausgangspunkt für die zulässige Miethöhe sind die Regelungen über die Mietpreisbremse. Danach darf die Miete bei neu abgeschlossenen Mietverhältnissen maximal 10 % oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies wären hier 281 Euro.

Hat der Vormieter eine höhere Miete geschuldet, darf der Vermieter auch im neuen Mietverhältnis eine Miete in dieser Höhe verlangen.

Geschuldete Vormiete in diesem Sinne ist die Miethöhe, die im vorangegangenen Mietverhältnis zulässigerweise vereinbart war. War im Vormietverhältnis – wie hier – eine unzulässig überhöhte Miete vereinbart, ist als geschuldete Vormiete die gemäß Mietpreisbremse reduzierte Miete anzusehen. Das gilt auch, wenn sich die im Vormietverhältnis zulässige Miethöhe ihrerseits unter Heranziehung der Vor-Vormiete bestimmt.

Im vorliegenden Fall ergibt sich damit ein mehrstufiger Weg, um die zulässige Miethöhe im aktuellen Mietverhältnis zu ermitteln:

Auf diesem Weg ist die vor Einführung der Mietpreisbremse vereinbarte Miete von 380 EUR aus dem Vor-Vormietverhältnis über das Vor-Mietverhältnis auch für das aktuelle Mietverhältnis maßgeblich.

Sonstige Steuer

1. Rechtsstreitigkeiten um einen Nachlass: Welche Kosten sind absetzbar?

Verlangt ein Miterbe die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und beantragt er die Teilungsversteigerung der geerbten Grundstücke, sind die daraus resultierenden Rechtsberatungskosten Kosten der Nachlassverteilung.

Hintergrund

Der Kläger ist zusammen mit seinem Bruder Miterbe nach seinem verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte insbesondere umfangreiches Grundvermögen. Da das Verhältnis des Klägers zu seinem Bruder zerrüttet war, führten die beiden diverse Rechtsstreitigkeiten.

Zudem wurden Teilungsversteigerungsverfahren zur Auflösung der Erbengemeinschaft hinsichtlich mehrerer Objekte geführt, wobei eine Kanzlei für die Beratung beauftragt wurde. Diese Aufwendungen erkannte das Finanzamt nicht als Nachlassverbindlichkeiten an, da sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung des Erblasserwillens stünden. Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhen würden, seien keine Nachlassregelungskosten.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Verlangt ein Miterbe die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und beantragt er die Teilungsversteigerung der im Nachlass befindlichen Grundstücke, stellen die in der Folgezeit daraus resultierenden Kosten der Rechtsberatung und -vertretung in unmittelbarem Zusammenhang mit den Teilungsversteigerungsverfahren und der Beratung während der Erbauseinandersetzung unmittelbare Kosten der Nachlassverteilung i. S. v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG dar. Hierfür spielt es keine Rolle, ob der Erblasser nach § 2048 BGB Teilungsanordnungen verfügt hat, ob die Erbauseinandersetzung auf einer Vereinbarung beruht oder Ergebnis eines Rechtsstreits der Miterben ist.

Allerdings hat das FG einschränkend festgestellt, dass Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Vermietung von Nachlassgegenständen durch die Erbengemeinschaft in die Phase der Verwaltung dieser Gegenstände fallen, sodass daraus verursachte Rechtsberatungskosten ebenfalls zur Nachlassverwaltung gehören und somit nicht abzugsfähige Nachlassverwaltungskosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG darstellen.

2. Zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist bei der Grunderwerbsteuer

Bei einer Besteuerung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kommt einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GrEStG oder nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStG keine die Anlaufhemmung beendende Wirkung für die Feststellungs- und für die Festsetzungsfrist der zu erlassenden Bescheide zu. Das gilt jedenfalls dann, wenn die erforderlichen Angaben in Bezug auf ein Grundstück vollständig fehlen.

Hintergrund

Der Kläger ist ein Kirchenkreis in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er war i. H. v. 50 % an einer grundbesitzenden gemeinnützigen GmbH (gGmbH) beteiligt. Mitgesellschafter der gGmbH war i. H. v. 50 % ein eingetragener Verein. Dieser übertrug nach seiner Auflösung mit Anteilsübertragungsvertrag vom 13.3.2013 seinen 50 %-Anteil an der gGmbH auf den Kläger.

Der Erwerbsvorgang in Bezug auf die Anteile der gGmbH wurde dem Finanzamt am 26.3.2013 durch den Notar und einen Tag darauf durch den Kläger angezeigt. Der Kläger übersandte dem Finanzamt im Rahmen der Anzeige die Vertragsurkunde und eine Grundstücksliste.

Das Finanzamt erkannte nach Erlass des Feststellungsbescheids vom 25.9.2013 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 3a GrEStG „für den am 13.3.2013 durch Anteilsübertragungsvertrag“ „verwirklichten Erwerbsvorgang“ durch „Vereinigung der Anteile i. S. v. § 1 Abs. 3 Nrn. 1 oder 2 GrEStG“, dass in der ursprünglich durch den Kläger übersandten Grundstücksliste 2 Grundstücke nicht erfasst worden waren.

Nachdem der Kläger im Jahr 2014 eine ergänzte Grundstücksliste übermittelt hatte, erließ das Finanzamt am 7.10.2014 einen geänderten Feststellungsbescheid, der auch diese Grundstücke erfasste. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Für den in seinem Bezirk belegenen Grundbesitz erließ das Finanzamt am 19.12.2017 Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Grunderwerbsteuer auf den 13.3.2013 (Wertfeststellungsbescheide), die ebenfalls bestandskräftig wurden.

Mit Bescheid vom 23.1.2018 (Grunderwerbsteuerbescheid) setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest. Gegen den Grunderwerbsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er war der Auffassung, dass bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klage beim FG hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH gibt dem Finanzamt Recht.

