Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsrecht

1. Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt: Verdachtskündigung
kann zulässig sein

Der dringende Verdacht einer manipulierten Arbeitszeiterfassung kann eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen.

Hintergrund

Ein seit 2005 im Jobcenter beschäftigter Arbeitnehmer arbeitete in Vollzeit. Seine Arbeitsleistung war grundsätzlich im Dienstgebäude des Jobcenters zu erbringen. Für mobiles Arbeiten benötigte er die Zustimmung seiner Führungskraft. Seine Arbeitszeit war entweder an einem Terminal am Gebäudeeingang oder online am PC zu erfassen.

Anfang des Jahres 2020 führte der Geschäftsführer des Jobcenters aufgrund eines hohen Negativsaldos des Arbeitnehmers auf seinem Arbeitszeitkonto mit ihm ein Mitarbeitergespräch und vereinbarte mit ihm, dass der Negativsaldo abgebaut werden müsse. Der Teamleiterin des Arbeitnehmers, die selbst in Teilzeit arbeitete, fiel im Laufe des Jahres 2021 auf, dass der Kollege trotz Vollbeschäftigung einerseits häufig später zur Arbeit erschien als sie, andererseits seinen Arbeitsplatz wiederum früher verließ.

Sie prüfte nach Einschaltung der Personalvertretung seine Zeiterfassungsdaten. Hierbei fielen ihr Abweichungen zwischen seinen Arbeitszeitbuchungen und seinen tatsächlichen, von ihr notierten Anwesenheitszeiten auf. Der Arbeitnehmer war an mehreren Tagen noch gar nicht im Dienstgebäude anwesend, obwohl er im Zeiterfassungssystem bereits als anwesend erfasst war. Es entstand daher der Verdacht, dass sich der Arbeitnehmer mehrfach bereits zu Hause eingeloggt hatte, aber tatsächlich seine Arbeit erst mit Ankunft im Dienstgebäude aufgenommen hatte.

Mit diesem Vorwurf im Rahmen einer Anhörung konfrontiert, war der Arbeitnehmer nicht in der Lage, den Verdacht einer Manipulation seiner Zeiterfassung zu entkräften. Das Jobcenter sprach daraufhin, nach vorheriger Anhörung des Personalrats, eine Verdachtskündigung aus. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab.

Entscheidung

Seine hiergegen eingelegte Berufung blieb vor dem LAG erfolglos.

Die Richter hielten die ordentliche Verdachtskündigung für rechtmäßig. Eine ordentliche Kündigung ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit sozial gerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Dies sei hier der Fall.

Der Verdacht eines vorsätzlichen Verstoßes eines Arbeitnehmers gegen die Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeiten der am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmenden vertrauen können. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmenden selbst die Erfassung im Zeiterfassungssystem vornehmen lasse. Für die Abweichungen gab es nach Überzeugung des Gerichts keine andere Erklärung, als dass der Arbeitnehmer sich bereits von zu Hause aus eingebucht hatte und erst später im Büro die Arbeit aufgenommen hatte.

Eine Abmahnung sei nicht notwendig gewesen. Die Pflichtverletzung sei so schwerwiegend, dass selbst deren erstmalige Hinnahme nach objektiven Maßstäben unzumutbar und auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen sei. Die Erfassung von nicht geleisteter Arbeitszeit führe mittels Täuschung zu unberechtigten Lohnzahlungen. Eine solche Täuschung, die zu einer in ihrem Ausmaß kaum bestimmbaren Vermögensschädigung führe, könne der Arbeitgeber nicht hinnehmen. Das müsse auch dem Arbeitnehmer bewusst sein.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1. Grundstücksunternehmen: Ist eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags möglich?

Beseitigen Mietvertragsparteien einen Streit über die Wirksamkeit des Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts dadurch, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet, stellt diese Schlusszahlung eine Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz dar. Sie unterliegt der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Im Jahr 2010 schloss sie als Vermieterin einen Gewerberaummietvertrag. In diesem Mietvertrag verpflichtete sich die Klägerin, ein ganzes Grundstücksareal umzubauen und an die Mieterin zur Nutzung zu überlassen. Als Mietbeginn legten die Parteien den 1.8.2012 fest. Die Dauer des Mietvertrags sollte 15 Jahre betragen. Ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbarten die Parteien nicht.

Nachdem sich die Umbauarbeiten aus verschiedenen Gründen verzögerten und auch der Übergabe mehrmals verschoben wurde, einigten sich die Vertragsparteien schließlich im August 2015 in einer „Schlussvereinbarung zum Mietvertrag“ darauf, das Mietverhältnis gegen Zahlung eines Geldbetrags durch die Mieterin i. H. v. 4.750.000 EUR zu beenden.

In der Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31.12.2015 erfasste die Klägerin die Zahlung des Schlussbetrags als sonstigen betrieblichen Ertrag. In der Gewerbesteuererklärung 2015 beantragte sie die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung des Schlussbetrags nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gehandelt habe.

Entscheidung

Der Klägerin steht im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu. Anstelle der „einfachen“ Kürzung kann bei Grundstücksunternehmen auf Antrag die sog. erweiterte Kürzung greifen. Der Zweck dieser sog. erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zweck der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben. Nach dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck ist die erweiterte Kürzung erst dann ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet.

Die Klägerin hat im Urteilsfall die Grenzen der Gewerblichkeit nicht überschritten. Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch dann private Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unterhalten wird.

Führt eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft (Vermieterin) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nach Überlassung des Mietobjekts Rechtsstreitigkeiten aus einem fortbestehenden – eigenen Grundbesitz betreffenden – Mietvertrag, ist diese Tätigkeit integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung ihres eigenen Grundbesitzes. Solche Aktivitäten dienen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes.

Dies muss auch dann gelten, wenn die Mietvertragsparteien vor Überlassung des Mietobjekts den Streit über die fortbestehende Wirksamkeit eines Mietvertrags dadurch ausräumen, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet.

Ebenso bewegt sich die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche im Rahmen der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes. Eine andere Beurteilung hätte das sinnwidrige Ergebnis zur Folge, dass der Vermieter auf die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche verzichten müsste, um die erweiterte Kürzung nicht zu gefährden.

Kapitalanlage & Versicherung

1. Einbruch mit entwendetem Wohnungsschlüssel: Muss die Hausratsversicherung zahlen?

Nach der sog. erweiterten Schlüsselklausel liegt ein Einbruchdiebstahl auch dann vor, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels regulärer Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat. Dies bedeutet, dass jedes fahrlässige Verhalten des Besitzers die Eintrittspflicht der Versicherung entfallen lässt.

Hintergrund

Der Kläger forderte gegenüber seinem Versicherer Leistungen aus der Hausratversicherung. Nach den Behauptungen des Klägers war ihm aus seinem Firmenfahrzeug eine Aktentasche entwendet worden. In dieser befanden sich Rechnungen, auf denen seine Wohnanschrift ersichtlich war. Außerdem hätten sich in der Aktentasche die Wohnungsschlüssel sowie ein Tresorschlüssel befunden.

Nach den Behauptungen des Klägers müssen die Täter kurz darauf in seine Wohnung eingedrungen sein, den dortigen Tresor geöffnet und diverse Wertgegenstände sowie Bargeld von knapp 65.000 EUR entwendet haben. Von der Versicherung forderte der Kläger Wertersatz abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung.

Die Versicherung machte geltend, wegen grob fahrlässigen Verhaltens des Klägers und Verletzung der nach dem Versicherungsvertrag bestehenden Obliegenheiten von der Leistungspflicht ohnehin frei zu sein.

Entscheidung

Der Klage blieb in allen Instanzen der Erfolg versagt.

Die Gerichte verneinten schon das Vorliegen eines Versicherungsfalls. Versichert seien nach den Bedingungen der Hausratversicherung u. a. Einbruchsdiebstähle. Ein solcher Einbruchsdiebstahl liege nicht vor. Dies folge aus der in den Versicherungsbedingungen enthaltenen sog. erweiterten Schlüsselklausel. Danach setzte der Eintritt eines Versicherungsfalls voraus, dass der Täter, wenn er mittels regulärer Schlüssel in ein Gebäude eindringt, er diese ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat.

Die Gültigkeit einer solchen erweiterten Schlüsselklausel war bisher juristisch umstritten. Die Beschränkung der Eintrittspflicht der Versicherung auf die Ermöglichung eines Schlüsseldiebstahls lediglich bei völlig schuldlosem Verhalten des Versicherten halten einige für eine im Rahmen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unzulässige Abweichung vom Verschuldens- und Beweismaßstab des § 81 VVG. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer lediglich bei einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherten von der Leistung befreit, bei grob fahrlässiger Herbeiführung kann der Versicherer seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechendem Verhältnis kürzen.

In seiner Revisionsentscheidung stellte der BGH nun klar, dass die erweiterte Schlüsselklausel nicht der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unterliegt. Der Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift unterfielen nur Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen in Abweichung von der gesetzlichen Regelung modifizieren bzw. beschränken. Nicht der Inhaltskontrolle unterliegen Klauseln, die als primäre Leistungsbeschreibung die Art, den Umfang und die Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Die primäre Bestimmung von Leistung und Gegenleistung unterliege der Privatautonomie und sei auch im Rahmen einer AGB-Regelung möglich.

Auch eine primäre Leistungsbeschreibung unterliegt nach der Entscheidung des BGH allerdings dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die erweiterte Schlüsselklausel ist nach Auffassung des BGH hinreichend transparent. Was unter fahrlässigem Verhalten zu verstehen sei, erschließe sich dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer ohne Weiteres. Entgegen der Auffassung des Klägers bedürfe es keiner beispielhaften Aufzählung zur näheren Präzisierung fahrlässigen Verhaltens. In diesem Zusammenhang war nach Auffassung des BGH die Bewertung, eine in einem Fahrzeug befindliche, von außen sichtbare Aktentasche berge die erhebliche Gefahr der Entwendung durch einen Täter, der auf darin befindliche Wertgegenstände spekuliere, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Senat bestätigte somit das klageabweisende Urteil der Vorinstanz. Der Versicherungsnehmer blieb auf seinem Schaden sitzen.

2. Keine Anwendung der Zinsschranke auf „arrangement fee“

Die Zinsschranke nach § 4h EStG gilt nur für Vergütungen, die Entgelt für die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital sind. Eine sog. „arrangement fee“, mit der gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen einer Konsortialführerin vergütet werden, unterfällt nicht der Abzugsbeschränkung.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GmbH, war alleinige Anteilseignerin der B-GmbH. Zwischen der Klägerin und der B-GmbH bestand eine körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Organschaft mit der Klägerin als Organträgerin.

Die Klägerin und die B-GmbH nahmen im Jahr 2011 ein Darlehen im Umfang von mehreren Mio. EUR auf, und zwar in der Form eines Konsortialkredits (in dieser Höhe wurde das Darlehen abgerufen, vereinbart wurde ein Darlehen mit einer höheren Darlehenssumme). Darlehensgeber in Form eines Bankenkonsortiums waren die C-Bank sowie 4 weitere Kreditinstitute.

Der Konsortialkredit wurde unstreitig als sog. offenes Innenkonsortium abgeschlossen. Hierbei war die C-Bank Konsortialführer. Als solcher trat ausschließlich sie nach außen gegenüber der Klägerin bzw. der B-GmbH auf, handelte hierbei im Innenverhältnis aber teilweise (im Umfang der jeweiligen Darlehensanteile) für Rechnung der Konsorten.

Die C-Bank und die Klägerin bzw. die B-GmbH schlossen neben dem Darlehensvertrag weitere Vereinbarungen (in englischer Sprache), nach denen die C-Bank als Konsortialführer diverse Aufgaben wahrzunehmen hatte. Danach hatte sie alle Aspekte der Kreditsyndizierung zu organisieren, u. a. die Zeitschiene, die Auswahl möglicher Kreditgeber, die Akzeptanz und Aufteilung der Kreditvereinbarungen und die Verteilung der Gebühren an die Kreditgeber.

Es war vereinbart, dass als „arrangement fee“ ein Betrag i. H. v. 4,25 % der vereinbarten Darlehenssumme an die C-Bank zu zahlen sei. Die „arrangement fee“ war eine einmalige Zahlung, welche nicht zurückzahlbar war. Sie fiel allerdings nicht an, wenn es nicht zum Abschluss des Darlehensvertrags kam.

Die B-GmbH verbuchte u. a. die im Jahr 2011 angefallene „arrangement fee“ als Aufwand.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass im Rahmen der Zinsschranke nach § 8a KStG i. V. m. § 4h EStG auch die o. g. Gebühr als Zinsaufwand i. S. v. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigen sei.

Entscheidung

Die Klage war überwiegend erfolgreich. Das FG vertrat die Auffassung, dass die „arrangement fee“ nicht zu den Zinsaufwendungen i. S. v. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG gehöre. Dies hat der BFH nun bestätigt.

Zinsaufwendungen, die der Abzugsbeschränkung der sog. Zinsschranke gem. § 4h EStG i. V. m. mit §§ 8a, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG unterliegen, werden in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG definiert als Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Da Zinsen „genau genommen“ nicht „für Fremdkapital“, sondern für die Überlassung von Fremdkapital und für die Einräumung einer zeitlich begrenzten Möglichkeit der Nutzung dieses Kapitals geleistet werden, kommt es darauf an, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt. Die Bezeichnung des Entgelts, z. B. als Zins oder Gebühr, ist nicht maßgeblich. Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar. Denn solche speziellen Entgelte werden nicht, wie vom Gesetz gefordert, „für“ die Zurverfügungstellung des Fremdkapitals, sondern aus anderem Rechtsgrund, etwa einer Bürgschaft, oder „für“ etwas anderes gezahlt.

Bei der im Streitfall gezahlten „arrangement fee“ handelte es sich um eine einmalige Gebühr für die bis zum Abschluss des Kreditvertrags erfolgten Vermittlungstätigkeiten des Konsortialführers (u. a. Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts und eines Informationsmemorandums, Organisation und Dokumentation des Signings). Die Gebühr war dafür zu zahlen, dass die C-Bank als Konsortialführer den Konsortialkredit mit mehreren anderen Banken vermittelt und zustande gebracht hat. Die „arrangement fee“ wurde außerdem nicht nach dem tatsächlich abgerufenen Fremdkapital, sondern nach der vertraglich vereinbarten Darlehenssumme bemessen. Zudem war eine – anteilige – Rückerstattung bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses nicht vereinbart.

In rechtlicher Hinsicht hat daher die Vorinstanz die zutreffende Auslegung des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG zugrunde gelegt, wonach Entgelte, mit denen andere Leistungen des Kreditgebers als die Einräumung der Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit vergütet werden, keine Zinsaufwendungen im Sinne des Gesetzes darstellen.

3. Private Krankenversicherung: In welchem Umfang darf der Versicherer die Prämien erhöhen?

Versicherer dürfen in ihren Bedingungen festlegen, dass sie auch bei Abweichungen, die unter den gesetzlich festgelegten 10 % liegen, ihre Kalkulation überprüfen dürfen.

Hintergrund

Ein Mann hatte bei einer privaten Krankenversicherung eine Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine Krankengeldtageversicherung. Die Versicherung erhöhte zwischen den Jahren 2012 und 2018 insgesamt 5 Mal die Beiträge. Sie berief sich dabei auf die Versicherungsbedingungen. In denen war u. a. geregelt: Schon bei einer Abweichung von 5 % der erforderlichen von den technischen Berechnungsgrundlagen kann der Versicherer die Beiträge überprüfen und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders anpassen.

Bei einer Abweichung von 10 % – dem gesetzlich vorgesehene Schwellenwert gem. § 203 Abs. 2 VVG i. V. m. § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG –- werden dagegen die Beiträge immer überprüft – also keine Kann-Vorschrift. Der Versicherte hielt die Prämienanpassungsklausel mit der 5 %-Grenze für unwirksam und folglich die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig.

Entscheidung

Das Berufungsgericht hatte dies noch bestätigt. Nicht so der BGH. Die Klausel in der Versicherungsbedingungen mit der 5 %-Grenze weiche nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Regelungen des § 203 Abs. 2 VVG ab.

Der Wortlaut der Vorschrift lasse unterschiedliche Deutungen zu. Er ermögliche es dem Versicherer, in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einen geringeren Prozentsatz als 10 % vorzusehen. Dabei werde nicht festgelegt, ob dieser geringere Prozentsatz den gesetzlichen Schwellenwert (10 %) ersetzen muss oder neben ihn treten kann.

Versicherungen seien berechtigt, in den Versicherungsbedingungen einen niedrigeren Schwellenwert festzulegen, ab dem sie die Kalkulation ihrer Prämien überprüfen und diese evtl. anpassen dürfen. Dies diene u. a. auch dazu, große Prämiensprünge zu vermeiden.

Die Versicherungsklausel benachteilige Versicherungsnehmer auch nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche. Und zwar ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.

Das Prämienanpassungsrecht des Versicherers solle vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten.

4. Steuerbefreite Pensionskasse: Nur natürliche Personen können Leistungsempfänger sein

Der Personenkreis, dem eine steuerbefreite Pensionskasse einen Rechtsanspruch gewähren darf, ist in der Weise eingeschränkt, dass als Leistungsempfänger ausschließlich die dort näher bestimmten natürlichen Personen in Betracht kommen. Ob ein Rechtsanspruch gewährt wird, ist ausschließlich nach der Satzung der Pensionskasse und ihr gleichgestellter Vereinbarungen zu beurteilen.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine sog. Pensionskasse und gewährte ursprünglich den Mitarbeitern der A-Bank – dem Trägerunternehmen der Klägerin – und deren Hinterbliebenen nach Eintritt des Versicherungsfalls Rentenleistungen und Sterbegeld. Zum 1.9.1998 fusionierte die A-Bank mit der B-Bank zur AB-Bank. Im Zuge der Verschmelzung wurde u. a. die Altersversorgung der bisherigen Mitarbeiter der A-Bank über die Klägerin für die Zukunft durch eine Sicherung über eine rückgedeckte Unterstützungskasse ergänzt.

Im Fusionsvertrag war im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Altersversorgung der AB-Bank festgelegt worden, dass die Klägerin für Neuzugänge nach dem Fusionsstichtag geschlossen wurde, aber für die bisher versicherten Personen, die zum Fusionszeitpunkt bereits Mitglieder der Klägerin waren, fortbestehen sollte. Die Unterstützungskasse sollte die ab 1.9.1998 entstehenden Versicherungsverpflichtungen der AB-Bank gegenüber den zum 31.8.1998 bei der Klägerin versicherten Mitgliedern der A-Bank übernehmen. Beiträge wurden ab diesem Zeitpunkt an die Unterstützungskasse geleistet und an die Klägerin weitergeleitet. Die bisherigen beitragspflichtigen Mitglieder der Klägerin leisteten ab 1.9.1998 unmittelbar keine Beiträge mehr an die Klägerin.

Nach der Umstrukturierung waren Leistungen aus Anwartschaften, die vor dem 1.9.1998 bei der Klägerin erworben worden waren, durch die Klägerin, und Leistungen für nach dem 31.8.1998 gezahlte Beiträge von der Unterstützungskasse zu erbringen.