Durch den Feststellungbescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG werden u. a. die Steuerpflicht des Erwerbsvorgangs dem Grunde nach, die Steuerschuldner und die Grundstücke, die von dem Erwerbsvorgang betroffen sind, festgestellt. Erst aufgrund dieses Bescheids kann die gesonderte Wertfeststellung gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG für die betroffenen Grundstücke erfolgen, weil vorher nicht feststeht, dass und für welche Grundstücke Werte festzustellen sind.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für Grunderwerbsteuerzwecke ist dann auch (bindender) Grundlagenbescheid für den Grunderwerbsteuerbescheid als Folgebescheid. Durch die Anzeigen nach § 18 bzw. § 19 GrEStG sollen daher sowohl die für die Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen zuständigen Finanzämter als auch das für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt in die Lage versetzt werden, die mögliche Grunderwerbsteuerbarkeit des angezeigten Rechtsvorgangs zu prüfen. Dem Feststellungsfinanzamt soll durch die Angaben in der Anzeige ermöglicht werden, die Besteuerungsgrundlagen festzustellen, die das für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt benötigt.

Der notwendige Inhalt der Anzeigen ergibt sich aus § 20 GrEStG. U. a. verlangen § 20 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GrEStG die Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer sowie die Größe des Grundstücks und bei bebauten Grundstücken die Art der Bebauung. Gehören zum Vermögen einer Gesellschaft mehrere Grundstücke, gelten diese Anforderungen für jedes einzelne Grundstück.

Danach kommt einer Anzeige nach § 18 oder nach § 19 GrEStG bei einer Besteuerung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG jedenfalls dann keine die Anlaufhemmung beendende Wirkung für die Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist der zu erlassenden Bescheide zu, wenn die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben in Bezug auf ein Grundstück vollständig fehlen. Diese Rechtsfolge erstreckt sich auf alle von dem Rechtsvorgang der Anteilsvereinigung i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG betroffenen Grundstücke und nicht nur auf die nicht angegebenen Grundstücke, da die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 GrEStG bei einem Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 3 GrEStG für alle zum Vermögen der Gesellschaft gehörenden Grundstücke in nur einem Feststellungsbescheid zu erfolgen hat.

Fehlen daher einzelne Grundstücke in der Auflistung vollständig, ist es ungewiss, ob und wann das Finanzamt von den fehlenden betroffenen Grundstücken Kenntnis erlangt. Diese Fälle unterscheiden sich von denen, bei denen lediglich einzelne Pflichtangaben nach § 20 GrEStG, wie z. B. die Katasterbezeichnung fehlt, da es in diesen Fällen möglich ist, das Grundstück zu identifizieren.

Im Streitfall waren weder die notarielle Anzeige noch die klägerische Anzeige ordnungsgemäß. In beiden Anzeigen fehlten 2 von der Anteilsvereinigung betroffene Grundstücke. Die 4-jährige Festsetzungsfrist begann daher erst am 31.12.2016 zu laufen und war bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids im Jahr 2018 nicht abgelaufen.

Steuerrecht Arbeitnehmer

1. Zuführung zu einem Wertguthaben bei Arbeitnehmern: Wann liegt Arbeitslohn vor?

Arbeitslohn in Form einer Entlassungsentschädigung fließt dem Arbeitnehmer auch dann nicht zu, wenn die Vereinbarung über die Zuführung zu einem Wertguthaben des Arbeitnehmers oder die vereinbarungsgemäße Übertragung des Wertguthabens auf die DRV Bund sozialversicherungsrechtlich unwirksam sein sollten. Das gilt zumindest, soweit alle Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

Hintergrund

Mit Betriebsvereinbarung vom 10.12.2010 räumte die Klägerin ihren Mitarbeitern die Möglichkeit der Bildung von Langzeitkonten ein. Die Ansparmöglichkeiten wurden mit weiterer Betriebsvereinbarung vom 13.4.2011 erweitert. Die Klägerin verpflichtete sich, die angesparten Geldbeträge in einer aufgeschobenen Rentenversicherung (Gruppenversicherung) mit stufenweisem Aufbau der Versicherungsleistung gegen laufende Beiträge in variabler Höhe bei der X-Versicherung AG anzulegen. Nach § 5 der Vereinbarung vom 13.4.2011 konnten die Mitarbeiter die Langzeitkonten nur dazu nutzen, um eine vollständige oder teilweise Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung vor der Inanspruchnahme von gesetzlicher Altersrente zu ermöglichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Störfall) sollte das Guthaben grundsätzlich in einem Betrag ausgezahlt oder ohne Abzug von Lohnsteuer unter den Voraussetzungen von § 7f SGB IV (Wechsel des Arbeitgebers) auf den neuen Arbeitgeber oder die DRV Bund übertragen werden.

Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen schloss die Klägerin mit ihrem Betriebsrat am 19.4.2012 mehrere aufeinander aufbauende Rahmenvereinbarungen ab. Mitarbeitern im Außendienst, die aus dem Unternehmen ausscheiden, wurden „Freiwilligen-Abfindungen“ angeboten.

Im Sozialplan war u. a. bestimmt, dass der Abfindungsanspruch mit dem Zugang der Kündigung oder mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags entstehe und mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werde. Nach § 11 des Sozialplans konnte der Mitarbeiter seine Abfindung in das Langzeitkonto einbringen. Für diesen Fall bestimmte der Sozialplan, dass die Abfindung in Arbeitsentgeltguthaben und Arbeitgebersozialversicherungsguthaben gesplittet werde.

4 Mitarbeiter beantragten vor Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse – die Arbeitsverhältnisse endeten alle in 2012 –, die Abfindungszahlung ihrem Langzeitguthaben zuzuführen und dieses Guthaben nach Beendigung ihrer Beschäftigung auf die DRV Bund zu übertragen. Diese bestätigte die Übertragung der Langzeitguthaben im Jahr 2013.

Die Klägerin unterwarf die dem Langzeitkonto gutgebrachten Abfindungsanteile nicht der Lohnsteuer.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die an die DRV Bund gezahlten Abfindungsbeträge seien zu Unrecht nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen worden. Die Abfindungen wären den jeweiligen Arbeitnehmern bei Fälligkeit in 2012 zugeflossen. Es erließ einen Haftungsbescheid nach § 42d Abs. 1 EStG, mit dem es die Klägerin in Anspruch nahm.

Das FG folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass die Lohnsteuer nicht entstanden ist, und eine (akzessorische) Haftung der Klägerin nicht in Betracht kommt.

Die Abfindungen aus Anlass der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sind lohnsteuerrechtlich Arbeitslohn (sonstige Bezüge).

Arbeitslohn ist mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zugeflossen. Zuflusszeitpunkt ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers, also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt.

Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto sind noch kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn. Der Anspruch des Arbeitnehmers wird hierdurch nicht erfüllt. Auch der Abschluss der Vereinbarung über die Zuführung von Lohnbestandteilen zu einem Wertguthabenkonto führt nicht zum Zufluss.

Ein Zufluss liegt erst vor, wenn das Wertguthaben unter den vereinbarten Bedingungen an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird. Dies gilt auch, wenn das Guthaben gem. § 7f Abs. 1 Satz 2 SGB IV auf die DRV Bund übertragen worden ist. Die Arbeitgeberpflichten treffen die DRV Bund, sobald das Wertguthaben in Anspruch genommen wird.

Im Ausgangspunkt bestand kein Streit zwischen den Beteiligten, dass es sich bei den von der Klägerin für ihre Angestellten eingerichteten Langzeitkonten um steuerlich anzuerkennende Wertguthabenkonten gehandelt habe.

Der BFH führt aus, dass es nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO steuerlich auch nicht darauf ankommt, ob ein Rechtsgeschäft wirksam werde, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

Dass die Abfindungen nicht mehr dem Gruppenversicherungskonto bei der X-Versicherung AG zugeführt, sondern direkt an die DRV Bund überwiesen wurden, ist unbeachtlich, da es sich hierbei lediglich um eine Abkürzung des Zahlungswegs handelt.

Die Arbeitnehmer konnten im Urteilsfall jedenfalls nicht über die Abfindungsbeträge verfügen. Insbesondere lagen die Voraussetzungen, unter denen sie Leistungen aus dem Langzeitkonto in Anspruch nehmen konnten, nicht vor. Eine zu einem Zufluss führende Lohnverwendungsabrede lag weder in der Anweisung, den Abfindungsanspruch dem Langzeitkonto zuzuführen noch in dem Antrag auf Übertragung des Langzeitkontos auf die DRV Bund.

Steuerrecht Privatvermögen

1. Abzugsfähigkeit von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung bei Bezug von Sterbegeld

Einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen führen nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen.

Hintergrund

Die Klägerin erhielt aufgrund des Ablebens ihrer Mutter gemäß den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder ein Sterbegeld. Dieses Sterbegeld erklärte die Klägerin nicht in ihrer Einkommensteuererklärung. Die Beerdigungskosten machte sie als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte bei der Veranlagung das Sterbegeld nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags sowie des Versorgungsfreibetrags als steuerpflichtige Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit.

Den geltend gemachten Aufwand für die Beerdigung berücksichtigte es zunächst erklärungsgemäß als außergewöhnliche Belastung, ließ im anschließenden Einspruchsverfahren jedoch nach Anrechnung des die Beerdigungskosten übersteigenden Sterbegelds den Abzug nicht mehr zu.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es erkannte die Beerdigungskosten – lediglich um den Versorgungsfreibetrag gekürzt – als außergewöhnliche Belastung an.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts. Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger aus sittlichen Gründen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen übernimmt, sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG steuerlich zu berücksichtigen. Voraussetzung ist aber, dass die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder durch sonstige dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Tod des Angehörigen zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind.

Dies beruht darauf, dass der Abzugstatbestand des § 33 EStG eine verminderte subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfordert und die Vorteilsanrechnung auf der zweckgerichteten Auslegung des Begriffs der Aufwendungen und dem Merkmal der Außergewöhnlichkeit gründet.

Der Steuerpflichtige ist nur insoweit belastet, als er den außergewöhnlichen Aufwand tatsächlich trägt, da nur insoweit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vermindert ist, mithin lediglich um die Differenz von Aufwand und (steuerfreier) Ersatzleistung.

Durch die Vorteilsanrechnung wird eine steuerliche Doppelentlastung vermieden. Einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen führen daher nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen Aufwendungen, sodass das einkommensteuerpflichtige Sterbegeld der Klägerin, nicht auf ihre als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Beerdigungskosten anzurechnen ist.

2. Studienkosten der Kinder: Ist ein Abzug als Betriebsausgaben möglich?

Studienkosten der eigenen Kinder, zu deren Übernahme die Eltern unterhaltsrechtlich verpflichtet sind, führen nicht deswegen zu abziehbaren Betriebsausgaben im Betrieb der Eltern, weil die Kinder sich dazu verpflichtet haben, nach Abschluss des Studiums für eine gewisse Zeit im elterlichen Betrieb zu arbeiten.

Hintergrund

Die Klägerin schloss mit ihren beiden Kindern einen mündlichen Vertrag über die Finanzierung von Kosten für ein Medizinstudium. Die inhaltsgleichen mündlichen Vereinbarungen wurden später jeweils schriftlich niedergelegt. In den Gewinnermittlungen der Streitjahre machte die Klägerin die Studienkosten als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt hat den Abzug als Betriebsausgaben nicht anerkannt, da die Studienkosten in keinem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb der chirurgischen Praxis der Klägerin stünden und daher nicht betrieblich veranlasst gewesen seien.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trug die Klägerin im Klageverfahren weiter vor, dass das Finanzamt nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass sie, die Klägerin, seit Jahren das Ziel verfolge, die bisherige einzelchirurgische Praxis in ein OP-Zentrum überzuleiten, um so die Werthaltigkeit und den Bestand der Arztpraxis als Einkommensquelle zu erhalten.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Übernahme der Studienkosten der Kinder ausschließlich bzw. ganz überwiegend durch den von der Klägerin geführten Betrieb der chirurgischen Praxis veranlasst war. Hiergegen spricht bereits, dass die Kläger als Eltern zivilrechtlich dazu verpflichtet waren, die Kosten des Studiums für ihre Kinder zu tragen. Die gesetzliche Kostenübernahmepflicht der Eltern berührt nach Auffassung des FG derart intensiv die private Sphäre der Kläger, dass eine lediglich unbedeutende private Mitveranlassung ausgeschlossen erschien.

Insoweit unterscheide sich der vorliegende Streitfall von den bislang vom BFH entschiedenen Konstellationen, in denen die Studienkosten für Kinder als Betriebsausgaben bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen waren. Dort war jeweils nur die Frage einer betrieblichen Veranlassung von übernommenen Fortbildungskosten, für die grundsätzlich keine gesetzliche Einstandspflicht besteht, streitig (u. a. Kosten für die Facharztausbildung eines bereits als Zahnarzt ausgebildeten Kindes).

3. Vorsorgeaufwendungen und steuerfreie Einnahmen aus einer in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit

Für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit stehen, gilt die Sonderregelung in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a EStG aufgrund der Niederlassungsfreiheit.