Die Klägerin fungierte ausweislich ihrer Satzung als Rückdeckungskasse für die Verpflichtungen der Unterstützungskasse. Bei der Klägerin wurde daher ab 1.9.1998 zwischen 2 Versicherungen unterschieden. Die durch Mitgliederbeiträge vor dem 1.9.1998 entstandenen Ansprüche folgten aus einer Mitgliedschaft bei der Klägerin. Ansprüche nach der Fusion wurden der Rückdeckungsversicherung zugeordnet. Ein Rechtsanspruch auf die Leistungen der Klägerin im Falle der Rückdeckung stand laut deren Satzung ausschließlich der Unterstützungskasse zu, die Mitglied der Klägerin war.

Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG und § 3 Nr. 9 GewStG lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung

Die Klage hat das FG als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt habe zu Recht Steuerbescheide erlassen, weil die Klägerin nicht von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit sei. Dies hat der BFH jetzt bestätigt.

§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG schränkt den Personenkreis, dem eine steuerbefreite Pensionskasse einen Rechtsanspruch gewähren darf, konditional („wenn“) in der Weise ein, dass als Leistungsempfänger ausschließlich natürliche Personen in Betracht kommen, da der Rechtsanspruch als Leistungsempfänger den in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa bis cc KStG genannten natürlichen Personen gewährt werden muss. Hieraus folgt der vollständige Verlust der Steuerfreiheit, wenn eine juristische Person einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Leistungen der Pensionskasse hat.

Vorliegend liegen die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG und § 3 Nr. 9 GewStG nicht vor, da der Kreis der Leistungsempfänger der Klägerin nicht auf Zugehörige i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG beschränkt ist. Neben natürlichen Personen ist – als nicht von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG umfasste juristische Person – auch die Unterstützungskasse Leistungsempfängerin der Klägerin. Nach der im Streitjahr maßgeblichen Satzung 2001 war die Klägerin rechtlich verpflichtet, ihren persönlichen Mitgliedern nach Eintritt des Versicherungsfalls für Beitragszahlungen bis zum 31.8.1998 Versorgungsleistungen zu zahlen. Daneben hatte aber auch die Unterstützungskasse gegenüber der Klägerin einen originären zivilrechtlichen Anspruch auf (zukünftige) Leistungen, welche die Unterstützungskasse von der Klägerin im Rahmen der zugesagten Rückdeckungsversicherung für ab dem 1.9.1998 gezahlte Beiträge erhielt oder erhalten sollte.

Lohn und Gehalt

1. Wie wirkt sich ein Verlustrücktrag auf den Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr aus?

Negative Einkünfte sind, soweit sie nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden sind, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen. Sie bilden demzufolge auch nicht mehr die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Verlustentstehungsjahr.

Hintergrund

Die Klägerin erzielte im Jahr 2015 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung sowie positive Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte. Der Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich auf – 48.322 EUR. Zudem ergab sich ein Kirchensteuerüberhang von 61.109 EUR.

Das Finanzamt zog die nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in voller Höhe im Rücktragsjahr 2014 ab und rechnete den Kirchensteuerüberhang von 61.109 EUR dem – rechnerisch nach dem Verlustrücktrag 0 EUR betragenen – Gesamtbetrag der Einkünfte zu.

Das FG gab der nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobenen Klage statt. Der Erstattungsüberhang sei nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Dieser sei negativ gewesen. § 10d Abs. 1 EStG treffe keine Aussage, welche Auswirkungen ein Verlustrücktrag auf das Entstehungsjahr habe. Vor diesem Hintergrund habe die vom Finanzamt vorgenommene Neutralisierung des negativen Gesamtbetrags der Einkünfte im Entstehungsjahr keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen habe der BFH selbst ausgeführt, dass ein Erstattungsüberhang keine Einkommensteuer auslöse, wenn ein hoher negativer Gesamtbetrag der Einkünfte vorliege. Dieser Fall könne aber nicht vorkommen, wenn ein zurückgetragener negativer Gesamtbetrag im Entstehungsjahr neutralisiert werden müsste.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das FG rechtsfehlerhaft erkannt habe, dass die nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragenen negativen Einkünfte im Entstehungsjahr einen Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG (Erstattungsüberhang) ausgleichen würde.

Der BFH führt hierzu aus, dass § 10d Abs. 1 EStG nicht ausdrücklich regele, welche Auswirkungen der Verlustrücktrag im Entstehungsjahr habe. Die Frage sei weder gerichtlich entschieden noch werde sie im Schrifttum erörtert.

Sei der Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr vor dem Verlustrücktrag negativ, wirke es sich (grundsätzlich) auf die Ermittlung des Einkommens und die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht aus, ob er nach dem Verlustrücktrag um den zurückgetragenen Betrag und ggf. bis auf 0 EUR erhöht werde. Anders sei dies, wenn, wie im Streitfall, ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG (Erstattungsüberhang) das Einkommen erhöhe. Dann stelle sich die Frage, ob der negative Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr ungeachtet des Verlustrücktrags weiterhin die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr bilde und den Hinzurechnungsbetrag, der sich steuererhöhend auswirke, mindere. Diese Frage sei zu verneinen.

Negative Einkünfte seien, soweit sie nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden seien, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen und bildeten demzufolge auch nicht (mehr) die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr. Für den Gesamtbetrag der Einkünfte der Einkünfte im Entstehungsjahr bedeute dies, dass er nach Durchführung des Verlustrücktrags um den Betrag der zurückgetragenen Einkünfte zu erhöhen sei. Seien die im Entstehungsjahr nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in voller Höhe zurückgetragen worden, betrage der Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr nach der Durchführung des Verlustrücktrags 0 EUR.

Das sei die Folge der materiell-rechtlichen Konzeption des § 10d Abs. 1 EStG und der Grundregeln der periodengerechten Einkommensermittlung. Die in zeitlicher Hinsicht ursprünglich dem Entstehungsjahr zuzuordnenden Einkünfte würden unter den Voraussetzungen des § 10d Abs. 1 EStG dem Rücktragsjahr zugeordnet und dort berücksichtigt.

Das bedeute, dass sie im Rücktragsjahr eine Ausgangsgröße (Besteuerungsgrundlage) für die Ermittlung des im Rücktragsjahr wirksam werdenden Verlustabzugs bildeten. Dadurch werde eine vom Grundfall abweichende, eindeutige zeitliche Zuordnung bewirkt, die es wie die ursprüngliche zeitliche Zuordnung ausschließe, dass die betroffenen Besteuerungsgrundlagen zugleich in einem anderen Besteuerungsabschnitt berücksichtigt würden. Denn die zugrunde liegende Annahme, dass ein besteuerungsrelevanter Sachverhalt bei der Ermittlung des Einkommens nur einmal, d. h. in einer bestimmten Periode, und nicht zugleich in einer anderen Periode berücksichtigt werden könne, werde durch die von § 10d Abs. 1 EStG materiell-rechtlich geänderte zeitliche Zuordnung nicht infrage gestellt, sondern bestätigt. Die eindeutige zeitliche Zuordnung aller Besteuerungsgrundlagen ermögliche es nicht nur, das Einkommen periodengerecht zu ermitteln; sie bezwecke zugleich, Doppel- und Mehrfachberücksichtigungen auszuschließen. Dies sei notwendig, um den relevanten Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit gleichmäßig und sachgerecht ermitteln zu können.

2. Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte bei einer Soldatin auf Zeit?

Erste Tätigkeitsstätte einer Soldatin auf Zeit, die sich in der Freistellung vom militärischen Dienst für eine Bildungsmaßnahme befindet und dem Dienstherrn nicht mehr im Sinne einer ständigen Zugriffs- und Verwendungsmöglichkeit aktiv zur Verfügung steht, ist nicht mehr der letzte militärischen Dienstort, sondern der Sitz der Bildungsstätte. Fahrtkosten vom Wohnort zur Bildungsstätte können nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigt und keine Verpflegungsmehraufwendungen angesetzt werden.

Hintergrund

Die Klägerin hat in ihrer Einkommensteuererklärung die Kosten für den Besuch einer außerhalb des Dienstortes belegenen Bildungsstätte nach Dienstreisegrundsätzen geltend gemacht. Das Finanzamt ist dem jedoch nicht gefolgt und hat die Verpflegungsmehraufwendungen nicht und die Fahrten zur Bildungsstätte nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt. Nach erfolglosem Einspruch hat die Soldatin Klage erhoben und diese damit begründet, dass das Dienstverhältnis zur Bundeswehr nicht beendet und sie Soldatin mit allen Pflichten und Rechten gewesen sei. Die erste Tätigkeitsstätte sei an der letzten militärischen Dienststelle in X verblieben. Hätte sie die berufsbildende Maßnahme abgebrochen, hätte sie Meldepflichten unterlegen und ihren Dienst bei der Bundeswehr wiederaufnehmen müssen.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin sei im Rahmen ihres (Ausbildungs-)Dienstverhältnisses der Stadt Y durch den Ausbildungsplan der Stadt Y ab 1.9.2019 einzelnen Ämtern der Stadt Y zugewiesen gewesen und habe im Rahmen der Ausbildung an verschiedenen Fachlehrgängen, die bei externen Bildungseinrichtungen stattfanden, teilnehmen müssen. Ab dem 9.11.2019 bis zum 12.1.2020 sei die Klägerin an der Dienststelle des Versicherungsamtes der Stadt Y tätig gewesen. Dort habe sie weisungsgemäß innerhalb ihres aktiven Dienstverhältnisses diejenigen Tätigkeiten ausgeübt, die sie dienstrechtlich schuldete und die zu dem Berufsbild als Verwaltungssekretärin gehörten. Aufgrund dieser Tatsachen hat das FG entschieden, dass die Klägerin ihre erste Tätigkeitsstätte in Y und nicht mehr am letzten militärischen Dienstort in X hatte.