Hintergrund

Die Kläger, die in Deutschland wohnen, wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war im Inland nichtselbstständig tätig. Die Klägerin arbeitete als selbstständige Hebamme in den Niederlanden und erzielte aus dieser Tätigkeit einen (nach deutschem Recht ermittelten) Gewinn von 30.267 EUR. Sie hatte den Feststellungen des FG zufolge in den Niederlanden neben einem einkommensunabhängigen gesetzlichen Basisbeitrag zur Krankenversicherung (sog. Kopfpauschale) weitere einkommensabhängige Sozialversicherungsbeiträge zur Renten-, Pflege- sowie zur Krankenversicherung geleistet.

Der von der Klägerin erzielte Gewinn in den Niederlanden unterlag nach Berücksichtigung von Grundfreibeträgen und der wegen der Lebens- und Einkommenssituation der Klägerin insgesamt höheren „Heffingskorting“ (Steuerabzug für die persönlichen Verhältnisse) keiner Einkommensteuerbelastung.

Das Finanzamt berücksichtigte den Gewinn der Klägerin im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Die Beiträge zur niederländischen Sozialversicherung ließ es sowohl bei der Ermittlung des Einkommens als auch bei der Höhe des Progressionsvorbehalts unberücksichtigt.

Die dagegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. U. a. hat das Finanzamt habe zu Recht die in den Niederlanden gezahlten einkommensabhängigen Vorsorgeaufwendungen (Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur Zusatzversicherung zur Krankenversicherung) nicht als Sonderausgaben berücksichtigt. Auch die Nichtberücksichtigung der Beiträge beim Progressionsvorbehalt sei zutreffend gewesen.

Entscheidung

Der BFH verweist die Sache an das FG zurück. Er führt aus, dass unklar ist, ob es sich bei den von der Klägerin in den Niederlanden geleisteten streitigen Beiträgen tatsächlich um Vorsorgeaufwendungen i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG handelt und in welcher Höhe ggf. entsprechende Beiträge geleistet worden sind.

Aus dem Urteil des FG ist nicht zu entnehmen, auf welcher tatsächlicher Grundlage und nach welchen rechtlichen Bestimmungen es zu dem Schluss gelangt ist, die Klägerin habe „sowohl einkommensabhängige Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung … und zur Krankenversicherung als auch den gesetzlichen Basisbeitrag zur Krankenversicherung“ geleistet.

Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen, wobei Umfang und Intensität der Ermittlungen einerseits auch vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten abhängen. Der Umstand, dass das Finanzamt dem Vortrag der Kläger nicht entgegengetreten ist, rechtfertigt für sich genommen jedoch nicht, auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten.

Der BFH weist darauf hin, dass eine Berücksichtigung der geleisteten Beiträge nicht von vornherein nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeschlossen werden kann.

Zwar kann es sich bei den Beiträgen um Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG stehen, handeln, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Vorsorgeaufwendungen gleichwohl gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 EStG zu berücksichtigen sind.

Zwar ist der sachliche Anwendungsbereich der Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a EStG auf Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit beschränkt, doch muss die Regelung auch dann Anwendung finden, wenn ein Steuerpflichtiger in einem anderen Mitgliedstaat der EU als Beschäftigungsstaat einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht. Dies gebietet die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV. Der Anwendungsvorrang der Niederlassungsfreiheit führt dazu, dass die Regelung auch auf Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit anzuwenden ist.

Ob im Streitfall auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. b EStG erfüllt sind, kann der BFH im Streitfall nicht feststellen, da das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, in welcher Weise die Klägerin ihre Tätigkeit als Hebamme in den Niederlanden ausgeübt hat. Die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit wird nach DBA-Niederlande den Unternehmensgewinnen zugerechnet, für die das Wohnsitzprinzip gilt. Danach liegt das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat Deutschland, wenn die Geschäftstätigkeit nicht durch eine in dem anderen Staat (Niederlande) belegene Betriebsstätte, zu der keine Feststellungen getroffen wurden, ausgeübt wird.

Zudem hat das FG keine Feststellungen zu der Frage getroffen, in welcher Weise in den Niederlanden Vorsorgeaufwendungen bei der Besteuerung von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden.

Da weder die notwendigen Tatsachenfeststellungen noch die erforderlichen Feststellungen zum maßgeblichen ausländischen Recht vom Finanzgericht getroffen wurden und eine eigene Entscheidung dem BFH nicht möglich war, hob er das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Steuerrecht Unternehmer

1. 3-Tages-Bekanntgabefiktion und Dokumentation bei Übergabe an einen Postdienstleister

Ist die Absendung eines Verwaltungsakts nicht in einem Absendevermerk festgehalten, kann der Beweis der Aufgabe dieses Verwaltungsakts zur Post an einem bestimmten Tag nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises geführt werden.

Hintergrund

Die Steuerberaterin des Klägers behauptete, eine Einspruchsentscheidung verspätet erhalten zu haben. Sie führte allerdings kein Posteingangsbuch und bewahrte Briefumschläge mit eingehender Post nicht auf.

Bei der Berliner Finanzverwaltung ist der Postversand zentralisiert. Die Mitarbeiter der Poststelle des Finanzamts holen die Post täglich in den einzelnen Dienststellen ab. Die Sachbearbeiter vermerken den Abholtag in der Akte als den Tag, an dem die Sendung zur Post gegeben wurde. Die Poststelle leitet die Briefe am darauffolgenden Morgen dem Landesverwaltungsamt Berlin (LVA) zu. Das LVA übergibt die Briefe an den Postdienstleister D. Hierüber gibt es keinen Absendevermerk.

D verarbeitet die Post maschinell, dabei wird der Zeitpunkt der Verarbeitung im Sortierzentrum mit Datum und Uhrzeit gespeichert. Die maschinelle Erfassung erfolgt direkt in der Nacht nach der Einlieferung der Briefe. Sendungsdaten werden gleichermaßen gespeichert. Die nachfolgende Zustelldokumentation erfolgt nicht. Auf den Sendungen werden auch Sendungsnummern aufgebracht, die der internen Zuordnung dienen. Darüber hinaus werden Sendungsbilder und Empfängerdaten für jeden Brief gespeichert. Anhand dieser Daten lassen sich einzelne Briefe bestimmter Kunden (Absender) oder bestimmter Empfänger im System wiederfinden. D kann im Einzelfall 3 Monate lang Auskünfte zur Sendung erteilen.

Entscheidung

Das FG hat dem Kläger Recht gegeben und entschieden, dass die Klage nicht wegen Ablaufs der Klagefrist unzulässig ist. Der Kläger habe zwar keine substantiierten Zweifel an der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung nach Ablauf des 3-Tages-Zeitraums dargetan, jedoch finde § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO vorliegend keine Anwendung.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die 3-Tages-Bekanntgabefiktion nur dann eingreift, wenn feststeht, wann der mit einfachem Brief übersandte Verwaltungsakt tatsächlich zur Post aufgegeben worden ist. Im Hinblick darauf, dass dieser Zeitpunkt allein dem Wissens- und Verantwortungsbereich der Finanzbehörde zuzuordnen ist, bedarf es insoweit keines substantiierten Bestreitens durch den Steuerpflichtigen. Lässt sich das Datum der Aufgabe zur Post nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststellen, ist die Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anwendbar. Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für den Tag der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post trägt das Finanzamt.

Das LVA ist kein Postunternehmen. Die Übergabe einer Postsendung durch das Finanzamt an das LVA ist daher keine Aufgabe zur Post. Die Aufgabe zur Post besteht vielmehr darin, dass das LVA die Sendung dem D übergibt. Dieser Übergabetag ist aber nicht dokumentiert. Das LVA hätte sich die Daten der von ihm zur Post aufgegebenen Sendungen von D geben lassen können. Dies hätte zwar erheblichen finanziellen Zusatzaufwand bedeutet, damit wäre aber die Aufgabe zur Post erfolgreich dokumentiert worden. Da weder das LVA noch das beklagte Finanzamt hiervon keinen Gebrauch gemacht haben, sieht sich das Gericht nicht gehalten, von Amts wegen den Tag der Aufgabe zur Post zu ermitteln. Dabei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Beweis nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises geführt werden kann, wenn die Aufgabe zur Post nicht in einem Absendevermerk dokumentiert ist.

2. Erweiterte Kürzung: Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen zu Gebäudebestandteilen

Fahrzeuggruben für eine Kfz-Prüfstelle stellen keine Betriebsvorrichtungen dar. Somit ist bei der Gewerbesteuer eine erweiterte Kürzung möglich.

Hintergrund

Die Klägerin – eine vermögensverwaltenden Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – hat eine Halle errichtet, in der auch Fahrzeuggruben und Gruben für Hebebühnen für den Betrieb einer Kfz-Prüfstelle eingebaut worden sind. Diese Halle wurde an eine Kfz-Prüfstelle vermietet. Das Finanzamt stufte insbesondere diese Gruben als Betriebsvorrichtungen und deren Mitvermietung als schädlich für die sog. erweiterte Kürzung ein. Es versagte der Klägerin deshalb die beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos.

Entscheidung

Die erhobene Klage war erfolgreich. Das FG sieht die Voraussetzung für die sog. erweiterte Kürzung als gegeben an. Werden beim Bau einer Halle, die für den Betrieb einer Kfz-Prüfstelle vorgesehen ist, im Hallenboden Vertiefungen für die Inspektion von Fahrzeugen und den Einbau einer Hebebühne angelegt, stellen diese Gestaltungs- und Funktionsmerkmale der Bodenplatte dar und sind somit den Gebäudebestandteilen zuzuordnen.

Es liegen keine Betriebsvorrichtungen vor. Folglich ist die Vermietung der Halle einschließlich der Bodenvertiefungen nicht schädlich für die erweiterte Kürzung.

3. Ist die Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst umsatzsteuerbefreit?

Die von einem Arzt vereinnahmten Entgelte für die vertretungsweise Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes und die Entnahme von Blutproben für die Polizeibehörden sind keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen.

Hintergrund

Der klagende selbstständige Allgemeinarzt schloss mit einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eine Vereinbarung über die freiwillige Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst. Insoweit hatte der Kläger die zum Notfalldienst verpflichteten Ärzte zu vertreten und den Notdienst für diese auszuüben. Die Rechnung hierfür stellte er dem vertretenen Kollegen. Die vom Kläger im Rahmen des Notfalldienstes erbrachten ärztlichen Leistungen liquidierte er darüber hinaus durch Privatliquidation oder über die KV. Daneben führte der Kläger für eine Polizeibehörde Blutentnahmen durch.

Nach Auffassung des Finanzamts war – im Gegensatz zur Heilbehandlung an die Patienten – die Übernahme der Notdienste durch den Kläger sowie die durchgeführten Blutentnahmen für die Polizeibehörde nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG.

Entscheidung

Nach Auffassung des FG sind die Übernahme der Notdienste und die vom Kläger durchgeführten Blutentnahmen für die Polizeibehörde nicht steuerfrei gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Die Zahlungen der vertretenen Ärzte für die Freistellung von der Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Notfalldienstes stehen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den im ärztlichen Notdienst erbrachten Heilbehandlungsleistungen.

Die Übernahme des ärztlichen Notdienstes gegenüber den vertretenen Ärzten ist eine umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung, wenn die Vergütung stundenweise und damit unabhängig davon gewährt wird, ob im übernommenen Dienst tatsächlich Heilbehandlungsleistungen erbracht wurden. Allein das Vorhalten medizinischer (Personal-)Ressourcen im Sitz- oder Fahrdienst dient noch keinem therapeutischen Zweck, sondern schafft nur die Voraussetzung für die nachfolgende zeitnahe Erbringung von Heilbehandlungsleistungen. Auch ist die Entnahme von Blut für die Polizeibehörden durch einen Arzt nicht als steuerfreie Heilbehandlungsleistung zu qualifizieren.

Der Kläger rechnete mit den vertretenen Ärzten ausdrücklich „für die Notdienstvertretung“ ab. Zwar könnten vorliegend auch andere Abrechnungsfaktoren gewählt werden, die dem Zugriff und der Überprüfung des Leistungsempfängers entzogen sind. Hiervon kann allerdings angesichts der Bemessung nach dem Stundenaufwand nicht ausgegangen werden. Die steuerfreie „Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin“ muss zwingend einen therapeutischen Zweck verfolgen. Steuerpflichtig ist deshalb z. B. der Verzicht eines Chefarztes gegenüber dem Träger der Klinik, an der er tätig ist, auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation oder die Überlassung von Operationsräumen an einen anderen Arzt.