3. Zu Verrechnung und Hinzurechnung einer Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für mehrere Jahre

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Steuerpflichtigen erstattet worden sind, sind auch dann mit entsprechenden Aufwendungen zu verrechnen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist.

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Empfänger von Versorgungsbezügen; die Klägerin erhielt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Klägerin erhielt im Jahr 2017 von der X-Krankenkasse eine Erstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung und zur Basis-Pflegeversicherung der Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 EUR. Der Erstattung war ein sozialgerichtliches Verfahren vorausgegangen, in dessen Rahmen festgestellt worden war, dass die Klägerin für den genannten Zeitraum zu Unrecht zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen worden sei; tatsächlich habe sie die Voraussetzungen der Pflichtversicherung erfüllt. Das Versicherungsverhältnis wurde in der Folge rückwirkend umgestellt.

Das Finanzamt erfasste die Zahlung der Krankenkasse als erstattete Aufwendungen i. S. v. § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG und verrechnete diese zunächst mit den Vorsorgeaufwendungen der Kläger gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Den verbleibenden Betrag von 37.719 EUR rechnete das Finanzamt gem. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Entscheidung

Die gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH hat sich der Rechtsauffassung der Vorinstanz ebenfalls angeschlossen und die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

Aufwendungen sind grundsätzlich alle Ausgaben, die in Geld oder Geldeswert bestehen und aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Erstattet i. S. v. § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind diejenigen Aufwendungen aus dem jeweiligen sachlichen Anwendungsbereich der genannten Regelungen, die dem Steuerpflichtigen in einer Umkehrung der Ausgaben in Geld oder Geldeswert nach Abfluss wieder zufließen. Eine Einschränkung im Hinblick auf den tatsächlichen oder rechtlichen Grund für diesen Rückfluss enthalten die genannten Regelungen ihrem Wortlaut nach nicht. Auch der Regelungssystematik des § 10 EStG lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen.

Das spricht dafür, dass im Fall des § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG grundsätzlich alles, was bei dem Steuerpflichtigen als Aufwendungen i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG abgeflossen ist, im Falle des späteren Rückflusses im Wege der Verrechnung erfasst werden soll und dass gleichermaßen im Fall des § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG grundsätzlich alles, was bei dem Steuerpflichtigen als Aufwendungen i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG abgeflossen und nicht im Rahmen des § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG verrechnet worden ist, im Falle des späteren Rückflusses im Wege der Hinzurechnung erfasst werden soll.

Insbesondere lassen sich somit aus Wortlaut und Systematik der genannten Regelungen keine Anhaltspunkte dafür herleiten, dass eine Verrechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG und/oder eine Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG nur im Fall von Beitragsrückerstattungen im Rahmen eines bestehenden bzw. fortbestehenden Versicherungsverhältnisses vorgenommen werden sollen und dass Erstattungen aufgrund einer nachträglichen Änderung des Versicherungsstatus hiervon ausgenommen wären.

Die Verrechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG und die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG stehen ihrem Wortlaut nach nicht unter dem tatbestandlichen Vorbehalt, dass im Erstattungsjahr hinsichtlich der Zahlungsjahre noch eine Änderungsmöglichkeit nach den §§ 173 ff. AO gegeben sein muss. Ein solches Verständnis widerspräche dem Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 4b EStG, da andernfalls die Möglichkeit einer „Wiederaufrollung der Steuerfestsetzungen von Vorjahren“ zumindest hypothetisch geprüft werden müsste. Dies liefe dem angestrebten Vereinfachungszweck zuwider.

Private Immobilienbesitzer

1. Selbstbewohnte Baudenkmäler: Steuerbegünstigung darf nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden

Durch die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für ein selbstbewohntes Baudenkmal tritt ein Objektverbrauch ein. Die Vorschrift verhindert die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt nicht nur in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander, sondern auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander.

Hintergrund

Der Kläger hatte für im Jahr 2006 getätigte Erhaltungsmaßnahmen an der ihm gehörenden Wohnung I ab jenem Jahr eine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG in Anspruch genommen. Im Jahr 2013 zog er aus dieser Wohnung in die in seinem hälftigen Eigentum stehende Wohnung II um. Den vom Kläger für das Jahr 2014 beantragten Abzugsbetrag nach § 10f EStG für die Wohnung II ließ das Finanzamt außer Ansatz, da die Begünstigung gem. § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG nur bei einem einzigen Objekt in Anspruch genommen werden könne; dies sei bereits bei der Wohnung I geschehen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab. Mit seiner Revision wandte sich der Kläger gegen das finanzgerichtliche Verständnis des § 10f Abs. 3 EStG, nach dem eine Förderung für ein Zweit- oder Drittobjekt nach Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung für ein Erstobjekt nicht möglich sei. Im Wege „einfacher“ Auslegung sei ein solches Ergebnis nicht erreichbar, da es für eine Einschränkung der Begünstigung im Sinne eines Objektsverbrauchs an einem Anhaltspunkt im Gesetz fehle. Es sei eine verfassungskonforme Auslegung notwendig.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach dem Kläger der geltend gemachte Steuerabzug nicht gewährt werden kann. Die Voraussetzungen des § 10f EStG seien nicht erfüllt.

Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der BFH versteht die Regelungen in § 10f EStG dahingehend, dass der Steuerpflichtige von der Steuervergünstigung im Verlauf seines Lebens nur für ein einziges Gebäude bzw. einen gleichstehenden Miteigentumsanteil Gebrauch machen kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei „einem“ Gebäude in Anspruch nehmen kann. Dabei handelt es sich nicht um einen unbestimmten Artikel, sondern um ein Zahlwort.

Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass die in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltene Beschränkung der Förderung auf ein einziges Objekt lediglich die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander und nicht auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander (und damit für die Lebenszeit des Steuerpflichtigen) unterbinden will, finden sich in der Vorschrift keine Anhaltspunkte.

Vor diesem Hintergrund ist von einer umfassenden Beschränkung des Abzugs auf nur ein Objekt auszugehen, so dass es nicht möglich ist, in einem späteren Veranlagungszeitraum Beträge für ein anderes Gebäude abzuziehen. Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein.

Auch die teleologische Auslegung der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Zweck der Vorschrift ist es, die Erhaltung und die Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern Der Gesetzgeber hat der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, „die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren“. Danach begünstigt § 10f EStG denkmalpflegerische Bemühungen und fördert die Wohnraumverbesserung, Bestanderhaltung und Gebäudesanierung.

Daneben trägt die Regelung – so die weitere Gesetzesbegründung – „den besonderen Belastungen sowohl von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Baudenkmale durch die öffentlich-rechtlichen Bindungen nach dem Denkmalschutzrecht der Länder als auch von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen durch kommunale Satzungen Rechnung“.

2. Steuerbegünstigung für Baudenkmal: Abstimmung muss vor Beginn der Baumaß-nahmen erfolgen

Die Steuerbegünstigung gem. § 7i oder § 10f EStG für Baumaßnahmen an einem im EU-Ausland belegenen und zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands gehörenden Baudenkmal ist ausgeschlossen, wenn die Baumaßnahmen nicht vorher mit der für den Denkmalschutz zuständigen ausländischen Behörde abgestimmt worden sind.

Hintergrund

Der Kläger war in der Deutschland freiberuflich tätig und hatte einen Wohnsitz sowohl in Baden-Württemberg als auch in Frankreich. Im Jahr 2008 hatte er eine Wohnung in einem Gebäude in Frankreich erworben, das in das Verzeichnis der „monuments historiques l’immeuble“ eingetragen ist und Denkmalschutz in Frankreich genießt („inscrit monument historique“).

Der Kläger ließ in den Jahren 2008 bis 2010 in der Wohnung in Frankreich verschiedene Baumaßnahmen durchführen, die er weder mit einer französischen noch mit einer deutschen Denkmalschutzbehörde abgestimmt hatte. Seit Mitte des Jahres 2010 nutzte der Kläger diese Wohnung zu eigenen Wohnzwecken.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für die Jahre 2010 bis 2014 machte der Kläger für die durch die Baumaßnahmen an der Wohnung entstandenen Aufwendungen einen Abzug nach § 10f EStG i. V. m. § 7i EStG geltend, deren Berücksichtigung das Finanzamt allerdings versagte, weil der Kläger die Maßnahmen vorher nicht behördlich abgestimmt habe. Zudem sei die im Nachhinein vorgelegte Bescheinigung der baden-württembergischen Denkmalschutzbehörde nicht von Belang, da eine deutsche Denkmalschutzbehörde für die Erteilung einer Bescheinigung für die in Frankreich belegene Wohnung nicht zuständig sei.

Das FG hat die gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts erhobene Klage als unbegründet abgewiesen.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass der Kläger keinen Abzug von Aufwendungen nach § 10f Abs. 1 und Abs. 5 EStG i. V. m. § 7i EStG beanspruchen kann. Die baulichen Maßnahmen seien zwar an einem jedenfalls vom Grundsatz her begünstigungsfähigen Objekt durchgeführt worden und der Kläger habe die erworbene Wohnung auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, jedoch fehle es an der erforderlichen Abstimmung der Baumaßnahmen mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde.

Eine Abstimmung i. S. d. § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG erfordert eine einverständliche Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen. Diese Abstimmung muss zeitlich vor dem Beginn der Baumaßnahmen oder vor einer eventuellen Änderung der Planung vorgenommen worden sein. Dies rechtfertigt sich bereits aus dem Umstand, dass der bisherige Zustand des Baudenkmals festgestellt werden muss, damit die Denkmalschutzbehörde die Erforderlichkeit der beabsichtigten Maßnahmen beurteilen kann. Die tatbestandlich erforderliche Abstimmung kann somit nicht im Nachhinein getroffen werden.