Auch die Übernahme eines zugeteilten ärztlichen Notdienstes durch den Kläger unter Freistellung des vertretenen Arztes von sämtlichen Dienstverpflichtungen dient keinem therapeutischen Zweck und fördert nicht den Schutz, die Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit. Auch dient allein das Vorhalten medizinischer (Personal-)Ressourcen im Sitz- oder Fahrdienst keinem therapeutischen Zweck. Es schafft vielmehr nur die Voraussetzung für die nachfolgende zeitnahe Erbringung von Heilbehandlungen, ohne selbst eine Heilbehandlungsleistung zu sein. Zwar dient der ärztliche Notdienst einem therapeutischen Zweck, die Besonderheit der Leistung des Klägers liegt jedoch darin, dass die Übernahme vertretungsweise und zur Freistellung des an sich eingeteilten Arztes erfolgt.

Auch das FG hält die Vertretung für eine zeitnahe Patientenversorgung im hausärztlichen Notdienst für unerlässlich. Jedoch enthält Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (anders als Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL) keine „mit ärztlichen Heilbehandlungen eng verbundene“ Umsätze. Deshalb sind selbstständige nicht selbst als Heilbehandlungen zu qualifizierende Leistungen grundsätzlich nicht steuerfrei, auch wenn sie für die Heilbehandlungsleistung unerlässlich und damit mit ihr eng verbunden sind.

Ist eine ärztliche Leistung nicht Hauptziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit, kommt eine Steuerbefreiung als ärztliche Heilbehandlung nicht in Betracht. Dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung besonders für die Erstattung eines Gutachtens, das Voraussetzung einer Entscheidung mit Rechtswirkungen ist.

Die Blutentnahmen wurden auf polizeiliche Anforderung durchgeführt und erfolgten, um den Blutalkoholwert zu bestimmen oder die Einnahme von Drogen festzustellen. Diese Feststellungen dienten nicht vorrangig dem Schutz des Gesundheitszustandes des Betroffenen, sondern der Beweiserhebung im Zusammenhang mit einem strafrechtlich oder öffentlich-rechtlich geführten Verfahren.

4. Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung von Gebäuden

Handelt es sich bei der Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags steuerfrei ist, findet § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG keine Anwendung.

Hintergrund

Der Kläger verpachtete Stallgebäude zur Putenaufzucht einschließlich Betriebsvorrichtungen. Bei den Vorrichtungen handelte es sich um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall, wie Fütterungs-, Heizungs- und Lüftungsanlagen. Spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung entsprechend besonderer Rechtsvorschriften und Verbandsrichtlinien. Der Kläger rechnete ein Pauschalentgelt ab, das nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und die Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war.

Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt steuerfrei sei.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Vermietungsleistung in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei. Da das Pachtentgelt zu 20 % auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle, sei es insoweit steuerpflichtig. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG gehe den Abgrenzungsmerkmalen von Haupt- und Nebenleistung und dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vor. Es handele sich um ein Aufteilungsgebot.

Der gegen die Einspruchsentscheidung eingelegten Klage gab das FG statt. Es läge eine einheitliche Leistung vor, da das angebotene Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit gebildet habe. Die Leistung sei daher insgesamt steuerfrei.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts. Er entschied, dass das sog. Aufteilungsgebot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht auf die Vermietung oder Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden ist, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, sodass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung vorliegt.

Insbesondere ergibt sich aus Art. 135 Abs. 2 MwStSystRL kein Erfordernis, einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in eigenständige Leistungen aufzuteilen.

Daher ist in Bezug auf die Verpachtung eines Zuchtstalls und der in diesem Gebäude auf Dauer eingebauten Anlagen, die speziell an diese Zucht angepasst sind, wobei der Pachtvertrag zwischen denselben Parteien geschlossen ist und ein einheitliches Entgelt vorliegt, zu prüfen, ob diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen. Im Fall einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung, die zusammengesetzt ist aus einer steuerbefreiten Hauptleistung in Form der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks und einer mit der Hauptleistung untrennbar verbundenen Nebenleistung, die grundsätzlich von dieser Befreiung ausgeschlossen ist, die Nebenleistung – gleichwohl – steuerlich ebenso zu behandeln wie die Hauptleistung.

Im Streitfall liegt eine einheitliche Leistung vor, bei der die Überlassung der Betriebsvorrichtungen Nebenleistung zur Stallüberlassung war.

Bei den Vorrichtungen und Maschinen handelt es sich um speziell abgestimmte Ausstattungselemente, die nur dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. So wurden die Vorrichtungen für die Fütterung von Tieren in der Putenhaltung verwendet, um diese in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen waren notwendig, um den Anforderungen an das Stallklima gerecht zu werden. Spezielle Beleuchtungssysteme dienten einer gleichmäßigen Ausleuchtung. Bei den weiteren Anlagen zur Fütterung handelte es sich somit um Gegenstände, die für die Nutzung der gepachteten Ställe nützlich oder sogar notwendig waren. Das Gebäude gewährleistete den Schutz und die Wärme der Puten zur Mast.

Es lag daher insgesamt eine steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG vor.

5. Schadensersatz nach DSGVO: Konkreter Schaden muss nachgewiesen werden

Ein Schadensersatzanspruch nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kommt nur bei Nachweis eines konkreten Schadens in Betracht.

Hintergrund

Der Kläger machte Schadensersatzforderungen wegen einer Verletzung der datenschutzrechtlichen Rechten geltend. Diese Verletzung sah er im Wesentlichen in Bezug auf die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch das Finanzamt. Als Rechtsgrundlage führte er Art. 82 DGSVO und § 83 BDSG an. Genau bezifferte er seinen Antrag nicht. Zur Begründung seines Anspruchs führt er u. a. aus, die maßgeblichen Bestimmungen der AO seien unionsrechtswidrig.

Zudem müsste die Finanzverwaltung nachweisen, dass die Datenverarbeitung erforderlich und zulässig sei und sie sei auf ein absolut notwendiges Maß zu beschränken. Schließlich rügte der Kläger eine Verletzung des Steuergeheimnisses, da die Finanzverwaltung Daten zur Bearbeitung einer Petition an die Senatsverwaltung Berlin weitergegeben habe. Alles dies stellt der Kläger in 2 Schriftsätzen von 284 und 287 Seiten dar.

Entscheidung

Das FG wies die Klage als unbegründet ab, wobei bereits die Zulässigkeit als fraglich angesehen wurde. Mangels Schadens hat der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz. Zwar besteht nach Art. 82 DSGVO eine Anspruchsnorm bei einer Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Datenverarbeitung. Nach Ansicht des Gerichts liegt aber kein Schaden vor. Dabei sei die Frage, ob bereits jeder Datenschutzverstoß als solcher einen Schadensersatzanspruch begründet, durchaus strittig und wird durch die Gerichte auch unterschiedlich beurteilt. Das FG folgt aber der Ansicht, dass über den Verstoß hinaus auch der Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens Voraussetzung für eine Entschädigung ist. Hierfür spricht insbesondere der Wortlaut der Norm.

6. Sparmenüs „zum Mitnehmen“: Unterschiedliche Umsatzsteuersätze führen zu Preisaufteilung

Der Verkauf eines Sparmenüs zu einem einheitlichen Preis stellt umsatzsteuerrechtlich mindestens 2 selbstständige Lieferungen dar: Getränk zum Regelsteuersatz und Speisen außer Haus zum ermäßigten Steuersatz. Werden die Speisen bzw. Getränke auch einzeln verkauft, kann die Aufteilung des Einheitspreises für die Sparmenüs nach dem Verhältnis der Wareneinsatzanteile der Getränke bzw. der Speisen (Food-and-Paper-Methode) erfolgen.

Hintergrund

Der Kläger verkauft in seinen Restaurants als Franchisenehmer sog. Sparmenüs bestehend aus Getränken und Speisen zum Verzehr außer Haus zu einem einheitlichen Gesamtpreis. Die Getränke unterliegen dem Regelsteuersatz und der Speisenverkauf außer Haus dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Die erforderliche Aufteilung des Gesamtentgelts nimmt der Kläger nach dem Verhältnis des Wareneinsatz (sog. „Food-and-Paper“- Methode) vor.

Nach Auffassung des Finanzamts führt die o. g. „nicht einfache“ Aufteilung nach dem Wareneinsatz nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Vielmehr müsse die Aufteilung nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise erfolgen.

Entscheidung

Nach Auffassung des FG ist die Kaufpreisaufteilung des Klägers nach dem Verhältnis des Wareneinsatz (sog. „Food-and-Paper“-Methode) zulässig. Mit der Ausgabe der Sparmenüs führt der Kläger mindestens 2 selbstständige Lieferungen des Getränks zum Regelsteuersatz und der Speisen außer Haus zum ermäßigten Steuersatz aus. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Wegen der Lieferungen zu unterschiedlichen Steuersätzen ist der einheitliche Preis für die Sparmenüs in 2 Entgeltbestandteile aufzuteilen. Hierbei ist die „einfachstmögliche Berechnungs- oder Bewertungsmethode“ zu verwenden.

Bestehen mehrere sachgerechte, gleich einfache Aufteilungsmethoden, kann der Unternehmer zwischen diesen Methoden frei wählen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist grundsätzlich nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise aufzuteilen, wenn der Unternehmer die im Rahmen des Gesamtverkaufspreises erbrachten Leistungen auch einzeln anbietet. Daneben sind auch andere Aufteilungsmethoden wie das Verhältnis des Wareneinsatzes zulässig, wenn diese gleich einfach sind und zu sachgerechten Ergebnissen führen.

Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers des Finanzamts ist die durch den Kläger vorgenommene Aufteilung des Gesamtpreises der Sparmenüs gut nachvollziehbar und basiert auf tagesaktuellen, in Datenbanken bereitgestellten Einkaufspreisen (bezogen auf den Wareneingang). Die Berechnung erfolgt dabei maschinell mittels „einfacher“ Rechenleistung von Computern. Angesichts der erfolgten Programmierung der notwendigen Software und der vom Franchisegeber zentral ausgehandelten Einkaufspreise, die dem Kläger in ständig aktualisierter Form tagesaktuell in Datenbanken zur Verfügung stehen, stellt diese Methode für den Kläger die „einfachstmögliche auf Knopfdruck“ verfügbare Aufteilungsmethode dar. Im Streitfall entsteht daher kein Mehraufwand für den Kläger bei der Ermittlung der Einkaufspreise der jeweiligen Produkte.

Im Übrigen wäre der Umfang der erforderlichen Daten und die Anzahl der notwendigen Rechenschritte im Streitfall sowohl bei der Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen als auch bei den Einkaufspreisen gleich hoch. Das FG sieht es daher nicht als sachgerecht an, den Kläger auf eine Aufteilung nach den Verkaufspreisen zu verweisen. Dass die Aufteilung nach der Food-and-Paper-Methode zu ungerechtfertigten Steuervorteilen des Klägers führt, hat das Finanzamt weder dargelegt noch sind den Akten hierfür Anhaltspunkte zu entnehmen.

7. Wann liegt eine Betriebstätte bzw. feste Einrichtung im Zusammenhang mit dem DBA-Großbritannien vor?

Den Anforderungen für den abkommensrechtlichen Begriff der Betriebsstätte bzw. festen Einrichtung nach dem DBA-Großbritannien 1964/1970 und 2010 wird entsprochen, wenn dem Dienstleistenden im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung personenbeschränkte Nutzungsstrukturen an ortsbezogenen Geschäftseinrichtungen wie z. B. Spind und Schließfach in Gemeinschaftsräumen zur Verfügung gestellt werden.

Hintergrund

Der Kläger hatte in den Streitjahren neben seinem Wohnsitz im Inland noch einen Wohnsitz in Großbritannien. Er war als Flugzeugmechaniker bzw. Flugzeugingenieur tätig. Zudem war er Inhaber von Lizenzen zur Wartung von Flugzeugen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Direktor der X Ltd. mit (Satzungs-)Sitz in Großbritannien.

Mit der ebenfalls in Großbritannien ansässigen Y Ltd., die mit der A GmbH, einem inländischen Betreiber und Charterer von Flugzeugen, sog. Line Maintenance Agreements mit dem Gegenstand abgeschlossen hatte, lizenziertes Flugzeugwartungspersonal (und deren Werkzeug) zu überlassen, vereinbarte der Kläger auf standardisierter Vertragsgrundlage einen „Freelancer Contract“, worin der „Freelancer“ verpflichtet wurde, flugzeugbezogene Wartungsleistungen als Subunternehmer des Auftraggebers zu erbringen. Der Vertrag wurde vom Kläger mit seinem Namen (ohne Zusatz, als Organ der X Ltd. zu handeln) unterzeichnet.