Der Kläger hat keine Abstimmung mit der zuständigen französischen Denkmalschutzbehörde getroffen. Die Regelungen des französischen Denkmalschutzrechts sehen vor, dass Arbeiten an einem eingetragenen französischen Gebäudedenkmal auch bei – ausnahmsweise – nicht bestehender Notwendigkeit einer Bau- oder Umbaugenehmigung stets der zuständigen Behörde mit einem Vorlauf von 4 Monaten anzuzeigen sind. Ferner hat die französische Denkmalschutzbehörde die Möglichkeit zu intervenieren. Die öffentlich-rechtlichen Bindungen des Denkmalschutzes zeigen sich (auch nach französischer Rechtslage) darin, dass die Arbeiten unter der wissenschaftlichen und technischen Kontrolle der zuständigen Stellen durchzuführen sind. Eine Abstimmung der Arbeiten wäre demnach mit der französischen Denkmalschutzbehörde möglich und geboten gewesen.

Sonstige Steuer

1. Erbschaftsteuer: Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung eines Familienheims

Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Die 6-monatige Frist kann dabei ausnahmsweise verlängert werden.

Hintergrund

Der Kläger ist Alleinerbe seines Ende 2013 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte die Doppelhaushälfte G1, die vom Vater bewohnt wurde. Der Kläger bewohnt die direkt angrenzende Doppelhaushälfte G2. Nach dem Tod des Vaters verband der Kläger die Doppelhaushälften G1 und G2 baulich zu einer Einheit. Nach Abschluss der umfangreichen Renovierungsarbeiten nutzt er diese seit August 2016 als eine Wohnung. Der Kläger beantragte für die Doppelhaushälfte G1 die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab, da der Kläger die geerbte Doppelhaushälfte nicht unverzüglich selbst genutzt habe.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Erwerber muss die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Angemessen ist ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst danach aufgenommen, muss der Erwerber glaubhaft machen, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger die hinzuerworbene Doppelhaushälfte unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt hat.

Der Entschluss wird erstmals durch die im Dezember 2013 erfolgte Besichtigung durch den Bauunternehmer, der Anfang 2014 mit den Arbeiten für die Zusammenlegung der beiden Doppelhaushälften beauftragt wurde, nach außen dokumentiert. Zudem belegen die Aufwendungen des Klägers aus dem Januar 2014 für die Zusammenlegung der Netzwerktechnik und Hausanschlüsse, dass der Kläger bereits kurze Zeit nach dem Erwerb die Verbindung der beiden Wohnungen nicht nur beabsichtigte, sondern auch mit der Umsetzung dieser Absicht begonnen hat. Der Kläger hat die Gründe für die Verzögerung der Selbstnutzung sowie die Umstände, aus denen er diese Gründe nicht zu vertreten hat, hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

Steuerrecht Arbeitnehmer

1. Arbeitnehmerfreizügigkeit: Voraussetzung für Kindergeldanspruch

Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld ist bei einem Staatsangehörigen eines anderen EU-Mitgliedstaates u. a., dass er freizügigkeitsberechtigt ist. Ein möglicher Verstoß des Arbeitgebers gegen arbeitnehmerschützende Vorschriften kann nicht zur Versagung von Familienleistungen in Deutschland führen.

Hintergrund

Das Kind lebt in einem gemeinsamen Haushalt des Anspruchsberechtigten und der Kindesmutter in Südosteuropa. Der anspruchsberechtigte Vater des Kindes ist unbefristet in Deutschland nichtselbstständig tätig. Der Anspruchsberechtigte hält sich alle 3 bis 6 Monate im gemeinsamen Haushalt der Familie auf.

Die Kindergeldkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld ab, da ein Kindergeldanspruch nicht durch eine Beschäftigung, eine selbstständige Erwerbstätigkeit oder den Bezug einer Rente ausgelöst werde. Südosteuropa sei daher aufgrund des dortigen Wohnsitzes des Kindes vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig. Dort würden auch vergleichbare Leistungen gewährt. Ein Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld bestehe in Deutschland in diesem Fall nicht.

Die vom Anspruchsberechtigten ausgeübte Tätigkeit als Arbeitnehmer stelle keine Beschäftigung i. S. d. VO (EG) Nr. 883/2004 dar, da es sich um ein illegales Beschäftigungsverhältnis handele, mit dessen Durchführung Straf- und Ordnungswidrigkeiten begangen würden. Die Tätigkeit unterfalle dem Begriff der „Schwarzarbeit“.

Entscheidung

Das FG gab der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage statt. Der Anspruchsberechtigte ist freizügigkeitsberechtigt, da er sich als Staatsangehöriger eines anderen EU-Mitgliedstaates nach Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland als Arbeitnehmer aufhält. Er ist auch Arbeitnehmer i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU und geht einer nichtselbstständigen Arbeit i. S. v. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nach.

Der Umstand, dass in diesem Arbeitsverhältnis möglicherweise gegen das Mindestlohngesetz verstoßen wird bzw. wurde und sich die Arbeitgeberin nach § 266a StGB strafbar gemacht haben könnte, ändert daran nichts. Das FG stellte heraus, dass es schon vom Schutzzweck der genannten Vorschriften (Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers) nicht zulässig wäre, den Steuerpflichtigen bei (möglichen) Rechtsverstößen seiner Arbeitgeberin durch die Aberkennung der Kindergeldberechtigung zu sanktionieren. Ist die Familienkasse daher davon überzeugt, dass der Arbeitgeberin entsprechende Rechtsverstöße anzulasten sind, hat sie den Sachverhalt näher aufzuklären und/oder durch Mitteilung an die zuständigen Behörden im Rahmen von § 30 AO und § 31a AO für eine Verfolgung der Arbeitgeberin zu sorgen.

In den Streitzeiträumen bestand eine Konkurrenzsituation mit südosteuropäischen Familienleistungen. Die sich daraus ergebene Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 (sog. Grundverordnung) dahingehend aufzulösen, dass Deutschland die Familienleistungen als vorrangig zuständiger EU-Mitgliedsstaat nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 883/2004 zu erbringen hat.

Steuerrecht Privatvermögen

1. Außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für „Essen auf Rädern“ abzugsfähig?

Entstehen Aufwendungen für „Essen auf Rädern“ nicht unmittelbar zur Heilung, sondern als Folgekosten einer Krankheit, sind sie nicht außergewöhnlich und zwangsläufig i. S. v. § 33 Abs. 1 EStG. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen kommt damit nicht infrage.

Hintergrund

Die Kläger, die beide einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit Merkzeichen G aufwiesen, haben in ihrer Einkommensteuererklärung die Aufwendungen für „Essen auf Rädern“ in Höhe eines Betrags von insgesamt 7.908 EUR als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht. Das Finanzamt hat jedoch die Anerkennung versagt, weil das gelieferte Essen zu einem Gegenwert führe, der die eigenen Kosten reduziere. Mit ihrer Klage begehren die Kläger weiter die Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es sei zwar zutreffend, dass der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau krankheitsbedingt auf die Lieferungen von Mittagessen angewiesen waren. Aufwendungen seien jedoch nicht außergewöhnlich und zwangsläufig i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG, wenn sie nicht unmittelbar zur Heilung aufgewendet würden, sondern als Folgekosten einer Krankheit gelegentlich entstehen.

Die Berücksichtigung derartiger mittelbarer Kosten einer Erkrankung würde zu einer nicht vertretbaren steuerlichen Berücksichtigung von Kosten der Lebenshaltung führen, die mit dem Sinn und Zweck des § 33 EStG nicht vereinbar sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zählten die Kosten für Verpflegung, zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung, welche nicht nach § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sind. Dies gilt ebenso für krankheitsbedingt höhere Verpflegungsaufwendungen, wie sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ergibt. Hiernach können Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnlich Belastungen berücksichtigt werden. Diese Regelung sei auch verfassungsgemäß.

2. Einjähriges Work & Travel-Jahr im Ausland und anschließendes Studium: Besteht noch Anspruch auf Kindergeld?

Entscheidet sich ein volljähriges Kind nach einem 1-jährigen Work & Travel-Jahr ein Studium in Australien zu absolvieren, besteht kein Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind während der ausbildungsfreien Zeiten nicht nach Deutschland zurückkehrt.

Hintergrund

Ein volljähriges Kind ist für ein Work & Travel-Jahr nach Australien gereist und hat sich im Laufe dieses Jahres entschlossen, im Zeitraum Juli 2020 bis März 2022 in Australien ein Studium zu absolvieren. Das Kind kehrte im gesamten Zeitraum aufgrund der nur kurzen Dauer der ausbildungsfreien Zeiten, der coronabedingten Reiserestriktionen sowie fehlender Geldmittel nicht nach Deutschland zurück. Die Familienkasse verneinte deshalb das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes mit der Begründung, dass während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes auch dann nicht ausreiche, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung stehe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin mit ihrer Klage weiter die Gewährung von Kindergeld für ihr Kind.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es vertritt wie schon die Familienkasse die Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung eines Kindes, das weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt. Der besondere Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familien umschließe u. a. die Aufgabe für den Staat, Ehe und Familien nicht nur vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern.

Aus dem Gebot der Förderung der Familie erwachsen jedoch noch keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen. So lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG insbesondere kein Anspruch auf Kindergeld für Kinder herleiten, die nicht im Inland wohnen. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen.

Im vorliegenden Fall spricht das Nichtzurückkehren nach Deutschland während der ausbildungsfreien Zeit für eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes spätestens ab Studienbeginn, sodass nach § 63 Abs. 1 Satz 6 EStG kein Kindergeldanspruch besteht.

3. Inländischer Wohnsitz als Voraussetzung für die Festsetzung von Kindergeld für Auslandsstudierende

Entschließt sich das Kind dazu, länger als 1 Jahr zu Ausbildungszwecken im außereuropäischen Ausland zu bleiben, behält es seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung nur dann bei, wenn es diese im Folgenden regelmäßig mehr als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit nutzt. Hierbei ist im Regelfall auf das Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahr abzustellen.