Der Kläger übte seine Tätigkeit als Flugzeugingenieur auf dem Flughafengelände der A GmbH aus. Für die im Auftrag der Y Ltd. tätigen Ingenieure und Mechaniker waren auf diesem Gelände Umkleide-, Verwaltungs- und Gemeinschaftsflächen vorhanden. Die Mitarbeiter hatten u. a. einen verschließbaren Spind, um ihre Kleidung aufzubewahren. Die Dokumentation der am Flugzeug durchgeführten Arbeiten erfolgte im sog. Log-Buch des Flugzeugs in einem mit Computern ausgestatteten Raum der Y Ltd. neben dem Hangar. In diesem Raum hatte jeder Mitarbeiter ein mit seinem Namen und dem Namen der Y Ltd. beschriftetes Schließfach, in dem er persönliche Gegenstände wie Handy, Schlüssel, Geld etc. aufbewahren konnte. Der Kläger war Inhaber eines Sicherheitsausweises für den Flughafen. Der Zutritt war unabhängig von der schichtplanorganisierten Einteilung zum Dienst technisch möglich. Die für die Y Ltd. tätigen Mitarbeiter buchten sich bei Arbeitsbeginn und -ende im Zeiterfassungssystem der A GmbH ein und aus.

Der Kläger trug vor, dass er als Ingenieur die Wartung von Flugzeugen durchgeführt habe. Die Einnahmen hieraus seien von ihm bereits in Großbritannien versteuert worden. In Deutschland habe es keine Betriebsstätte gegeben.

Das Finanzamt behandelte die Vergütungen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Einkünfte.

Das FG schloss sich der Auffassung des Klägers an und gab der Klage unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide statt, da der Kläger seine Tätigkeit nicht durch Benutzung einer ihm in Deutschland regelmäßig zur Verfügung stehenden Einrichtung bzw. Betriebsstätte ausgeübt habe.

Entscheidung

Der BFH gab dem Finanzamt Recht und entschied, dass der Kläger in Deutschland nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 EStG mit Blick auf den inländischen Wohnsitz unbeschränkt steuerpflichtig war. Er ist Zurechnungssubjekt der mittels der vertraglichen Vereinbarung („Freelancer Contract“) erzielten Einkünfte.

Die Besteuerung in Deutschland ist nicht durch Maßgaben des jeweils geltenden DBA gehindert. Zwar sind nach DBA-Großbritannien Einkünfte, die eine in einem der Gebiete ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, nur in diesem Gebiet besteuert; dies gilt jedoch nicht, wenn die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Gebiet regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt – in diesem Fall kann der Teil der Einkünfte, der dieser Einrichtung zuzurechnen ist, in dem anderen Gebiet besteuert werden. Entsprechendes gilt mit Blick auf das Vorliegen einer Betriebsstätte für den Zeitraum, in dem die Einkünfte als gewerblich zu qualifizieren sind.

Zwar war der Kläger in Großbritannien abkommensrechtlich ansässig, jedoch hat er die Tätigkeitseinkünfte durch Nutzung einer ihm in Deutschland regelmäßig zur Verfügung stehenden festen Einrichtung bzw. einer Betriebsstätte erzielt.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme einer Betriebsstätte eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Für die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann („selbstständiger Nutzungsanspruch“). Es reichen weder eine tatsächliche Mitbenutzung noch die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit aus; allerdings muss die Verfügungsmacht keine alleinige sein.

Darüber hinaus muss die Einrichtung oder Anlage der Tätigkeit unmittelbar dienen. Dazu muss dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt werden und sich in der Bindung eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrücken.

Eine Verfügungsmacht des Klägers im Sinne einer Nutzungsmöglichkeit über die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung unerlässlichen Räumlichkeiten (Hangar, Computerraum, Verwaltungs-/Aufenthalts- und Umkleideraum) hat jedenfalls mittelbar als unabdingbare Voraussetzung seiner Tätigkeit bestanden; dass die Verfügungsmacht keine alleinige war und dass sie hätte entzogen werden können, beeinträchtigt seine Position für die Dauer der noch nicht aufgekündigten Vereinbarung ebenso wenig wie eine (fremde) Sicherheitskontrolle beim Betreten des Geländes.

Darüber hinaus fehlt es auch nicht an der durch die Überlassung personenbeschränkter Nutzungsstrukturen bei Geschäftseinrichtungen vermittelten ortsbezogenen „Verwurzelung“ des Unternehmens des Klägers mit dieser Örtlichkeit.

Dabei ist zu beachten, dass der Kläger zwar in dem ihm persönlich zugewiesenen Schließfach sein Werkzeug nicht aufbewahrt hat, eine betriebsbezogene Nutzung des personenbezogenen Spinds (Aufbewahren der Arbeitskleidung und dem Arbeitsschutz dienender Gegenstände) aber denkgesetzlich nicht ausgeschlossen ist.

Vielmehr ist der Spind auf der Grundlage betriebsbezogener Erfordernisse dazu geeignet und bestimmt, die private Kleidung während der Einsatzzeit und die Arbeitskleidung des Klägers außerhalb der Einsatzzeit aufzubewahren. Entsprechendes gilt für private Gegenstände und das Schließfach. Auch wenn die Werkzeuge nach dem jeweiligen Abschluss der Tätigkeit nicht „am Ort“ deponiert gewesen sein sollten, ist damit nur ein Teil der der Tätigkeit dienenden unerlässlichen Arbeitsmittel angesprochen.

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die „Verwurzelung“ im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung nur durch Komponenten vermittelt wird, die einen unmittelbaren Leistungsbezug aufweisen, wobei im Rahmen einer solchen Gesamtwürdigung auch zu berücksichtigen ist, dass zumindest die Möglichkeit bestand, die persönliche Werkzeugkiste im Hangar zu deponieren.

Wir sind datenschutzfreundlich!

Wir nutzen keine Cookies oder Tracking-Tools.

Für statistische Auswertungen der Webseitennutzung verwenden wir die sichere, anonyme und datenschutzfreundliche Technologie von Matomo.

Näheres in unserer Datenschutzerklärung.