Hintergrund

Die Klägerin bezog laufend Kindergeld für ihre Tochter T, die während der Schulausbildung und der Absolvierung eines freiwilligen soziales Jahres im Haushalt der Klägerin wohnte. Im Jahr 01 flog T nach Australien und schrieb sich dort für ein Auslandsstudium zunächst für 1 Jahr ein. Im ersten Studienjahr verbrachte T die vorlesungsfreie Zeit in Australien, wo die Klägerin sie besuchte.

Im Juni 02 entschloss sich T zu einer Verlängerung ihres Auslandsstudiums.

Bis zum Erwerb ihres Zeugnisses im Jahr 04 hielt sich T zweimal in der in Deutschland belegenen Wohnung der Klägerin auf. Während ihres ersten, über 60 Tage dauernden Aufenthalts war T eine Woche im Krankenhaus. Anschließend fanden ambulante Rehabilitationsmaßnahmen statt. Der zweite Aufenthalt im Inland dauerte von Dezember 03 bis zum Januar 04.

Die Familienkasse stellte die Kindergeldzahlung für T ab August 03 ein. Zudem hob sie die Kindergeldfestsetzung für T ab dem Jahr 01 auf und forderte das von 01 bis Juli 03 für T gezahlte Kindergeld zurück. Die Familienkasse ging davon aus, dass T ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Jahr 01 nach Australien verlegt habe.

Die Klage hatte nur für die Monate bis einschließlich Juni 02 Erfolg. Das FG ging davon aus, dass T zunächst nur für 1 Jahr im Ausland studieren wollte und ihren Inlandswohnsitz auch ohne Besuche in Deutschland bis zu ihrem Entschluss, länger in Australien zu studieren, beibehielt.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass T ihren Wohnsitz bei der Klägerin im dritten Studienjahr aufgegeben habe, als im Dezember 03 feststand, dass sie ihre ausbildungsfreie Zeit nicht überwiegend in der elterlichen Wohnung verbringen würde. Der Kindergeldanspruch der Klägerin sei somit erst ab Januar 04 entfallen.

Nach ständiger Rechtsprechung behält ein Kind, das zu Ausbildungszwecken im Ausland untergebracht ist, seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung (nur dann) bei, wenn dem Kind dort weiterhin zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten jederzeit zur Verfügung stehen und erkennbar ist, dass das Kind die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet. Dazu muss das Kind die elterliche Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsuchen. Bei der Frage, wie häufig das Kind die elterliche Wohnung aufsuchen muss, damit es eine Wohnung i. S. d. § 8 AO beibehält, ist zwischen einjährigen und mehrjährigen Auslandsaufenthalten zu Ausbildungs-, Schul- oder Studienzwecken zu unterscheiden.

Bei bis zu einem Jahr dauernden Auslandsaufenthalten zu Ausbildungs-, Schul- oder Studienzwecken führt das Fehlen unterjähriger Inlandsaufenthalte des Kindes regelmäßig für sich allein noch nicht zu einer Aufgabe des Wohnsitzes.

Bei einem mehrjährigen, d. h. auf mehr als einem Jahr angelegten Auslandsaufenthalt, behält ein Kind seinen inländischen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung hingegen regelmäßig nur dann bei, wenn es sich während der ausbildungsfreien Zeiten überwiegend im Inland aufhält und die Inlandsaufenthalte Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen. Das ist der Fall, wenn das Kind während seines Inlandsaufenthalts die Wohnung nutzt; kurze Unterbrechungen – z. B. zu Besuchszwecken oder wegen eines Krankenhausaufenthalts – sind unschädlich. Bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nicht ausreichend sind kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuchsaufenthalte in der elterlichen Wohnung von 2 bis 3 Wochen pro Jahr.

War ein Auslandsaufenthalt zunächst nur auf 1 Jahr angelegt, entschließt sich das Kind jedoch, den Auslandsaufenthalt zu verlängern, gelten die Kriterien, welche die Rechtsprechung für einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt entwickelt hat, (erst) ab dem Zeitpunkt, in dem sich das Kind zu einer Verlängerung entschließt. Das Fehlen unterjähriger Inlandsaufenthalte bis dahin hat nicht die Aufgabe des Wohnsitzes zur Folge. Ab dem Entschluss, länger als 1 Jahr zu Ausbildungszwecken im Ausland zu bleiben, behält das Kind seinen Inlandswohnsitz regelmäßig nur dann bei, wenn es sich im Folgenden im Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahr regelmäßig mehr als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit im Inland aufhält und dabei – von kurzen Unterbrechungen abgesehen – die inländische Wohnung nutzt.

Die mangelnden Heimfahrten im ersten Studienjahr sind für den Kindergeldanspruch folgenlos und bei der Berechnung, ob T im Anschluss daran die überwiegende ausbildungsfreie Zeit im Inland bzw. in der elterlichen Wohnung zugebracht hat, nicht zu berücksichtigen.

Infolge des Entschlusses der T, das Studium in Australien zu verlängern, galten im zweiten Studienjahr die Kriterien für einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt.

Da T im zweiten Studienjahr über 60 Tage in Deutschland war und sich dabei – von kurzzeitigen Unterbrechungen wie dem Krankenhausaufenthalt abgesehen – in der inländischen Wohnung der Klägerin aufhielt, ist davon auszugehen, dass sie auch im zweiten Studienjahr noch einen Wohnsitz i. S. d. § 8 AO „innehatte“. T hielt sich im dritten Studienjahr nur noch gut 2 Wochen im Haushalt der Klägerin auf. Dass T im dritten Studienjahr nicht mehr als die Hälfte ihrer ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbringen würde, stand im Streitfall bereits vor ihrer Ankunft fest. Nach den genannten Grundsätzen spricht dies dafür, dass T ihren inländischen Wohnsitz im Dezember 03 aufgegeben hat.

4. Mehrere kindergeldberechtigte Personen: An wen wird das Kindergeld ausgezahlt?

Es können mehrere Personen kindergeldberechtigt sein. Ausgezahlt wird an denjenigen, der hierfür bestimmt wird. Das gilt auch für den Fall, dass kindergeldberechtigte Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt im Ausland führen und ein Ehepartner sich über mehrere Monate hinweg berufsbedingt im Inland aufhält.

Hintergrund

Geklagt hatte eine Mutter, die mit ihren 2 Kindern in Bulgarien im Haus ihrer Schwiegermutter wohnte. Ihr Ehemann war in Deutschland wohnhaft und als Bauhelfer tätig. Melderechtlich war er auch in Bulgarien am Wohnort seiner Familie registriert.

Ende 2015 hatte der Ehemann in Deutschland die Festsetzung von Kindergeld für seine beiden Kinder beantragt; die Ehefrau hatte sich in dem Antrag damit einverstanden erklärt. Auf dem eingereichten Formular befand sich ihre Unterschrift, darunter stand: „Unterschrift des gemeinsam mit dem Antragsteller/ der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden Ehepartners oder anderen Elternteils“. Die Familienkasse forderte den Ehemann auf, diverse Unterlagen und Nachweise vorzulegen. Nachdem diese nicht beigebracht wurden, lehnte die Kasse den Kindergeldantrag mit Bescheid vom 3.2.2016 bestandskräftig ab.

2017 stellte schließlich die Ehefrau einen Kindergeldantrag für die Kinder. Die Familienkasse lehnte jedoch eine rückwirkende Gewährung für einen Zeitraum vor März 2016 ab und verwies darauf, dass eine rückwirkende Kindergeldfestsetzung durch die Bestandskraft des gegenüber dem Ehemann ergangenen Bescheids ausgeschlossen sei; der Bescheid entfalte auch eine Bindungswirkung gegenüber der Ehefrau, da diese den Ehemann zum vorrangig Berechtigten bestimmt habe. Diese Bestimmung sei aufgrund eines vorhandenen gemeinsamen Haushalts nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG erfolgt. Die Ehefrau war hingegen der Auffassung, dass der Ablehnungsbescheid aus dem Jahr 2016 nur gegenüber ihrem Ehemann bindend sei.

Entscheidung

Das FG entschied, dass eine rückwirkende Kindergeldzahlung an die Ehefrau zu Recht abgelehnt worden ist, da ein solcher Anspruch durch den vorrangigen Kindergeldanspruch des Ehemanns ausgeschlossen war. Im Kindergeldantrag des Ehemanns hatten die Eheleute aufgrund eines gemeinsamen Haushalts übereinstimmend den Ehemann zum Berechtigten bestimmt; ihm gegenüber war sodann die Kindergeldfestsetzung rechtskräftig abgelehnt worden.

Für einen gemeinsamen Haushalt sprach für das FG zunächst die Tatsache, dass die Eheleute im Streitzeitraum nicht getrennt waren. Es lag zwischen ihnen unstreitig eine familiäre Bindung vor. Beide Partner hatten Teile der materiellen und immateriellen Fürsorge übernommen, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Unstreitig war, dass der Vater seine Frau und seine Kinder finanziell unterstützt hatte. Hinzu kam, dass der Vater in seiner freien Zeit seine Familie besucht hatte und während dieser Zeit auch die Versorgung der 2 Kinder übernommen hatte; am Familienleben hatte er zudem durch abendliche Videoanrufe teilgenommen. Im Ergebnis war trotz der räumlichen Distanz von einem örtlich gebundenen Zusammenleben auszugehen.

Steuerrecht Unternehmer

1. Doppelstöckige Personengesellschaft: So wird der gewerbesteuerliche Gewinn er-mittelt

Wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ein Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft veräußert, gehört zum Gewerbeertrag der Obergesellschaft auch der Veräußerungsgewinn, soweit er aus stillen Reserven der Untergesellschaft resultiert.

Hintergrund

Die A-KG war an der K-KG als Kommanditistin beteiligt. Die K-KG war als Reederei wiederum an Schifffahrtsgesellschaften beteiligt, u. a. auch an der B-KG und C-KG. Am 15.9.2016 veräußerte die A-KG ihren Kommanditanteil. Das Finanzamt berücksichtige hierzu auch den Gewinn aus dem anteiligen Verkauf der Beteiligungen an der B-KG und C-KG, hat dabei aber keine Verrechnung mit bisher nur verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG berücksichtigt. Die K-KG war hingegen der Auffassung, dass der Gewinn aus der Aufdeckung der stillen Reserven bei der Untergesellschaft mit den entsprechenden Gewerbeverlustvorträgen auf Ebene der Untergesellschaft zu saldieren sei. Der Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet gewertet. Zu Recht hat das Finanzamt die aus dem Wegfall der negativen Kapitalkonten bei den Untergesellschaften entstandenen Veräußerungsgewinne in den Gewerbeertrag der Obergesellschaft mit einbezogen. Der gewerbesteuerliche Veräußerungsgewinn ist allein auf der Ebene der Obergesellschaft zu ermitteln, da nur ein einheitlicher Veräußerungsvorgang, nämlich die Veräußerung von Anteilen an der Obergesellschaft, vorliegt und nicht zugleich auch ein auf die Untergesellschaft bezogener Veräußerungsvorgang.

Zudem findet keine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 2 GewStG oder § 9 Nr. 3 GewStG statt. Auch ist der Veräußerungsgewinn nicht zwischen Obergesellschaft und Untergesellschaft aufzuteilen.

Ferner hat das FG den Antrag der Klägerin auf eine abweichende Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 163 Abs. 1 AO abgelehnt. Die gewerbesteuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns stellt keine sachliche Unbilligkeit dar, auch nicht, soweit der Gewinn auf stillen Reserven der Untergesellschaften beruht.

2. Folgen der Angabe der hebeberechtigten Gemeinde im Gewerbesteuermessbescheid

Mit der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags wird nicht über die Frage der Steuerberechtigung (Hebeberechtigung) entschieden. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn in einem Gewerbesteuermessbescheid eine Gemeinde namentlich als hebeberechtigt bezeichnet wird.

Hintergrund

Das Finanzamt hatte für die Klägerin für die Jahre 2004 bis 2011 Gewerbesteuermessbescheide erlassen, die als hebeberechtigte Gemeinde jeweils X auswiesen. Aus verschiedenen Gründen hatten sich in der Folge Zweifel am tatsächlichen Bestehen eines Betriebssitzes der Klägerin unter der Adresse in X ergeben. Das Finanzamt gelangte zu der Auffassung, dass der Sitz des Betriebes in X nur angegeben worden sei, um eine Besteuerung mit dem Gewerbesteuerhebesatz in X (290 %) zu erwirken, welcher unter demjenigen von Y lag (490 %). Tatsächlich habe jedoch der Geschäftsbetrieb bis zum Jahreswechsel 2009/2010 in Räumlichkeiten in Y stattgefunden. Zum Jahreswechsel 2009/2010 sei der Standort in Y aufgegeben worden und ein Umzug nach Z erfolgt. Z hat einen Hebesatz von 260 %.

Das Finanzamt erließ für sämtliche Jahre geänderte Gewerbesteuermessbescheide und gab in den Bescheiden Y bzw. Z als hebeberechtigte Gemeinden an. Die mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen berücksichtigend, erließ Y einen zusammengefassten Gewerbesteuerbescheid für die Jahre 2004 bis 2009 nebst Zinsen. Z erließ jeweils einen Bescheid über Gewerbesteuer 2010 und 2011 sowie Zinsbescheide.

Das FG hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Entscheidung

Der BFH hat die hiergegen eingelegte Revision mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bereits unzulässig gewesen sei. Entgegen der Auffassung des FG fehlte der Klägerin die Klagebefugnis, denn bei der Bezeichnung der hebeberechtigten Gemeinde in einem Gewerbesteuermessbescheid handele es sich um einen bloßen Hinweis der Finanzbehörde ohne Regelungswirkung, durch den der Steuerpflichtige nicht beschwert sei.

Eine Klage ist nach § 40 Abs. 2 FGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Aus § 157 Abs. 2 AO ergibt sich, dass die Rechtsverletzung durch einen Steuerverwaltungsakt aufgrund seines Entscheidungssatzes zu beurteilen ist, soweit keine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt. Aus der Begründung oder unselbständigen Besteuerungsgrundlagen des Verwaltungsakts ist dies grundsätzlich nicht abzuleiten. Auch ein in einem Steuerbescheid enthaltener bloßer Hinweis ohne Regelungswirkung begründet danach grundsätzlich keine Beschwer.

Mit der Festsetzung des Steuermessbetrags wird zwar u. a. über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden, nicht aber auch über die Frage der Steuerberechtigung (Hebeberechtigung). Hierfür sieht die AO mit dem Zerlegungs- und dem Zuteilungsverfahren in den §§ 185 ff., 190 AO vielmehr gesonderte Verfahren vor, in denen für die daran Beteiligten verbindlich entschieden wird, welchem Steuerberechtigten und ggf. in welchem Umfang der in einem Gewerbesteuermessbescheid festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag zuzuteilen ist.

Beteiligte in diesen Verfahren sind neben dem Steuerpflichtigen die Steuerberechtigten, denen ein Anteil an dem Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die einen Anteil beanspruchen, und damit diejenigen, die durch die Bestimmung des Steuerberechtigten rechtlich betroffen werden. Durch die Bereitstellung dieser Verfahren hat der Gesetzgeber Instrumente zur Lösung des Konflikts über die Steuerberechtigung einer Gemeinde bereitgestellt. Nachdem sowohl die Gemeinden als (potenzielle) Steuerberechtigte als auch der Steuerpflichtige nach § 186 AO an dem Zuteilungs- bzw. Zerlegungsverfahren beteiligt sind, bieten diese speziellen Verfahren auch ein ausreichendes Forum zur Klärung der konkreten materiellen Steuerberechtigung einer Kommune und ihrer daran lediglich anknüpfenden Erhebungskompetenz für die Gewerbesteuer. Die Frage der Steuerberechtigung einer Gemeinde und damit auch deren Hebeberechtigung ist daher nach der Regelungstechnik der AO nicht Regelungsgegenstand eines Gewerbesteuermessbescheids.

Ausreichenden Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten erhält ein Steuerpflichtiger gegen einen seiner Ansicht nach von einer nicht hebeberechtigten Gemeinde erlassenen Gewerbesteuerbescheid aber auch dann, wenn ein Grundlagenbescheid in Form eines Zuteilungs- oder Zerlegungsbescheids nicht vorliegt und ein solcher Bescheid auch nicht mehr ergehen kann, etwa weil die sogenannte Zerlegungs- bzw. Zuteilungssperre des § 189 Satz 3 AO greift. Im Rahmen der Anfechtung dieses Bescheids kann der Steuerpflichtige dann geltend machen, nicht die den Bescheid erlassende Kommune, sondern eine andere sei hebeberechtigt. Danach haben die Verwaltungsgerichte im Verfahren gegen den Gewerbesteuerbescheid die Bestimmung des Steuergläubigers, also der hebeberechtigten Gemeinde, zu prüfen, wenn diese nicht Gegenstand eines Zuteilungs- oder Zerlegungsverfahrens war.

3. Klagefrist: Wann ein Steuerberater Zweifel am Klageeingang haben muss

Eine Klage ist nur zulässig, wenn sie fristgerecht erhoben wird. Ein Steuerberater sollte sich deshalb nach 2 Wochen erkundigen, ob seine Klage beim FG zugegangen ist.

Hintergrund

Der Steuerberater des Klägers legte gegen die Prüfungsanordnung zur Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung bei seinem Mandanten Einspruch ein. Dieser wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung ging hierbei am 11.6.2022 zu. Der Steuerberater erhob nach eigener Auskunft am 23.6.2022 Klage mit einfachem Brief. Der Zugang dieser Klageschrift ist unstrittig nicht erfolgt. Am 26.8.2022 wurde die Klage ein weiteres Mail über ein besonderes Anwaltspostfach (beA) eines Anwaltspartners der Sozietät eingereicht. Die Klage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bei dem vorgesehenen Betriebsprüfer eine Besorgnis der Befangenheit gegeben sei. Dieser sei voreingenommen, da es bei einer vorherigen Betriebsprüfung zu einem Steuerstrafverfahren gekommen sei.

Entscheidung

Das FG wies die Klage als unzulässig ab, da die Klagefrist von einem Monat nicht eingehalten wurde. Da die Einspruchsentscheidung am 11.6.2022 bekannt gegeben wurde, hätte innerhalb eines Monats Klage erhoben werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Gründe für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich, da die erforderliche Rechtshandlung, die Klageerhebung, nicht innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses durchgeführt wurde.

Der Prozessbevollmächtigte hätte mangels einer zeitnahen Eingangsbestätigung des Gerichts Zweifel an dem Eingang der Klage haben müssen. Üblicherweise erhält der Vertreter innerhalb weniger Tage eine Bestätigung und die Mitteilung des Aktenzeichens. Spätestens 2 Wochen nach der Absendung hätten sich bei dem Steuerberater Zweifel aufdrängen müssen. Darüber hinaus wäre die Klage aber auch unbegründet gewesen.

Der Erlass der Prüfungsanordnung war nicht rechtswidrig. Die Anordnung einer weiteren Außenprüfung ist zulässig. Auch sind keine Gründe ersichtlich, die gegen die Person des Betriebsprüfers sprechen. Insbesondere handelt es sich bei der Auswahl um einen internen Vorgang, der nicht gesondert anfechtbar ist.

4. Liegt bei gezielter Herbeiführung von Veräußerungsverlusten ein Gestaltungsmissbrauch vor?

Die gezielte Herbeiführung eines Verlustes durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgeldes seinen Verkehrswert übersteigen, ist nicht ohne Weiteres rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 42 AO.

Hintergrund

Die Kläger sind Ehegatten. Die Klägerin gründete im November 2015 als Alleingesellschafterin die A GmbH. Deren Geschäftsgegenstand ist der Erwerb und die Verwaltung von Immobilien. Das Stammkapital betrug zunächst 25.000 EUR. Es war eingeteilt in 25.000 Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 1 EUR (Nr. 1 bis 25.000).

Mitte Dezember 2015 beschloss die Gesellschafterversammlung der GmbH eine Kapitalerhöhung um 1.000 EUR. Hierzu schuf sie einen weiteren Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.000 EUR (Nr. 25.001). Auch diesen Geschäftsanteil übernahm die Klägerin. Beschlussgemäß zahlte sie hierfür neben dem Nennbetrag ein Aufgeld von 500.000 EUR in die freie Kapitalrücklage der GmbH.

Am 28.12.2015 veräußerte die Klägerin 300 Geschäftsanteile im Nennwert von je 1 EUR (Nr. 24.701 bis 25.000) sowie den neuen Geschäftsanteil Nr. 25.001 zum Kaufpreis von 26.300 EUR an den Kläger, der fortan zu 5 % am Kapital der GmbH beteiligt war.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 erklärte die Klägerin aus der Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile einen gem. § 17 EStG zu berücksichtigenden Verlust von 475.000 EUR (Veräußerungspreis 26.300 EUR ./. Anschaffungskosten Geschäftsanteile Nr. 24.701 bis 25.000 = 300 EUR ./. Anschaffungskosten Geschäftsanteil Nr. 25.001 = 1.000 EUR ./. Aufgeld für Geschäftsanteil Nr. 25.001 = 500.000 EUR), was zu einem Ansatz nach dem Teileinkünfteverfahren von 285.000 EUR (= 60 % von 475.000 EUR) führte.

Das Finanzamt erkannte den aus der Veräußerung des neu geschaffenen Geschäftsanteils Nr. 25.001 herrührenden Verlust nicht an. In Anbetracht der hohen Anschaffungskosten (1.000 EUR Nennwert zuzüglich 500.000 EUR Aufgeld) habe es der Klägerin insoweit an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Aus der Veräußerung der Anteile der Nr. 24.701 bis 25.000 ermittelte das Finanzamt dagegen einen nach § 17 EStG zu besteuernden Gewinn.

Das FG gab der Klage statt. Die Klägerin habe die Geschäftsanteile mit Gewinnerzielungsabsicht veräußert. Insoweit dürfe nicht auf den einzelnen, sondern müsse auf alle veräußerten Anteile abgestellt werden.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Hierzu führte der BFH u. a. aus:

Die Entscheidung des FG, hinsichtlich sämtlicher veräußerter Geschäftsanteile von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen, ist nicht zu beanstanden. Die Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine Einzelbetrachtung jedes veräußerten Geschäftsanteils ist – wie das FG zutreffend entschieden hat – ausgeschlossen. Von einer Gewinnerzielungsabsicht geht die höchstrichterliche Rechtsprechung bei den Einkünften aus § 17 EStG im Regelfall aus, selbst wenn die Beteiligung nur kurze Zeit gehalten wurde.

Vom erzielten Veräußerungspreis (26.300 EUR) sind nach der Gewinnermittlungsformel des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten für die veräußerten Geschäftsanteile abzuziehen. Der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft ist sowohl hinsichtlich des Veräußerungspreises als auch der Anschaffungskosten anteilsbezogen zu bestimmen. Gerade wegen der zivilrechtlichen Selbstständigkeit jedes Geschäftsanteils ist das Aufgeld nur demjenigen Anteil als Anschaffungskosten zuzurechnen, für deren Erwerb es aufzubringen war. Dies gilt selbst dann, wenn die Summe aus dem Nennbetrag des neuen Anteils und des Aufgelds den Verkehrswert des neuen Anteils übersteigt, sog. Überpari-Emission. Das gilt jedenfalls für Veräußerungen bis zum 31.7.2019.

Im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 EStG steht es einem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Die Zahlung eines Aufgeldes für den Erwerb des neu geschaffenen Geschäftsanteils Nr. 25.001 sowie dessen kurzfristig spätere verlustauslösende Veräußerung an den Kläger ist nicht als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu werten. Es unterliegt der Disposition des Steuerpflichtigen, Veräußerungsgeschäfte so zu gestalten, dass er sich steuerlich möglichst günstig steht.

Darüber hinaus ist geklärt, dass der Steuerpflichtige selbst entscheiden kann, welchen Geschäftsanteil seiner Beteiligung er veräußert. Dies gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung an einen fremden Dritten oder an einen nahen Angehörigen erfolgt.

5. Vorsteuerabzug für eine betriebliche Weihnachtsfeier

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sog. Betriebsveranstaltungen, ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Der Vorsteuerabzug für sog. Aufmerksamkeiten richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers.

Hintergrund

Im Dezember 2015 führte der Kläger eine Weihnachtsfeier durch. Zu der Veranstaltung waren alle Arbeitnehmer der Bereiche Vorstand, Steuerabteilung, Rechtsabteilung sowie Innendienst der Prüfungsabteilung, jeweils inklusive der Leitungen, eingeladen. 32 Arbeitnehmer meldeten sich für die Weihnachtsfeier an. 31 Personen nahmen tatsächlich an der Veranstaltung teil.

Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Hierbei bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von 2 Köchen gemeinsam das Abendessen zu, welches sie dann gemeinsam verzehrten.

Mit Rechnung vom 21.12.2015 wurden dem Kläger für das „Kochevent für 32 Personen“ Aufwendungen i. H. v. 3.919,90 EUR zzgl. 744,78 EUR Umsatzsteuer berechnet.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Umsatzsteuer als Vorsteuer mit der Begründung ab, dass Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst seien, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 EUR (inklusive Umsatzsteuer) überstiegen. In solchen Fällen entfalle sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe.

Das FG hat entschieden, dem Kläger stehe der begehrte Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 nicht zu, denn die im Rahmen der Weihnachtsfeier bezogenen Leistungen seien nicht für dessen Unternehmen ausgeführt worden. Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern stellten grundsätzlich eine Leistung für den privaten Bedarf des Personals dar, die Verbesserung des Betriebsklimas als nur mittelbar verfolgter Zweck genüge insoweit nicht.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt und nachfolgend das FG den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Eingangsleistungen für die Weihnachtsfeier 2015 zu Recht versagt haben.

Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen, wobei wie folgt zu unterscheiden ist:

Besteht der erforderliche Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers, die steuerpflichtig sind, ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Besteht dieser Zusammenhang demgegenüber nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Für den Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang die hierfür bezogenen Leistungen ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Dient eine Betriebsveranstaltung lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Handelt es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine „Aufmerksamkeit“ i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden.

Vorliegend war die Weihnachtsfeier nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines „Kochevents“, bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige „Teambuilding-Events“ sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Die Teilnehmer arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, lernen sich dabei besser kennen und entwickeln so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann.

Obwohl der Kläger nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird dieses Recht durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt.

Die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier stellen auch keine „Aufmerksamkeiten“ i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar, weil die Freigrenze von 110 EUR pro Arbeitnehmer überschritten ist.

6. Zum Erfordernis der Mehrheitsbeteiligung für die Anwendung der Switch-Over-Klausel

Ist ein inländischer Steuerpflichtiger nicht zu mehr als 50 % an einer gewerblichen US-Personengesellschaft beteiligt, kann der Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode nicht auf die Switch-Over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG a. F. gestützt werden.

Hintergrund

Klägerin ist eine deutsche GmbH, die zu 30 % an einer US-amerikanischen Personengesellschaft (Limited Partnership – LP) beteiligt war; diese LP hat weltweit Einkünfte aus Lizenzvergaben erzielt. Die Klägerin ist der Meinung, dass die anteiligen Einkünfte der LP in Deutschland gem. Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Bst. a DBA-USA 1989 freizustellen seien. Das Finanzamt dagegen will die ungünstigere Anrechnungsmethode aufgrund der Switch-Over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG anwenden, die zu einer Hochschleusung auf das deutsche Steuerniveau führt; hierbei sei es ohne Relevanz, dass die Klägerin nur zu 30 % und nicht zu mehr als 50 % an der LP beteiligt war.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht die Einkünfte aus der Beteiligung an der LP in die steuerpflichtigen Einkünfte der Klägerin einbezogen, da diese nach Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 von der deutschen Besteuerung freizustellen sind. Die Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG a. F. setzt zumindest voraus, dass passive Einkünfte erzielt werden und eine niedrige Besteuerung vorliegt, was hier beides erfüllt ist.

Allerdings muss der inländische Steuerpflichtige auch zu mehr als 50 % an der ausländischen Personengesellschaft beteiligt sein; diese Auffassung entspricht der herrschenden Ansicht in der Literatur, widerspricht jedoch dem BMF, Schreiben v. 26.9.2014, IV B 5 – S 1300/09/10003. Der Senat ist der Meinung, dass der Wortlaut des § 20 Abs. 2 AStG eine hypothetische Betrachtungsweise anordnet („… falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, …“).

Was unter einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des Außensteuergesetzes zu verstehen ist, wird durch § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG legaldefiniert, und zwar im Sinne einer beherrschten Gesellschaft; hieraus ergibt sich also das Erfordernis einer Beteiligung von mehr als 50 %.

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